Substanzwertermittlung: Wie wird der Mindestwert eines GmbH-Anteils ermittelt?

Es ist nicht ungewöhnlich, dass jemand in Deutschland lebt, aber im Ausland Einkünfte erzielt. Wer im Ausland arbeitet, unterliegt den dortigen Vorschriften im Hinblick auf Lohnsteuer und Sozialversicherung. Die im Ausland erzielten Einkünfte sind dann in Deutschland zumeist steuerfrei, jedoch müssen sie auch bei der Berechnung der deutschen Einkommensteuer berücksichtigt werden (Progressionsvorbehalt). Wie es sich darüber hinaus mit den im Ausland gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen verhält, ob auch diese in der deutschen Steuererklärung zu berücksichtigen sind, darüber hatte das Finanzgericht München (FG) zu urteilen. Die Klägerin erzielte im Jahr 2015 neben selbständigen Einkünften im Inland auch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Österreich. Von Letzteren wurden österreichische Sozialversicherungsbeiträge einbehalten. Die Klägerin erklärte die österreichischen Einnahmen in der deutschen Einkommensteuererklärung unter Progressionsvorbehalt. Sie zog hiervon die Werbungskosten ab. Nach der erklärungsgemäßen Veranlagung durch das Finanzamt legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Berücksichtigung der österreichischen Sozialversicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab. Auch die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Demnach hatte das Finanzamt die Beiträge zu Recht nicht berücksichtigt. Denn es besteht ein grundsätzliches Abzugsverbot von Sozialversicherungsbeiträgen bei einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen. Zwar gibt es hiervon eine Ausnahme, die aber im Streitfall nicht greift. Österreich berücksichtigt nämlich die Sozialversicherungsbeiträge bei der Bemessungsgrundlage der Lohnsteuer. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gebietet das Unionsrecht keine Berücksichtigung von Sonderausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Einkünften im Wohnsitzstaat, wenn bereits der Tätigkeitsstaat diese Sonderausgaben bei der Besteuerung berücksichtigt hat.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2021)
Wenn man einen Steuerbescheid bekommt, kann das Finanzamt diesen vorläufig ergehen lassen. Das bedeutet, dass der Bescheid noch nicht endgültig ist und später noch geändert werden kann. Allerdings ist diese Vorläufigkeit auf bestimmte Punkte beschränkt, die das Finanzamt im Bescheid aufführt. Zu einem späteren Zeitpunkt kann das Finanzamt die Vorläufigkeit aufheben und der Bescheid kann dann nicht mehr geändert werden. Oder etwa doch? Das Finanzgericht Münster (FG) musste hierüber entscheiden. Die Klägerin war Alleinerbin des Vermögens ihres Großvaters. Das Erbe bestand im Wesentlichen aus einer im Inland belegenen Immobilie und dem Vermögen einer Stiftung. Der Vater der Klägerin hatte das Erbe ausgeschlagen und klagte gegenüber der Stiftung auf seinen Pflichtteil. Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit wurde ihm dieser neben Prozesszinsen und Gerichtskosten zugesprochen. Da die Stiftung aber nicht über genügend Vermögen verfügte, konnte der Betrag nicht komplett gezahlt werden. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer fest und berücksichtigte dabei die Ansprüche des Vaters steuermindernd. Der Bescheid erging vorläufig. Von der Entscheidung des Gerichts, dass die Ansprüche des Vaters zu zahlen sind, erfuhr das Finanzamt nichts. Monate später fragte das Finanzamt nach, ob der Vorläufigkeitsvermerk aufgehoben werden könne. Dies blieb jedoch unbeantwortet. Daraufhin wurde der Bescheid für endgültig erklärt und konnte nach Ansicht des Finanzamts aufgrund der eingetretenen Bestandskraft nun nicht mehr geändert werden. Die Klage hiergegen vor dem FG war erfolgreich. Demnach wurde das Finanzamt verpflichtet, die Erbschaftsteuerfestsetzung aufgrund neuer Tatsachen zu ändern und Prozesszinsen und Gerichtskosten aufgrund des vom Vater der Klägerin gegen die Stiftung geführten Verfahrens als Nachlassregelungskosten steuermindernd zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung des Pflichtteilergänzungsanspruchs kommt nicht in Betracht, da die Festsetzungsfrist insoweit abgelaufen ist. Es greift hier auch keine Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist, da es sich nicht um ein rückwirkendes Ereignis handelte. Die Ansprüche des Vaters der Klägerin wurden bereits während des Besteuerungsverfahrens geltend gemacht. Hinsichtlich der Prozesszinsen und Gerichtskosten ist eine Änderung der Steuerfestsetzung zur Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses hingegen möglich, wenn dieses Ereignis erst nach Entstehung der Steuerpflicht und nach Erlass des zu korrigierenden Bescheids eingetreten ist. Die Kosten sind noch als Kosten des Nachlasses zu berücksichtigen. Auf eine tatsächliche Zahlung kommt es hingegen nicht an.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 08/2021)
In zwei vielbeachteten Urteilen hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) im Mai 2021 mit der Doppelbesteuerung von Renten befasst. Er legte dar, welche Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung zugrunde zu legen sind. Zwar haben die Bundesrichter die Klagen von zwei Rentnerehepaaren wegen des Vorwurfs der Doppelbesteuerung zurückgewiesen, gleichwohl aber stellten sie fest, dass viele Rentner in den kommenden Jahren einer verbotenen Doppelbesteuerung ausgesetzt sein dürften. Das geltende Regelwerk zur Besteuerung von Renten dürfte sich demnach künftig in einen verfassungswidrigen Bereich "hineinentwickeln". Hinweis: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dürfen Renten nicht doppelt besteuert werden. Das heißt, jeder Rentner muss mindestens so viel Rente steuerfrei erhalten, wie er zuvor aus seinem versteuerten Einkommen eingezahlt hat. Die beiden klagenden Ehepaare haben im Juni 2021 Verfassungsbeschwerden gegen die jeweiligen BFH-Entscheidungen eingelegt (Aktenzeichen 2 BvR 1143/21 und 2 BvR 1140/21), so dass sich das BVerfG nun mit der Frage der Doppelbesteuerung auseinandersetzen muss. Zunächst müssen die Verfassungsrichter aber prüfen, ob sie die Beschwerden annehmen. Hinweis: Der Streit um die Rentenbesteuerung könnte also in die nächste Runde gehen. Rentner können von den anhängigen Verfahren profitieren, indem sie Einspruch gegen ihre aktuellen Steuerbescheide einlegen, darin auf die anhängigen Musterverfahren verweisen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Seit 2005 wird die Rentenbesteuerung schrittweise auf eine sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Im Rahmen einer 35-jährigen Übergangsphase wird der Steuerzugriff nach und nach ausgedehnt. Während bei Rentenbeginn bis 2005 nur 50 % der Rente besteuert werden, müssen Neurentner ab 2040 ihre gesamte Rente versteuern. Im Gegenzug werden die Beiträge zur Altersvorsorge schrittweise immer umfassender steuerfrei gestellt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2021)
Bereits im Februar 2021 hatten die Finanzministerien von Bund und Ländern geregelt, dass freiwillige Helfer in Impfzentren die Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale in Anspruch nehmen können, so dass Vergütungen für bestimmte Tätigkeiten bis zu einem festgelegten Betrag steuerfrei bleiben: Helfer, die direkt an der Impfung beteiligt sind, also in Aufklärungsgesprächen oder beim Impfen selbst, können die Übungsleiterpauschale von 2.400 EUR für das Jahr 2020 bzw. 3.000 EUR für das Jahr 2021 beanspruchen. Wer sich in der Verwaltung und der Organisation von Impfzentren engagiert, kann die Ehrenamtspauschale von 720 EUR (in 2020) bzw. 840 EUR (in 2021) in Anspruch nehmen. Hinweis: Nach dem Einkommensteuergesetz ist es für die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale eigentlich notwendig, dass die freiwillig Tätigen über einen gemeinnützigen oder öffentlichen Arbeitgeber (z.B. das Land oder eine Kommune) angestellt sind. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat jetzt erklärt, dass die Pauschalen nun ausnahmsweise auch in Anspruch genommen werden können, wenn das Impfzentrum von einem privaten Dienstleister betrieben wird oder die Helfer in den zentralen Impfzentren und den Kreisimpfzentren über einen privaten Personaldienstleister angestellt sind. Diese Gleichbehandlung aller Freiwilligen gilt übergangsweise für die Zeiträume 2020 und 2021. Darauf haben sich Bund und Länder verständigt. Mit dieser Regelung trägt die Finanzverwaltung dem Umstand Rechnung, dass die Struktur der in kürzester Zeit eingerichteten Impfzentren sehr unterschiedlich ausgestaltet ist und nicht alle Impfzentren direkt von einer Kommune, dem Land oder einer gemeinnützigen Einrichtung betrieben werden. Hinweis: Sowohl Übungsleiter- als auch Ehrenamtspauschale greifen lediglich bei Vergütungen aus nebenberuflichen Tätigkeiten. Eine solche Tätigkeit liegt in der Regel nur vor, wenn sie im Jahr nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nimmt. Es können aber auch solche Helfer nebenberuflich tätig sein, die keinen Hauptberuf ausüben, etwa Studenten oder Rentner.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 11/2021)
Wer etwas erbt, muss in der Regel Erbschaftsteuer zahlen. Um die Erbschaftsteuer zu berechnen, ist zunächst der steuerpflichtige Erwerb zu ermitteln. Bei Geld ist das einfach. Bei einem Gebäude wiederum kann zum Beispiel ein Vergleichspreis für ähnliche Gebäude herangezogen werden. Schwieriger gestaltet sich hingegen die Bewertung des angefallenen Vermögens, wenn GmbH-Anteile vererbt wurden. Das Finanzgericht Münster (FG) hat entschieden, welcher Wert als Mindestwert heranzuziehen ist. Die Kläger sind die Erben ihrer im Jahr 2014 verstorbenen Mutter. Zum Nachlass gehörte eine Beteiligung an einer GmbH mit der Funktion einer Familienholding. Mit dem Erbfall fielen freiwillige Einziehungen von Geschäftsanteilen zusammen, das heißt, andere Gesellschafter schieden aus der GmbH aus. Die Kläger gingen davon aus, dass sich der gemeine Wert des geerbten Anteils für die Erbschaftsteuer aus dem Einziehungskurs der zurückgegebenen Anteile ableiten lasse. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt jedoch die Auffassung, dass eine Wertermittlung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen nicht zu erkennen sei. Der gemeine Wert sei vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten. Den gemeinen Wert des Anteils der Erblasserin an der GmbH ermittelte das Finanzamt daher anhand des Substanzwerts. Hinweis: Der Substanzwert ist gesetzlich definiert als die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge der Gesellschaft. Das FG hielt die dagegen gerichtete Klage für unbegründet. Das Finanzamt hatte den gemeinen Wert des Anteils zutreffend anhand des höheren Substanzwerts ermittelt. Der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag gesondert festzustellen, sofern er für die Erbschaftsteuer von Bedeutung ist. Bei der Bewertung des gemeinen Werts eines GmbH-Anteils bildet der Substanzwert nach Ansicht des FG stets den Mindestwert. Das gelte auch dann, wenn der Steuerzahler die Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten geltend mache. Hinweis: Die Kläger haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Jetzt muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob der gemeine Wert eines GmbH-Anteils auch aus der (freiwilligen) Einziehung von Geschäftsanteilen abgeleitet werden kann. Sollten Sie Unterstützung bei der Wertermittlung im Rahmen der Erbschaftsteuer benötigen, unterstützen wir Sie gerne.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 01/2022)
Alleinstehende Alleinerziehende erhalten vom Staat aufgrund ihrer besonderen Belastung einen Steuerfreibetrag. Dieser wird nur dann gewährt, wenn keine weitere erwachsene Person im Haushalt lebt. Aber wie das Leben so spielt, kann aus zwei Alleinstehenden ein Paar werden, das heiratet. Wie verhält es sich dann mit dem Entlastungsbetrag? Wird dieser bis zum Zusammenziehen anteilig gewährt? Das Finanzgericht München (FG) musste darüber urteilen. Die Kläger haben im Dezember 2015 geheiratet und leben seit diesem Zeitpunkt zusammen im Haushalt des Klägers. Der Sohn A des Klägers lebte das ganze Jahr dort. Die Tochter B der Klägerin war bis zur Heirat im bisherigen Alleinhaushalt der Klägerin gemeldet. In der Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung und machten für die beiden Kinder jeweils den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend. Das Finanzamt versagte diesen jedoch. Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Das Finanzamt hatte zu Recht keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt, da die Kläger nicht im gesamten Streitjahr alleinstehend waren. Alleinstehend sind nämlich nur Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung der Zusammenveranlagung in der Einkommensteuererklärung erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden. Die Kläger haben im Streitjahr die Zusammenveranlagung gewählt. Damit werden sie so behandelt, als hätte die Ehe im gesamten Streitjahr bestanden. Die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende waren somit auch nicht teilweise erfüllt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2021)

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