Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit: Steuerfreiheit für Zuschläge bleibt bei variabler Grundlohnaufstockung erhalten
In Zeiten von Corona-Pandemie und Lockdown waren viele Arbeitnehmer gezwungen, in Kurzarbeit zu gehen oder ihren Arbeitsplatz sogar komplett aufzugeben. Werdende Eltern hatten dementsprechend die Sorge, dass sie in der Folge auch Einschnitte beim Elterngeld in Kauf nehmen müssen, da das Einkommen der Eltern vor der Geburt die maßgebende Grundlage für die Höhe des Elterngeldes ist. Die gute Nachricht für sie: Der Staat hat befristete Sonderregelungen für Elterngeldbezieher in Corona-Zeiten geschaffen.
Schwangere Arbeitnehmerinnen im nichtsystemrelevanten Einzelhandel, in der stationären Gastronomie oder von kulturellen Einrichtungen, die geschlossen bleiben müssen, können nun darauf vertrauen, dass sich ihr reduziertes Arbeitsentgelt nicht auf das Elterngeld auswirkt, da der Bemessungszeitraum für das Elterngeld ausgedehnt wurde. Nun können als Bemessungsgrundlage die Löhne aus Zeiten vor der Corona-Pandemie herangezogen werden. Die Monate mit Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld dürfen für den Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2021 bei der Berechnung vom Elterngeld ausgeklammert werden. Durch den Rückgriff auf die höheren Nettolöhne fällt das Elterngeld also nicht geringer aus als geplant. Hierfür ist allerdings ein gesonderter Antrag notwendig.
Auch beim Partnerschaftsbonus gibt es Erleichterungen: Können die gesetzlichen Teilzeitvorgaben von 25 bis 30 Wochenstunden beim sogenannten ElterngeldPlus nicht eingehalten werden, da die tatsächliche Arbeitszeit pandemiebedingt abweicht, wird der Bonus trotzdem gewährt. Die Angaben, die auf dem Antrag seinerzeit gemacht wurden, behalten ihre Gültigkeit.
Während Mütter in stillgelegten Branchen ihrer Wunscharbeitszeit nicht nachgehen können, ist in systemrelevanten Branchen ein anderes Problem zutage getreten: Die frischgebackenen Eltern werden beispielsweise in den Pflegeberufen dringend gebraucht und vorzeitig in den Betrieb zurückgeholt. Können diese Eltern ihre ursprünglichen Planungen betrieblich bedingt nicht einhalten, kommen ebenfalls Ausnahmeregelungen zum Tragen. So wird das Elterngeld nicht gestrichen, wenn die erlaubten 30 Stunden Wochenarbeitszeit pro Monat beim ElterngeldPlus überschritten werden oder ein Elternteil ungeplant früher aus der Babypause in seinen systemrelevanten Beruf zurückkehren muss. Eine spätere Wiederaufnahme des Elterngeldes nach einer Unterbrechung ist in diesem Fall ausnahmsweise möglich.
Derzeit kann bis zu drei Monate nachträglich eine Änderung im Elterngeldantrag vorgenommen werden, wenn der Elterngeldbezieher in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Die normalerweise verfallenen Elterngeldmonate können in diesem Fall nach hinten verschoben werden. Und zwar nicht nur im Anschluss an die geplanten Elterngeldmonate, sondern auch auf die Zeit nach der Krise.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2021)
Das Finanzgericht Münster (FG) hat entschieden, dass Onlineklavierkurse nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Im Urteilsfall ging es um einen Pianisten, der Klavierkurse per Video zum Erlernen des freien Klavierspiels kreierte. Er bot dafür Videokurse mit eigenen Kompositionen auf seiner Homepage an. Zudem veranstaltete er Webinare und Onlinetastentraining in Form von Einzelunterricht. Der Pianist vertrat die Auffassung, dass er keine Massenware verkaufe, sondern Onlinekonzerte erbringe, da Hauptbestandteil seiner Videos die Wiedergabe der Eigenkompositionen sei. Er begehrte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für seine Umsätze. Das Finanzamt besteuerte die Umsätze hingegen mit dem Regelsteuersatz.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, dass der Pianist keine Darbietungen erbringe, die mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar seien und somit dem ermäßigten Steuersatz unterlägen. Seine Kurse enthielten zwar darbietende Elemente, die Unterhaltung eines Publikums stehe jedoch nicht im Vordergrund. Seine Kunden seien am eigenen Unterrichtserfolg interessiert und nicht am kulturellen Konsum. Zudem sei die Einräumung eines urheberrechtlichen Nutzungsrechts nicht Hauptbestandteil der Leistungen des Pianisten. Er habe zwar seinen Kunden auch Rechte übertragen, der Schwerpunkt seiner Leistungen liege jedoch in der Gewährung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Produkte zum Erlernen des Klavierspiels. Eine Aufteilung dieses Gesamtpakets komme nicht in Betracht.Information für: Freiberuflerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2021)
Wenn Immobilien des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist an- und wieder verkauft werden, muss der Wertzuwachs grundsätzlich als privater Veräußerungsgewinn versteuert werden. Die Spekulationsfrist berechnet sich ab dem Tag der Anschaffung der Immobilie. Wird eine Immobilie unentgeltlich erworben (z.B. durch Schenkung), ist für den Fristbeginn das Datum maßgeblich, an dem der Rechtsvorgänger (Schenker) das Objekt erworben hat. Der Rechtsnachfolger (Beschenkte) tritt mit dem Erwerb also in eine bereits laufende Spekulationsfrist ein.
Um einen Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist möglichst "steuerschonend" abzuwickeln, werden in der Praxis immer wieder verschiedene Gestaltungsmodelle umgesetzt, darunter die Schenkung von Immobilien an die Kinder kurz vor dem Weiterverkauf der Immobilien. Der Effekt: Statt dass der Schenker den anfallenden Veräußerungsgewinn komplett selbst versteuern muss, lagert er die Gewinne auf seine beschenkten Kinder aus, die jeweils nur ihren Anteil am Gewinn versteuern müssen und womöglich aufgrund ihrer (geringeren oder nichtvorhandenen) übrigen Einkünfte einem geringeren Steuerzugriff ausgesetzt sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass diese "Gewinnverlagerung" vom Finanzamt anerkannt werden muss und keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Mutter ihren beiden Kindern ein Grundstück (mit laufender Spekulationsfrist) geschenkt. Noch am selben Tag verkauften die Kinder das Grundstück weiter. Die Verkaufsverhandlungen mit dem Käufer hatte die Mutter geführt. Das zuständige Finanzamt nahm einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch an und setzte den entstandenen privaten Veräußerungsgewinn von 97.591 EUR in voller Höhe im Einkommensteuerbescheid der Mutter an.
Der BFH urteilte jedoch, dass der Gewinn den Kindern jeweils hälftig zuzurechnen war, da sie das Grundstück veräußert hatten und nicht die Mutter. Für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs war nach Gerichtsmeinung kein Raum, da im Einkommensteuergesetz für den hier vorliegenden Fall einer unentgeltlichen Übertragung bereits eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift existiert. Das Gesetz sieht vor, dass bei einem unentgeltlichen Erwerb die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (Schenker) maßgeblich ist. Der Rechtsnachfolger muss also in eine laufende Spekulationsfrist eintreten und beim Verkauf innerhalb dieser Frist einen Gewinn versteuern. Die Vorschrift bezweckt also, dass die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine Schenkung nicht umgangen werden kann.
Hinweis: Gestaltungen wie im Urteilsfall sind rechtlich zulässig und nach dem BFH-Urteil nun auch "gerichtsfest" durchsetzbar.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 11/2021)
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit können bis zu einer gesetzlich festgelegten Höhe lohnsteuerfrei an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn und für tatsächlich geleistete Arbeit in Zuschlagszeiten (z.B. in der Nacht) gezahlt werden.
Bereits in 2010 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zuschläge für geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie in einen durchschnittlich gezahlten Stundenlohn einfließen. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Betreiber einer Raststätte seinen Arbeitnehmern unabhängig von den übernommenen Arbeitsschichten einen festen durchschnittlichen Nettolohn pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde garantiert. Die Vergütungsvereinbarung sah einen festen Basisgrundlohn und eine variable Grundlohnergänzung vor. Ergab sich aufgrund der Schichteinteilung zunächst ein geringerer durchschnittlicher Auszahlungsbetrag pro Stunde als vereinbart, wurde der Basisgrundlohn um eine Grundlohnergänzung so weit aufgestockt, bis der festgelegte Auszahlungsbetrag pro geleisteter Arbeitsstunde erreicht war.
Der BFH entschied damals, dass die Zuschläge trotz eines gleichbleibenden Auszahlungsbetrags pro Stunde - wie gesetzlich gefordert - nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in Zuschlagszeiten berechnet wurden und somit steuerfrei sind. Selbst wenn der Grundlohn wie im Urteilsfall variabel ist, besteht nach Gerichtsmeinung die erforderliche Trennung zwischen Grundlohn und Zuschlägen fort, so dass die Steuerfreiheit für die Zuschläge erhalten bleibt.
Der BFH hat diese Rechtsprechung nun im Fall einer Sängerin bestätigt, die von ihrem Arbeitgeber eine Theaterbetriebszulage nach einem Manteltarifvertrag mit der Gewerkschaft ver.di erhalten hatte. Dieser tarifliche Zuschlag für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit war ihr steuerfrei ausgezahlt worden, soweit er auf tatsächliche Arbeitszeiten zu begünstigten Zuschlagszeiten entfiel. Der Grundlohn wurde ebenfalls in Abhängigkeit von der Höhe der "erarbeiteten" steuerfreien Zuschläge aufgestockt, um im Ergebnis einen bestimmten (tarif-)vertraglich vereinbarten Bruttolohn zu erreichen. Die Bundesrichter hielten an den Rechtsprechungsgrundsätzen aus 2010 fest und entschieden, dass die variable Grundlohnergänzung der Steuerfreiheit der Zuschläge nicht entgegenstand.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 01/2022)
Infolge der Corona-Pandemie waren oder sind viele Arbeitnehmer in Deutschland von Kurzarbeit betroffen. Das von ihnen bezogene Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, unterliegt aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das heißt, es erhöht den Steuersatz, der auf die übrigen Einkünfte entfällt. Aufgrund dieser steuerlichen Besonderheit rechnen viele Arbeitnehmer bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 2020 mit einer hohen Steuernachzahlung.
Die Hamburger Steuerverwaltung hat diese Bedenken nun entkräftet und ausgerechnet, dass Arbeitnehmer in Kurzarbeit keinesfalls regelhaft mit Steuernachforderungen ihres Finanzamts rechnen müssen, da die unterjährig einbehaltene Lohnsteuer in der Regel sogar höher als die später ermittelte Jahressteuerschuld ist. Es kommt also häufig sogar zu Steuererstattungen, da bei der Berechnung des Lohnsteuerabzugs unterstellt wird, dass der Arbeitnehmer im gesamten Kalenderjahr so viel verdient hat wie im jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum. Ist dies - wie bei der Kurzarbeit - nicht der Fall, wird ein zu hoher Lohnsteuerabzug vorgenommen, der im Einkommensteuerbescheid zu einer Steuererstattung führt. Der Progressionsvorbehalt führt dann lediglich dazu, dass sich dieser Erstattungsanspruch vermindert. Zu Steuernachzahlungen kann es nach den Berechnungen der Hamburger Steuerverwaltung dagegen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kommen.
Hinweis: Die Sorge vor einer drohenden Steuernachzahlung ist häufig unbegründet. Arbeitnehmer sollten aber beachten, dass sie für 2020 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, wenn sie in diesem Jahr ein Kurzarbeitergeld von mehr als 410 EUR bezogen haben (sog. Pflichtveranlagung).Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2021)
In manchen Bundesländern ist für Kinder der Besuch des Kindergartens grundsätzlich kostenfrei. In anderen Ländern müssen Eltern für die Betreuung ihrer Kinder Gebühren zahlen. Schön ist es, wenn einem der Arbeitgeber die Kindergartengebühren steuerfrei erstattet. Das ist nach dem Gesetz möglich. Aber können die Kindergartenbeiträge auch dann in der Einkommensteuererklärung als Betreuungskosten steuermindernd berücksichtigt werden? Mit dieser Frage hatte sich das Finanzgericht Köln (FG) zu befassen.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten und erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Streitjahr zahlten sie ca. 4.200 EUR Kindergartengebühren. Der Arbeitgeber des Ehemannes zahlte diesem in derselben Höhe steuerfreie Leistungen zur Unterbringung und Betreuung des Kindes. Die Kläger wollten im Rahmen der Einkommensteuererklärung zwei Drittel der Kindergartenbeiträge als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen. Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten jedoch nicht, da die Steuerpflichtigen nicht tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet waren. Denn sie hatten ja die die Arbeitgebererstattung erhalten. Die Kläger argumentierten jedoch, sie hätten keinen Ersatz der Aufwendungen erhalten, sondern steuerfreien Arbeitslohn.
Das FG wies die Klage ab. Das Finanzamt habe zu Recht keine Kinderbetreuungskosten berücksichtigt. Zur steuermindernden Berücksichtigung der Betreuungskosten sei die tatsächliche und endgültige wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen notwendig. Im Streitfall waren die Kläger jedoch nicht wirtschaftlich belastet, da ihnen letztlich keine Aufwendungen entstanden sind. Die Leistungen des Arbeitgebers waren zweckgebunden. Der Kläger hat die Geldleistungen in exakter Höhe der Kindergartengebühren erhalten. Auch wenn im Gesetz nichts hinsichtlich der Gegenrechnung von steuerfreien Arbeitgeberleistungen enthalten ist, sind diese dennoch zu berücksichtigen. Außerdem würde der von den Klägern geforderte Sonderausgabenabzug zu einer Ungleichbehandlung mit solchen Personen führen, deren Arbeitgeber die Kinderbetreuungsleistungen selbst, z.B. durch das Unterhalten eines Betriebskindergartens, erbringt.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2021)