Geerbte Familienheime: Erbschaftsteuerbefreiung erfordert keine "Blitz-Renovierung"

Wer mehrere Kinder hat und an sie Grundstücke übertragen möchte, hat im Prinzip zwei Möglichkeiten: entweder jedem Kind ein bestimmtes Grundstück zu übertragen oder die Grundstücke an alle Kinder zu gleichen Teilen zu übertragen. Wenn man sich für die zweite Variante entscheidet, kommt häufig irgendwann der Tag, an dem die Kinder die Grundstücksgemeinschaft auflösen und die Grundstücke untereinander aufteilen. Am Ende hat dann jeder sein eigenes Grundstück. Das Finanzgericht Nürnberg (FG) musste darüber entscheiden, ob in einem solchen Fall für den erhaltenen Anteil Grunderwerbsteuer zu zahlen ist oder nicht. Der Kläger und sein Bruder waren je zur Hälfte Miteigentümer von zwei Grundstücken, die ihnen von den Eltern unter Vorbehalt eines Nießbrauchs mit notariellen Verträgen übertragen worden waren. Die Übertragung erfolgte durch Schenkung. Im Jahr 2019 vereinbarten die Brüder dann, die Grundstücksgemeinschaft aufzulösen. Hierzu tauschen sie die Miteigentumsanteile so, dass der Kläger alleiniger Eigentümer von Grundstück 1 und der Bruder alleiniger Eigentümer von Grundstück 2 wurde. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an Grundstück 1 fest. Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Auch der Erwerb des Grundstücks durch Tauschvertrag unterliegt der Grunderwerbsteuer, da mit ihm der Anspruch des Klägers auf Übertragung des hälftigen Miteigentums am Grundstück 1 begründet wird. Die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerfreiheit nach dem Gesetz - nämlich dass es sich um Erwerbsvorgänge handelt, die der Schenkungsteuer unterliegen - sind nicht erfüllt. Denn eine Schenkung des Bruders an den Kläger liegt nicht vor. Die Übertragung des Miteigentumsanteils durch den Bruder erfolgte nicht freigebig, sondern zur Erfüllung der Tauschverpflichtung. Auch eine Befreiung für Verwandte in gerader Linie kommt nicht in Betracht, da die Brüder diese Voraussetzung nicht erfüllen. Eine Steuerbefreiung des Erwerbs, weil der Erwerb der jeweiligen Miteigentumsanteile zum Zweck der Nachlassteilung erfolgte, kommt ebenfalls nicht in Frage. Die Grundstücke befanden sich nicht mehr im Besitz der Eltern. Die Übertragung beruhte allein auf einem Tauschvertrag der Brüder und hatte mit den Eltern nichts zu tun. Es konnte zudem nicht nachgewiesen werden, dass die Auflösung der Grundstücksgemeinschaft auf den Willen der Eltern zurückging.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Grunderwerbsteuer(aus: Ausgabe 09/2021)
Eltern können ihren Kindern eine selbstbewohnte Immobilie (ein sogenanntes "Familienheim") erbschaftsteuerfrei vererben, sofern die Immobilie eine Wohnfläche von maximal 200 qm hat und die Kinder die Immobilie zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen. Diese Bestimmung muss "unverzüglich" und ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. Hinweis: Die 200-qm-Begrenzung gilt nur für die Größe der geerbten Wohneinheit. Wird diese nach dem Erbfall mit einer angrenzenden, bereits selbstgenutzten Wohneinheit verbunden, ist es unerheblich, ob die Gesamtwohnfläche diese Grenze anschließend übersteigt. Wie schnell die Selbstnutzung durch die Kinder erfolgen muss, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) untersucht. Im zugrundeliegenden Fall war ein Sohn der Alleinerbe seines 2013 verstorbenen Vaters. Er hatte eine von seinem Vater bis zu dessen Tod selbstbewohnte Doppelhaushälfte geerbt, die direkt an seine bereits selbstbewohnte Haushälfte angrenzte. Der Sohn führte umfassende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an der hinzuerworbenen Doppelhaushälfte durch. Aufgrund eines Feuchtigkeitsschadens zogen sich die Arbeiten über knapp drei Jahre hin. Im Zuge dessen verband der Sohn beide Haushälften zu einer großen Wohneinheit, die er im Anschluss komplett selbst nutzte. Das Finanzgericht Münster (FG) lehnte die Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheime ab und verwies darauf, dass keine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorgelegen habe. Der Sohn habe nicht alle technischen denkbaren Maßnahmen unternommen, um die geerbte Haushälfte schnell zu renovieren (z.B. durch den Einsatz von Trocknungsgeräten) Dem BFH waren die vom FG gesetzten Maßstäbe jedoch zu streng, so dass er das finanzgerichtliche Urteil aufhob und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwies. Für eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung muss es nach Auffassung des BFH bereits genügen, wenn der Erbe den Baufortschritt nach allgemeiner Verkehrsanschauung angemessen fördert. Er muss keinen unverhältnismäßigen Aufwand betreiben, um den Baufortschritt zu beschleunigen, sondern nur die zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um unangemessene Bauverzögerungen auszuschließen. Hinweis: Für die Steuerbefreiung von Familienheimen darf also nicht gefordert werden, dass der Erbe alle Register zieht, um die Renovierung schnellstmöglich abzuschließen. Es muss aber erkennbar sein, dass er bei den Arbeiten "am Ball" bleibt. Zur Beweisvorsorge kann es sinnvoll sein, zu diesem Zweck ein Bautagebuch zu führen. Aus diesem kann später abgeleitet werden, wann welche Arbeiten erfolgt sind und wann ein stockender Baufortschritt beispielsweise wegen Lieferengpässen oder Handwerkermangel nicht selbst zu vertreten war.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 02/2022)

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