Volljährige Kinder: Welche Regeln gelten für den Kindergeldbezug?

Haben Eltern in mehreren EU-Mitgliedstaaten einen Anspruch auf Familienleistungen (Kindergeld), regelt das Europarecht, dass die Leistungen vorrangig aus demjenigen Staat zu beziehen sind, in denen der Anspruch durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit der Eltern ausgelöst wird. Dieser Beschäftigungsstaat ist also vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig. Der Staat, in dem die Eltern wohnen, aber nicht arbeiten, gewährt allenfalls Differenzkindergeld in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen seinen (höheren) Leistungen und den Leistungen des Beschäftigungsstaats. Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag jetzt der Fall einer in Deutschland wohnenden vierköpfigen Familie vor, deren Familienvater als Alleinverdiener einer nichtselbständigen Tätigkeit in den Niederlanden nachgegangen war. Familienleistungen hatte er dort jedoch nicht beantragt. Die deutsche Familienkasse hatte von der Beschäftigung im Ausland zunächst keine Kenntnis, so dass sie das deutsche Kindergeld weiterhin ungemindert auszahlte. Nachdem die Kasse von der Erwerbstätigkeit in den Niederlanden erfahren hatte, hob sie die Festsetzung des Kindergeldes rückwirkend für mehrere Jahre auf - und zwar in der Höhe, in der ein Anspruch auf Familienleistungen in den Niederlanden bestanden hatte. Die Familie klagte gegen diese Teilrückforderung und argumentierte, dass ein fiktives, tatsächlich nicht gezahltes niederländisches Kindergeld nicht auf das deutsche Kindergeld angerechnet werden dürfe. Der BFH gab der Kindergeldkasse jedoch recht und verwies darauf, dass die Niederlande nach den Rechtsvorschriften der EU vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig gewesen seien, weil der Familienvater dort gearbeitet habe. Deutschland war nur verpflichtet, die Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den niedrigeren niederländischen Familienleistungen zu zahlen, so dass die Teilrückforderung rechtmäßig war. Eine Anrechnung muss nach Gerichtsmeinung auch dann erfolgen, wenn die kindergeldberechtigte Person im Auslandsstaat keine Familienleistungen beantragt hat und deshalb kein Kindergeld geflossen ist. Der Anspruch auf die dortigen Leistungen genügte also. Hinweis: Das Urteil zeigt, dass Eltern mit Wohnsitz und Arbeitsort in zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten unbedingt darauf achten sollten, im Beschäftigungsstaat entsprechende Familienleistungen zu beantragen. Bleiben sie - wie im Entscheidungsfall - untätig, kann die deutsche Familienkasse den nichtrealisierten Kindergeldanspruch aus dem Ausland auf ihre Leistungen anrechnen. Sofern Familienleistungen im Beschäftigungsstaat dann nicht mehr nachträglich beantragt werden können, geht den Eltern also bares Geld verloren.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2021)
Volljährige Kinder werden kindergeldrechtlich unter anderem dann noch bis zu ihrem 25. Geburtstag berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen können. Eine Berücksichtigung des Kindes aufgrund eines fehlenden Ausbildungsplatzes setzt voraus, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht - es also ausbildungswillig ist. Es muss die Ausbildungsstelle auch tatsächlich antreten können, wenn sich ein entsprechendes Angebot ergibt. Ist das Kind dauerhaft aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert, eine Berufsausbildung aufzunehmen, kann es nicht als ausbildungsplatzsuchendes Kind anerkannt werden, so dass kein Kindergeld gezahlt wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass allein der vorhandene Ausbildungswille des Kindes für dessen kindergeldrechtliche Anerkennung nicht genügt, wenn das Ende seiner Erkrankung nicht absehbar ist. Im zugrundeliegenden Fall hatte ein volljähriger Sohn aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung keine Ausbildung aufnehmen können. Seine Mutter hatte vorgetragen, dass er aber doch ausbildungswillig gewesen sei. Der BFH lehnte die Einstufung als ausbildungsplatzsuchendes Kind jedoch ab, da sich aus den ärztlichen Bescheinigungen kein absehbares Ende der Erkrankung ergab. Hinweis: Der BFH verwies den Fall gleichwohl zurück an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, da dieses noch zu prüfen habe, ob das Kind womöglich wegen einer Behinderung kindergeldrechtlich zu berücksichtigen sei. Nach dem Einkommensteuergesetz wird Kindergeld unbefristet gezahlt, wenn ein Kind wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2021)
Werden Personen aus geschäftlichem Anlass bewirtet, sind die dabei anfallenden (angemessenen) Kosten nur zu 70 % steuerlich abziehbar. Die übrigen 30 % sind vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich kürzlich ausführlich zur Abzugsbeschränkung für Bewirtungskosten geäußert. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Aussagen im Überblick: Bewirtungsbeleg: Der (anteilige) Abzug von Bewirtungskosten erfordert einen schriftlichen Nachweis über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen. Ein formloser, unterschriebener Bewirtungsbeleg genügt. Erfolgt die Bewirtung in einem Gastronomiebetrieb, muss dem Bewirtungsbeleg zusätzlich die Rechnung beigefügt werden. In diesem Fall reichen auf dem Bewirtungsbeleg dann Angaben zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung. Bewirtungsrechnung: Grundsätzlich muss die Bewirtungsrechnung den umsatzsteuerlichen Mindestanforderungen entsprechen. Zu den Muss-Inhalten zählen demnach unter anderem die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Gastronomiebetriebs, das Ausstellungsdatum, eine fortlaufende Rechnungsnummer und eine Leistungsbeschreibung. An Rechnungen bis zu einem Gesamtbetrag von 250 EUR (sog. Kleinbetragsrechnungen) werden aber geringere Anforderungen gestellt: Aus ihnen müssen lediglich Name und Anschrift des leistenden Unternehmers (Gastronomiebetrieb), das Ausstellungsdatum, die Menge und die Art der Bewirtung, das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag samt Steuersatz hervorgehen. Kasse des Gastronomen: Sofern der besuchte Gastronomiebetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion verwendet, dürfen Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass steuerlich nur abgezogen werden, wenn maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen vorliegen. Das BMF weist darauf hin, dass der bewirtende Steuerpflichtige im Allgemeinen darauf vertrauen kann, dass die ihm erteilte Rechnung ordnungsgemäß ist, wenn der Beleg mit einer Transaktionsnummer, der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder der Seriennummer des Sicherheitsmoduls versehen wurde. Spätere Abrechnung: Sofern eine Bewirtung nicht direkt "am Tisch" abgerechnet wird, sondern Rechnungsstellung und unbare Bezahlung erst nach dem Tag der Bewirtung erfolgen (z.B. bei größeren Veranstaltungen), muss für den Abzug von Bewirtungskosten kein Beleg eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit Kassenfunktion vorgelegt werden. In diesem Fall genügt die Rechnung samt Zahlungsbeleg. Elektronische Form: Die Nachweiserfordernisse für den Abzug von Bewirtungskosten können auch in elektronischer Form erfüllt werden (durch digitale oder digitalisierte Eigenbelege und Rechnungen). Das BMF führt in seinem Schreiben aus, welche Voraussetzungen hierfür konkret vorliegen müssen. Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2021)
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben - auch bei der Einlegung eines Einspruchs gilt diese Volksweisheit. Denn versäumt der Steuerbürger oder sein Berater die einmonatige Einspruchsfrist, so hat das Einspruchsbegehren regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg mehr, da das Finanzamt den Einspruch dann als unzulässig verwirft. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Steuerbürger bzw. sein Berater ohne Verschulden daran gehindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten. In diesem Fall gewährt das Finanzamt auf Antrag eine sogenannte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das heißt: Das Amt dreht die Uhr zurück und erkennt den Einspruch trotz der Verspätung an. Hinweis: Bei einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss der Antragsteller darlegen, warum ihn kein Verschulden an der Fristversäumnis trifft. Ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, wie hoch die Hürden für eine Wiedereinsetzung sind. Vorliegend wollte die Klägerseite per eidesstattlicher Versicherung glaubhaft machen, dass der Bevollmächtigte ein Einspruchsschreiben rechtzeitig selbst in einen bestimmten Briefkasten eingeworfen hatte. In erster Instanz hatte das Sächsische Finanzgericht den rechtzeitigen Einwurf als nicht glaubhaft gemacht beurteilt und eine Wiedereinsetzung abgelehnt. Der BFH wies die daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nun als unbegründet zurück und erklärte, dass allein eine eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht genügt, um glaubhaft zu machen, dass ein fristwahrendes Schriftstück eingeworfen wurde. Gleiches gilt für eine anwaltliche Versicherung, eine Sendung selbst eingeworfen zu haben. Hinweis: Es stellt sich die Frage, wie in gleichgelagerten Fällen ein rechtzeitiger Posteinwurf glaubhaft gemacht werden kann. Zweckdienlich kann es in diesem Zusammenhang sein, zusätzlich zur eidesstattlichen Versicherung ein Postausgangsbuch und ein Fristenkontrollbuch der Kanzlei vorzulegen, in denen der Umgang mit dem streitgegenständlichen Schriftstück dokumentiert ist.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2021)
Das Kindergeld stellt insbesondere bei kinderreichen Familien eine nicht zu vernachlässigende Rechengröße im Haushaltseinkommen dar. Für das erste und zweite Kind bekommen Sie als Eltern seit dem 01.01.2021 monatlich jeweils 219 EUR. Für das dritte Kind erhöht sich das Kindergeld auf 225 EUR, für jedes weitere Kind gibt es 250 EUR. Möglicherweise wird die neue Bundesregierung für 2022 noch Erhöhungen beschließen. Ist Ihr Kind volljährig, zahlt die Familienkasse Ihnen das Kindergeld noch bis zum 25. Geburtstag des Kindes fort, wenn das Kind in dieser Zeit für einen Beruf ausgebildet wird oder studiert (auch bei der zweiten Ausbildung oder dem Zweitstudium), auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz warten muss, einen Freiwilligendienst wie das freiwillige soziale Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst leistet oder eine Pause von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten macht. Absolviert das Kind bereits eine zweite Berufsausbildung, darf es währenddessen in der Regel nicht mehr als 20 Stunden in der Woche nebenher arbeiten, damit das Kindergeld fortgezahlt wird (sog. Erwerbstätigkeitsprüfung). Wird die 20-Stunden-Grenze überschritten, gilt der Nebenjob als Haupttätigkeit, so dass der Anspruch auf Kindergeld entfällt. Hinweis: Nimmt das Kind unmittelbar nach dem erfolgreichen Bachelorabschluss ein passendes Masterstudium auf, gilt letzteres Studium in der Regel nicht als zweite Berufsausbildung, sondern noch immer als Teil der ersten Ausbildung. Daraus folgt, dass die Familienkasse noch keine Erwerbstätigkeitsprüfung anstellen darf und deshalb das Kindergeld unabhängig vom zeitlichen Umfang eines Nebenjobs ausbezahlt werden muss. Liegen zwischen dem Abschluss der ersten Ausbildung und dem Beginn der zweiten Ausbildung des Kindes mehr als vier Monate, haben Eltern für diese Monate keinen Anspruch auf Kindergeld. Entscheidend dabei sind für die Familienkassen zwei Zeitpunkte: der Abschluss der ersten Ausbildung und der Beginn der zweiten. Die erste Ausbildung gilt für die Familienkasse als abgeschlossen, wenn das Zeugnis schriftlich vorliegt und beispielsweise über ein Online-Portal heruntergeladen werden kann (also nicht erst, wenn das Kind sein Zeugnis tatsächlich abholt). Die zweite Ausbildung beginnt aus Sicht der Familienkasse dann, wenn die Ausbildung tatsächlich startet. Heißt für ein Studium: Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt der Bewerbung oder Immatrikulation, sondern der Besuch von Seminaren und Vorlesungen. Nur wenn diese Zeitspanne zwischen Ende der ersten und Beginn der zweiten Ausbildung kürzer ist als vier Monate, gilt sie als "Übergangszeit", in der Eltern einen Anspruch auf Kindergeld haben.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 01/2022)
Wie viel Erbschaftsteuer ein Erbe zahlen muss, kann im Regelfall nur nach einer detaillierten Berechnung geklärt werden. Nach dem Erbschaftsteuergesetz muss zunächst der Steuerwert des Vermögensanfalls errechnet werden, der - gemindert um abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten - die Bereicherung des Erwerbers ergibt. Nach Abzug von Steuerfreibeträgen ergibt sich schließlich der steuerpflichtige Erwerb, auf den der geltende Erbschaftsteuersatz angewandt wird. Als Nachlassverbindlichkeiten können die Erben bei dieser Berechnung folgende Positionen abziehen: vom Erblasser herrührende (nichtbetriebliche) Schulden, Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen, geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen, Kosten für die Bestattung des Erblassers, ein angemessenes Grabmal, die übliche Grabpflege und für die Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder zur Erlangung des Erwerbs. Für diese Kosten kann ein Pauschbetrag von 10.300 EUR angesetzt werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass Steuerberatungskosten zur Nacherklärung von bislang verschwiegenen Kapitalerträgen des Erblassers als Kosten der Regelung des Nachlasses angesetzt werden können. Gleiches gilt nach dem Urteil für Kosten, die bei der Auflösung der Erblasserwohnung entstehen. Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Erblasser zu Lebzeiten "schwarze" Kapitalerträge in der Schweiz erzielt, so dass die Erbin später einen Steuerberater mit der Nacherklärung der Erträge für die letzten zehn Jahre beauftragte und hierfür ein Beratungshonorar von 9.900 EUR zahlte. Für die Räumung der Erblasserwohnung und die Haushaltsauflösung entstanden ihr zudem Kosten in Höhe von 2.700 EUR. Beide Kostenpositionen ließ das Finanzamt bei der Berechnung der Erbschaftsteuer außen vor. Der BFH gab nun jedoch grünes Licht für den Abzug als Kosten der Regelung des Nachlasses und verwies darauf, dass die Steuerberatungskosten dazu gedient hätten, den Umfang der Nachlassverbindlichkeiten (also der Steuerschulden) zu klären. Insofern widersprach er der geltenden Weisungslage der Finanzämter, die eine Einordnung als Nachlassregelungskosten ablehnt. Für ihn war es unerheblich, dass die Kosten erst durch den Entschluss der Erbin zur Einschaltung eines Steuerberaters entstanden waren. Die Kosten für die Wohnungsräumung waren ebenfalls als Nachlassregelungskosten abziehbar, weil die Haushaltsauflösung nach Auffassung des BFH (auch) darauf gerichtet war, zweckentsprechend mit der persönlichen Habe des Erblassers umzugehen. Es war bei der Räumung nicht nur um die bloße Verwertung der Wohnung als Nachlassgegenstand gegangen (was zu nichtabziehbaren Kosten der Nachlassverwaltung geführt hätte), sondern um die Verteilung der persönlichen Gegenstände, mithin um die "Regelung des Nachlasses".Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 06/2021)

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