Krankheits- und Pflegekosten: Vorläufigkeit in Steuerbescheiden zur zumutbaren Belastung entfällt

Ab welcher Höhe Krankheitskosten die Einkommensteuerlast mindern - in der deutschen Finanzgerichtsbarkeit ist das fast schon ein Dauerthema. Kürzlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) bekräftigt, dass der Abzug einer zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet und auch gilt, wenn Krankheitskosten von einer privaten Krankenversicherung aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts nicht erstattet werden. Geklagt hatte eine Familie, die ihre Krankheitskosten ungekürzt und in voller Höhe als außergewöhnliche Belastungen abziehen wollte. Der Hintergrund für Sie als Steuerzahler: Bevor sich außergewöhnliche Belastungen wie Krankheitskosten steuermindernd auswirken, muss von ihnen eine zumutbare Belastung abgezogen werden. Wie hoch dieser Eigenanteil ausfällt, richtet sich nach der Einkommenshöhe, dem Familienstand und der Anzahl der Kinder des Steuerbürgers. Das Einkommensteuergesetz sieht folgende Staffelung vor: Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr bis 15.340 EUR 15.341 EUR bis 51.130 EUR über 51.130 EUR zumutbare Belastung bei kinderlosen einzelveranlagten Steuerzahlern 5 % 6 % 7 % bei kinderlosen zusammenveranlagten Steuerzahlern 4 % 5 % 6 % bei Steuerzahlern mit ein bis zwei Kindern 2 % 3 % 4 % bei Steuerzahlern mit drei oder mehr Kindern 1 % 1 % 2 % Hinweis: Im gleichen Beschluss hat der BFH bestätigt, dass die Kosten für die Ernährung bei Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, da sie unter das gesetzliche Abzugsverbot für Diätverpflegung fallen.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2022)
Krankheits- und Pflegekosten müssen nach dem Einkommensteuergesetz um eine zumutbare Belastung gemindert werden, bevor sie sich steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen auswirken. Wie hoch dieser Eigenanteil des Steuerzahlers ausfällt, richtet sich nach dessen Einkommenshöhe, Familienstand und Anzahl der Kinder. Bislang ergingen Steuerbescheide vorläufig zu der Frage, ob von Krankheits- und Pflegekosten eine zumutbare Belastung abgezogen werden darf. Einsprüche gegen den Abzug einer zumutbaren Belastung waren von den Finanzämtern bisher ruhend gestellt worden. Hinweis: Hintergrund hierfür war, dass in den vergangenen Jahren immer wieder Musterverfahren zu der Frage geführt wurden, ob Krankheits- und Pflegekosten aus verfassungsrechtlichen Gründen vom Abzug einer zumutbaren Belastung ausgenommen werden müssten. Der Bundesfinanzhof hatte die Kürzung der Kosten aber immer wieder verteidigt, die dagegen erhobenen Verfassungsbeschwerden waren vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden. Nachdem mittlerweile die letzten Revisionsverfahren zur Thematik beendet sind und die geltende Gesetzeslage damit bestätigt worden ist, hat das Bundesministerium der Finanzen nun entschieden, Steuerbescheide nicht mehr länger vorläufig zur Frage des Abzugs einer zumutbaren Belastung bei Krankheits- und Pflegekosten zu erlassen. Bescheide bleiben in diesem Punkt also nicht länger verfahrensrechtlich "offen". Einspruchsverfahren zur Thematik werden von den Finanzämtern zudem nicht mehr ruhend gestellt. Nunmehr sind in Steuerbescheiden nur noch folgende Vorläufigkeiten hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonformen Auslegung enthalten: Höhe der kindbezogenen Freibeträge (ab 2001) Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung (ab 2005) Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste (ab 2009) Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 (ab 2005); für Zeiträume ab 2020 erfasst dieser Vorläufigkeitsvermerk auch die Frage, ob die fortgeltende Erhebung eines Solidaritätszuschlags nach Auslaufen des Solidarpakts II zum 31.12.2019 verfassungsgemäß ist. Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 06/2022)

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