Sonderbetriebseinnahmen: Schadenersatz eines Kommanditisten ist steuerpflichtig

Das Finanzgericht Münster (FG) hat entschieden, dass Umsätze eines Fotostudios dem Regelsteuersatz unterliegen. Den ermäßigten Umsatzsteuersatz für die Einräumung und Übertragung von Urheberrechten kann das Fotostudio nicht in Anspruch nehmen. Vor dem FG klagte eine Betreiberin mehrerer Fotostudios. Sie erstellte Fotografien und händigte diese ihren Kunden grundsätzlich in ausgedruckter Form aus. Zu ihren Kunden zählten sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen. Gemäß den Geschäftsbedingungen der Klägerin gingen mit Bezahlung des Preises auch die Nutzungsrechte an den überlassenen Fotos auf die Kunden über. Sie wandte daher für diese Umsätze den ermäßigten Umsatzsteuersatz an. Das Finanzamt unterwarf jedoch sämtliche Umsätze dem Regelsteuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes setze voraus, dass der Inhaber des Urheberrechts dem Leistungsempfänger als Hauptbestandteil der Gesamtleistung das Recht zur Verwertung des Werkes gemäß den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes einräume und nicht nur die bestimmungsgemäße Benutzung gestatte. Die Kunden erhielten jeweils eine einheitliche Leistung, die die Verwendung der Einrichtungen des Fotostudios, den Einsatz der Fotografen, die Nutzung von Bildbearbeitungssoftware, den Ausdruck der Fotos und die Überlassung entsprechender Dateien umfasse. Der Schwerpunkt dieser Leistungen liege in der Erstellung der Fotografien. Im Vergleich dazu sei die Übertragung der Nutzungsrechte von untergeordneter Bedeutung und die Klägerin fordere hierfür kein gesondertes Entgelt. Hinweis: Nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, dem ermäßigten Steuersatz.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 07/2021)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die bisherige polnische Regelung zum Vorsteuerabzug bei verspätet erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben von Gegenständen in Polen gegen die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) verstößt. Im polnischen Recht darf die Vorsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerben im selben Meldezeitraum abgezogen werden, in dem auch die Steuer entstanden ist. Seit 2017 gibt es für die Nachmeldungen jedoch Einschränkungen. Während die geschuldete Steuer im Zeitraum der Steuerentstehung zu erfassen ist, ist dies beim Vorsteuerabzug nur begrenzt möglich. Ein rückwirkender Vorsteuerabzug ist nur innerhalb von drei Monaten ab dem Meldezeitraum der Steuerentstehung zulässig. Nach Fristablauf kann der Vorsteuerabzug nur noch für den aktuellen Meldezeitraum erfolgen. Für den Meldezeitraum der Steuerentstehung ergibt sich ein Nachzahlungsbetrag, der zu verzinsen ist. Im Urteilsfall beantragte ein polnischer Unternehmer einen Steuervorbescheid (verbindliche Auskunft). Die polnische Finanzverwaltung verneinte einen rückwirkenden Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben. Der Fall landete vor dem EuGH. Der EuGH stellte klar, dass die bisherige polnische Regelung zum Vorsteuerabzug bei verspätet erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben in Polen nicht mit den Vorgaben der MwStSystRL in Einklang stehe. Das bedeutet, dass der Vorsteuerabzug nach Prüfung des Einzelfalls auch bei verspäteter Erklärung (rückwirkend) im Monat der Entstehung der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb geltend gemacht werden kann. Sofern bei Steuerpflichtigen mit der Nacherklärung von innergemeinschaftlichen Erwerben in Polen Zinsen angefallen sind, kann ein Antrag auf Erstattung der Verzugszinsen bei der polnischen Finanzverwaltung gestellt werden. Hinweis: Das Urteil betrifft innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen. Möglicherweise könnte es auch auf Eingangsleistungen übertragbar sein, für die der Leistungsempfänger Umsatzsteuer nach dem Reverse-Charge-Verfahren schuldet. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 08/2021)
Seit einigen Jahren müssen beispielsweise Arbeitgeber und Krankenkassen bestimmte Daten an die Finanzverwaltung übermitteln. Einerseits kann dann der Steuerzahler diese Daten im Rahmen der vorausgefüllten Steuererklärung übernehmen. Andererseits kann auch das Finanzamt die erhaltenen Daten mit denen vergleichen, die in der Einkommensteuererklärung stehen. Was aber gilt, wenn die falschen Daten an das Finanzamt übermittelt und zunächst berücksichtigt wurden? Kann das Finanzamt den Bescheid dann im Nachhinein einfach ändern? Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden. Die geschiedene Klägerin lebt mit ihrem Sohn in einem Haushalt. Zur Steuernummer der Klägerin übermittelte die Krankenversicherung Daten zur Krankenversicherung des Sohnes - unter anderem die Höhe der geleisteten Beiträge sowie die Tatsache, dass der Vater (geschiedener Ehemann) Versicherungsnehmer ist. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin keine Krankenversicherungsbeiträge für ihren Sohn geltend. Das Finanzamt berücksichtigte zunächst auch keine Beiträge. Allerdings änderte es dann den Bescheid und setzte die übermittelten Beiträge als Sonderausgaben an. Später änderte das Finanzamt den Bescheid erneut und berücksichtigte die Beiträge nicht mehr. Die Klage hiergegen wurde vom FG Münster als unbegründet zurückgewiesen. Ein Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Der Steuerbescheid kann auch dann geändert werden, wenn der fehlerhafte Bescheid auf einer falschen Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung oder auf einem Ermittlungsfehler der Finanzbehörde und nicht auf einem Schreib-, Rechen- oder sonstigen mechanischen Fehler bei der Übermittlung der Daten beruht. Die Klägerin kann nicht geltend machen, dass die Daten zu ihrer Steuernummer übermittelt wurden. Denn weshalb die Beiträge bei ihr berücksichtigt wurden, ist nicht relevant. Im Übrigen stellt die Berücksichtigung der mitgeteilten Daten bei der Veranlagung der falschen Person eine unzutreffende Auswertung der Daten dar. Beiträge zur Krankenversicherung eines Kindes des Steuerpflichtigen können nur dann als Sonderausgaben bei diesem berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2021)
Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass der vom Betreiber eines Blockheizkraftwerks (BHKW) erzeugte und selbst (dezentral) verbrauchte Strom keine umsatzsteuerliche Lieferung an einen Stromnetzbetreiber darstellt. Die Betreiberin eines BHKW ist eine Anstalt öffentlichen Rechts. Sie hatte auf ihrem Gelände ein BHKW zur Strom- und Wärmeerzeugung errichtet. Das BHKW wurde an das eigene Stromnetz der Anstalt angeschlossen und außerdem an das allgemeine Stromversorgungsnetz des Stromnetzbetreibers. Die Anstalt verbrauchte den im BHKW erzeugten Strom fast vollständig selbst (dezentral). Es wurde kein Strom in das Netz des Stromnetzbetreibers eingespeist. Selbst bei geringer Grundlast war der Stromverbrauch der Anstalt fast doppelt so hoch wie die durch das BHKW erzeugte Strommenge. Die Anstalt stellte dem Stromnetzbetreiber die im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) vorgesehenen Zuschläge für den dezentral verbrauchten Strom in Rechnung. Das Finanzamt nahm an, dass der Strom fiktiv vom Betreiber des BHKW an den Stromnetzbetreiber geliefert werde. Bemessungsgrundlage der Lieferung sei der übliche Marktpreis zuzüglich der vorgesehenen Zuschläge. Das Finanzamt ging ferner davon aus, dass der Strom anschließend vom Stromnetzbetreiber an den Betreiber des BHKW zurückgeliefert werde. Bemessungsgrundlage für die Rücklieferung sei der übliche Strompreis ohne Berücksichtigung des KWK-Zuschlags. Somit erließ das Finanzamt einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Die Anstalt hat hinsichtlich des von ihr erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen gegenüber dem Stromnetzbetreiber erbracht. Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2021)
Ob ein Schadenersatzanspruch eines Kommanditisten der Einkommensteuer unterliegt, darüber hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem neuen Urteil entschieden. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger, ein Kommanditist einer gewerblich tätigen Fonds-KG, vor einem Zivilgericht ein Urteil erstritten, durch das ihm gegen den Ersteller des Beteiligungsprospekts für einen gewerblich tätigen Filmfonds, dem der Kläger als Kommanditist beigetreten war, Schadenersatz zugesprochen worden war. Der Anspruch resultierte aus fehlerhaften Angaben in dem Beteiligungsprospekt. Anders als das Finanzamt war der Kläger der Meinung, dass dieser Anspruch nicht der Besteuerung unterliegt. In dieser Frage urteilte der BFH nun, dass auch Ansprüche aus zivilrechtlicher Prospekthaftung, die dem Mitunternehmer einer KG wegen unzureichender Informationen über eine eingegangene Beteiligung gegen einen Vermittler oder Berater zustehen, der Besteuerung unterliegen. Dies gilt nach Auffassung des BFH nicht nur für den Schadenersatz aus der Prospekthaftung selbst, sondern auch für den Zinsanspruch, den der Kläger für die Dauer seines zivilgerichtlichen Schadenersatzprozesses erstritten hat. Der BFH verwies auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft alle Einnahmen und Ausgaben gehören, die ihre Veranlassung in der Beteiligung an der Gesellschaft haben. Hinweis: Erhält der Gesellschafter Schadenersatz, so ist dieser als Sonderbetriebseinnahme bei den gewerblichen Einkünften zu erfassen, wenn das schadenstiftende Ereignis mit der Stellung des Gesellschafters als Mitunternehmer zusammenhängt.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 01/2022)
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) betrifft die Frage, ob die grenzüberschreitende Überlassung von Dienstwagen an Pendler für dienstliche und private Zwecke am Wohnsitz des Arbeitnehmers der Umsatzsteuer unterliegt. Der Entscheidung liegen zwei Sachverhalte zugrunde. Im ersten Fall überließ eine Luxemburger Verwaltungsgesellschaft für Investmentfonds einem Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil in Form eines Dienstwagens, den er sowohl für dienstliche als auch für private Zwecke nutzen durfte. Der Arbeitnehmer leistete dafür weder ein Entgelt an seinen Arbeitgeber, noch verzichtete er auf einen Teil des Arbeitslohns oder sonstige Vorteile. Nach deutscher Rechtsprechung würde Umsatzsteuer anfallen. Der EuGH hat jedoch entschieden, dass hier nicht ohne Weiteres von einer Dienstleistung gegen Entgelt ausgegangen werden könne. Es liege auch keine langfristige Fahrzeugvermietung vor, die nach speziellen umsatzsteuerlichen Leistungsortregeln am Wohnsitz des Arbeitnehmers zu versteuern wäre. Stattdessen seien die besonderen Regeln für die private Nutzung von Firmenvermögen zu beachten. Dabei sei entscheidend, ob der Arbeitgeber den Vorsteuerabzug für die Anschaffung des Dienstwagens vorgenommen habe. Der zweite Sachverhalt, über den der EuGH zu entscheiden hatte, betraf die entgeltliche Überlassung von Dienstwagen. Ein anderer Arbeitnehmer der Luxemburger Verwaltungsgesellschaft übernahm für die dienstliche und private Nutzung des Dienstwagens ca. 5.700 EUR. Es handelte sich hierbei um eine Dienstleistung gegen Entgelt. Die Zahlung des Arbeitnehmers, die auch die Form eines teilweisen Gehaltsverzichts oder des Verzichts auf sonstige Vorteile annehmen kann, unterliegt damit der Umsatzsteuer im Wohnsitzland des Arbeitnehmers. Arbeitgeber, die Grenzgänger aus dem EU-Ausland beschäftigen und diesen Pendlern Dienstwagen auch zur privaten Nutzung entgeltlich und für einen Zeitraum von über 30 Tagen überlassen, sind nun für die Abführung der Umsatzsteuer im Wohnsitzland des Arbeitnehmers sowie für form- und fristgerechte Einreichung von Umsatzsteuererklärungen verantwortlich. Hinweis: Die seit Jahrzehnten geltenden Grundsätze der Finanzverwaltung bringt der EuGH nun zumindest ins Wanken. Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern Dienstwagen zur Verfügung stellen, sollten also immer genau prüfen, ob infolge der EuGH-Entscheidung Handlungsbedarf besteht.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2021)

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