Rennwett- und Lotteriegesetz: Besteuerung von Sportwetten ist verfassungs- und europarechtskonform
An der Kunst scheiden sich bekanntlich die Geister - an der Frage, welcher steuerlichen Einkunftsart ein Künstler unterfällt, mitunter auch. Erwerbstätige im Kunstsektor streben in der Regel eine steuerliche Einordnung als Freiberufler an, so dass sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen und keine Gewerbesteuer zahlen müssen. Gelingt diese Einordnung nicht, nimmt das Finanzamt in der Regel Einkünfte aus Gewerbebetrieb an, so dass Gewerbesteuer anfällt.
Eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit liegt nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nur vor, wenn eine schöpferische Leistung mit einer gewissen Gestaltungshöhe erbracht wird. Diese Voraussetzung sorgt in der Praxis für reichlich Zündstoff, denn welcher Künstler lässt sich schon gerne vom Finanzamt oder von Steuergerichten unterstellen, dass seine Gestaltungshöhe eher eingeschränkt ist. In diesem Fall sieht der betroffene Künstler sein Schaffen schnell herabgewürdigt. Ob eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit vorliegt, wird in Gerichtsverfahren daher häufig durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens überprüft.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt klargestellt, dass Künstler bereits im Rahmen eines Finanzgerichtsverfahrens auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens drängen müssen und sie eine unterbliebene Begutachtung nicht erst in zweiter Instanz als Verstoß des Finanzgerichts (FG) gegen die Sachaufklärungspflicht rügen können. Kann der klagende Künstler schon vor der mündlichen Verhandlung erkennen, dass das FG zur Frage der künstlerischen Gestaltungshöhe nicht von Amts wegen ein Gutachten einholen wird, muss er in der mündlichen Verhandlung entweder selbst einen entsprechenden Beweisantrag stellen oder das Vorgehen des Gerichts direkt als verfahrensfehlerhaft rügen. Unterlässt er diese Schritte, kann er eine entsprechende Rüge im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BFH nicht mehr anbringen.
Hinweis: Zur Feststellung der Künstlereigenschaft ist nach der Weisungslage der Finanzämter die tatsächlich ausgeübte Gesamttätigkeit des Kunstschaffenden zu betrachten. In die Beurteilung sollen die Vorbildung des Künstlers (z.B. abgeschlossenes Hochschulstudium), Presseveröffentlichungen bzw. Kritiken in Kunstzeitschriften, Beteiligungen an Kunstausstellungen und Mitgliedschaften in bestimmten Berufsverbänden einfließen.Information für: Freiberuflerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2021)
Wenn man in den Urlaub fliegt, erhält man für gewöhnlich an Bord eine Verpflegung. Häufig ist diese im Flugpreis inbegriffen. Auch das fliegende Personal muss essen. Auf Lang- oder Mittelstreckenflügen werden den Mitarbeitern die Mahlzeiten von der Fluggesellschaft kostenlos gestellt. Ob hierfür eine Pauschalversteuerung erfolgen kann oder es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, darüber musste das Finanzgericht Düsseldorf (FG) urteilen.
Im Besprechungsfall stellte eine Fluggesellschaft ihrem Kabinen- und Cockpitpersonal unentgeltlich Mahlzeiten an Bord von Flugzeugen zur Verfügung. Die Fluggesellschaft nahm für das gesamte Personal eine Pauschalbesteuerung von 25 % der Sachbezugswerte der ausgegebenen Mahlzeiten vor. Die Mahlzeiten wurden nur auf Passagierflügen und bei Flugzeiten von über sechs Stunden an die Crew-Mitglieder ausgegeben. Die Essensauswahl war beschränkt. Piloten und Copiloten mussten aus Sicherheitsgründen jeweils unterschiedliche Menüs zu sich nehmen und konnten damit nicht frei wählen. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung war das Finanzamt der Ansicht, dass die unentgeltliche Gestellung der Mahlzeiten steuerpflichtiger Arbeitslohn sei und die Pauschalversteuerung nicht angewendet werden könne.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die Mahlzeitengestellung ist kein steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies gilt allerdings nur insofern, als die Mahlzeiten auf Langstreckenflügen und Mittelstreckenflügen bei Flugzeiten von über sechs Stunden mit kurzen "Turn-around-Zeiten" unentgeltlich überlassen wurden. Die unentgeltliche Gestellung der Mahlzeiten an Bord war den außergewöhnlichen Arbeitsumständen an Bord sowie der damit verbundenen erforderlichen effizienten Gestaltung der Arbeits- und Betriebsabläufe geschuldet. Sie diente somit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen.
Für ein überwiegendes Eigeninteresse der Fluggesellschaft spricht außerdem die Zwangsläufigkeit der Zuwendung. Schließlich kann das Personal zur Essenspause nicht einfach das Flugzeug verlassen. Auch können die Mitarbeiter sich keine Mahlzeiten mitnehmen, um sich selbst zu versorgen. Und schließlich war die Fluggesellschaft gesetzlich dazu verpflichtet, ab einer Flugdienstzeit von über sechs Stunden der Besatzung die Möglichkeit zur Einnahme von Mahlzeiten und Getränken einzuräumen.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2021)
Arbeitnehmer können in ihrer Einkommensteuererklärung Werbungskosten ansetzen. Eine übliche Art der Werbungskosten sind die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Hier kann für jeden Arbeitstag, an dem ein Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte aufsucht, die Entfernungspauschale von 0,30 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt werden. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer überhaupt eine erste Tätigkeitsstätte hat, ist allerdings nicht immer ganz einfach zu beantworten. Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat kürzlich im Fall eines Hafenarbeiters entschieden.
Der Kläger ist als Hafenarbeiter bei der T KG angestellt, die die Arbeitnehmerüberlassung auf dem Gebiet des Hamburger Hafens betreibt. Er war verpflichtet, sich "nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen". Wie mit seinem Arbeitgeber vereinbart, wurde der Kläger in verschiedenen Betrieben des Hafens tätig. Er musste "täglich bei der Einteilung anrufen, um zu erfahren, an welchen Einsatzorten er eingesetzt wird". In seiner Einkommensteuererklärung wollte er für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt die tatsächlichen Kosten geltend machen. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten jedoch nur in Höhe der Entfernungspauschale.
Die Klage des Hafenarbeiters hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG hat das Finanzamt die Fahrten zu Recht nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt. Im Streitfall lag keine erste Tätigkeitsstätte vor. Es fehlte an einer dauerhaften Zuordnung. Der Kläger musste seinen Arbeitgeber täglich anrufen, um seinen Einsatzort zu erfahren. Auch wenn es keine erste Tätigkeitsstätte gab, wurde arbeitstäglich dauerhaft dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet, nämlich der Hamburger Hafen, aufgesucht. Für die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet, dem Hafen, ist daher die Entfernungspauschale anzusetzen. Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets können dagegen die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten, das heißt 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer, angesetzt werden.
Hinweis: Der Hafenarbeiter hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt, so dass nun der Bundesfinanzhof das letzte Wort hat.
Gerne beantworten wir Ihre Fragen zur steuerlichen Berücksichtigung von Fahrtkosten.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 11/2021)
Wetteinsätze bei Pferderennen, Sportwetten und Lotterien werden nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) besteuert. Die seit 2012 geltende Sportwettenbesteuerung ist zusammen mit der Besteuerung von Lotterien und Rennwetten von erheblicher finanzieller Bedeutung: Das Steueraufkommen lag im Jahr 2020 bei mehr als 1,9 Mrd. EUR.
In zwei neuen Urteilen hat der Bundesfinanzhof (BHF) die seit 2012 geltenden Besteuerungsregeln nun als verfassungskonform und mit dem Europarecht vereinbar eingestuft.
Geklagt hatten ausländische Unternehmen, die ihre Sportwetten über das Internet an in Deutschland lebende Kunden angeboten hatten. Die Unternehmen führten auf die Wetteinsätze eine Sportwettensteuer von 5 % an das zuständige Finanzamt ab. Vor dem BFH wandten sie sich gegen den Steuerzugriff, da dieser gegen zahlreiche Regelungen des Grundgesetzes verstoße und zudem europarechtswidrig sei.
Der BFH stufte die Besteuerungsregeln für Sportwetten jedoch als rechtmäßig ein. Die für die Besteuerung einschlägige Regelung im RennwLottG war nach Gerichtsmeinung formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Zudem lag kein strukturelles gesetzliches Vollzugsdefizit vor, das einer Steuererhebung entgegenstand, da das RennwLottG inländische und ausländische Anbieter von Sportwetten gleichermaßen zur Besteuerung heranzieht. Angesichts der moderaten Höhe der Sportwettensteuer von 5 % der Wetteinsätze war die Steuer nach Meinung der Bundesrichter auch nicht "erdrosselnd".
Hinweis: Auch europarechtliche Zweifel an dem Regelwerk verneinte der BFH. Da die Besteuerung inländische wie ausländische Anbieter in gleicher Weise und zu gleichen Bedingungen trifft, ist der freie Dienstleistungsverkehr nicht beschränkt.Information für: Unternehmerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 01/2022)
Können Arbeitnehmer ihren Dienstwagen auch für private Fahrten nutzen, müssen sie einen geldwerten Vorteil versteuern. Bei Anwendung der sogenannten 1-%-Regelung muss monatlich pauschal 1 % des Kfz-Bruttolistenpreises als Arbeitslohn angesetzt werden. Wird das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt, kommen noch einmal 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte hinzu.
Wer in Zeiten der Corona-Pandemie häufig von zu Hause aus arbeitet bzw. gearbeitet hat, empfindet es als ungerecht, dass in der Lohnabrechnung nach wie vor ein 0,03-%-Vorteil versteuert wird, obwohl weniger Fahrten zum Betrieb angefallen sind. Hier gibt es jedoch eine Möglichkeit, den Nutzungsvorteil nachträglich herabzusetzen: Der pauschale 0,03-%-Vorteil basiert auf der Annahme, dass die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte an 180 Tagen im Jahr erfolgen. Kann der Arbeitnehmer dem Finanzamt nachweisen, dass er weniger Fahrten durchgeführt hat, kann er eine günstigere Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer erreichen, so dass ihm zu viel einbehaltene Lohnsteuer über den Einkommensteuerbescheid zurückerstattet wird.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer fährt mit seinem Dienstwagen (Bruttolistenpreis von 50.000 EUR) an 64 Tagen im Jahr zu seiner ersten Tätigkeitsstätte (Entfernung: 48 Kilometer). Es ergibt sich folgender Nutzungsvorteil:
Nach der 0,03-%-Methode: 0,03 % x 50.000 EUR x 48 km x 12 Monate
8.640,00 EUR
Nach der 0,002-%-Methode: 0,002 % x 50.000 EUR x 48 km x 64 Fahrten
3.072,00 EUR
Minderung des Vorteils
5.568,00 EUR
Bei einem Grenzsteuersatz von 30 % ergibt sich somit eine Steuerminderung von 1.670,40 EUR.
Um eine Minderung des Nutzungsvorteils zu erreichen, muss der Arbeitnehmer dem Finanzamt darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte genutzt hat (z.B. durch Vorlage von Kalendern oder Arbeitszeitaufzeichnungen). Zudem muss er glaubhaft machen, wie der Arbeitgeber den Vorteil bisher versteuert hat (z.B. durch Vorlage der Gehaltsabrechnung oder Bescheinigung des Arbeitgebers).
Hinweis: Wer bei der Nutzungsversteuerung eine reduzierte Anzahl an Fahrten zum Betrieb erklärt, muss diese natürlich auch bei der Entfernungspauschale zugrunde legen, so dass sich der Werbungskostenabzug verringert.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2021)
Arbeitnehmer dürfen die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer unbegrenzt als Werbungskosten abziehen, wenn der Raum der Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit ist. Bildet der Raum nicht den Tätigkeitsmittelpunkt, steht für die Arbeit aber kein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung (z.B. im Betrieb des Arbeitgebers), dürfen die Raumkosten zumindest beschränkt mit bis zu 1.250 EUR pro Jahr steuermindernd abgesetzt werden. In allen anderen Fällen ist kein Raumkostenabzug erlaubt.
Für Arbeitnehmer scheiterte der begrenzte Raumkostenabzug von 1.250 EUR pro Jahr in der Vergangenheit häufig daran, dass die Finanzämter ihnen einen vorhandenen Alternativarbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers entgegenhielten. In Zeiten der Corona-Pandemie ergeben sich nun bessere Absetzungsmöglichkeiten: Steht dem Arbeitnehmer der Alternativarbeitsplatz auf Anordnung nicht mehr zur Verfügung (z.B. wegen Quarantäne oder Schließung des Betriebs), ist der begrenzte Raumkostenabzug nun zulässig. Gleiches muss gelten, wenn dem Arbeitnehmer im Betrieb nur ein Doppelbüro zur Verfügung steht und der Arbeitgeber bestimmt, dass jeweils nur ein Beschäftigter vor Ort sein darf und der andere ins Homeoffice muss.
Der begrenzte Raumkostenabzug bleibt allerdings ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz im Betrieb (z.B. ein Einzelbüro) weiterhin aufsuchen kann, er jedoch auf Empfehlung des Arbeitgebers zu Hause arbeitet. Ebenso wenig werden die Finanzämter einen begrenzten Raumkostenabzug zulassen, wenn dem Arbeitnehmer ein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht, er aber aus persönlichen Gründen (z.B. aus Angst vor einer Ansteckung) im Homeoffice arbeitet.
Hinweis: Aufgrund der Corona-Pandemie ist das häusliche Arbeitszimmer bei vielen Arbeitnehmern erst im Laufe des vergangenen oder aktuellen Jahres zu einem Tätigkeitsmittelpunkt geworden. Ab diesem Zeitpunkt ist daher ein Komplettabzug der Raumkosten eröffnet - selbst wenn weiterhin ein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht. Wer beispielsweise im Oktober 2020 seinen Tätigkeitsmittelpunkt in das Homeoffice verlagert hat, kann seine Raumkosten für Oktober bis Dezember 2020 in voller Höhe als Werbungskosten abziehen. Die Kosten, die zwischen Januar und September 2020 angefallen sind, dürfen aber nur begrenzt bis 1.250 EUR abgezogen werden.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2021)