Eine Frage an Luxemburg: Vorsteuerabzug einer Führungsholding möglicherweise auf der Kippe
Von einem Betriebsübergang spricht man, wenn der Inhaber eines Betriebs wechselt und ein neuer Rechtsträger den gesamten Betrieb oder einen Teil fortführt. Dabei müssen wesentliche Betriebsmittel auf den Erwerber übergehen, so dass dieser den Betrieb weiter fortführen kann, ohne noch große Änderungen oder Anpassungen vornehmen zu müssen. Es muss also alles gleich "startbereit" sein. Wann der neue Besitzer dann tatsächlich beginnt, hängt von ihm ab. Im folgenden Sachverhalt musste das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) darüber entscheiden, wann genau dieser Zeitpunkt ist, da ab diesem auch die Gewinnermittlung erfolgt.
Der Kläger pachtete ab dem 01.12.2017 von der bisherigen Betreiberin einen Imbiss mit dem gesamten Inventar. Den Imbiss eröffnete er am 02.01.2018 eröffnet. Vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 entstand dem Kläger durch den beabsichtigten Imbissbetrieb ein Verlust von ca. 15.500 EUR, wovon ca. 8.500 EUR auf im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 abgeflossene Aufwendungen entfielen. Diese Verluste machte der Kläger für Zwecke der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für 2017 geltend. Nach Ansicht des Finanzamts betrug der Gewinn aus Gewerbebetrieb in 2017 und damit auch der Gewerbesteuermessbetrag aber 0 EUR.
Die Klage vor dem FG war begründet. Das Finanzamt hatte den Gewerbesteuermessbetrag zu Unrecht in Höhe von 0 EUR festgesetzt und die ab dem 01.12.2017 entstandenen Verluste nicht berücksichtigt. Entscheidend für den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist, ab wann eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt. Dieser Zeitpunkt ist nicht generell definiert, sondern hängt vom Einzelfall ab. Im Streitfall betrieb der Kläger ab dem 01.12.2017 ein Gewerbe auf eigene Rechnung. Bis zum 30.11.2017 gab es keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Der Entwurf einer Speisekarte und eines Businessplans ist insofern unbeachtlich. Am 01.12.2017 wurde der gewerbliche Imbissbetrieb durch den Kläger neu gegründet. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen wurden an ihn verpachtet. Der Betrieb wurde durch die Verpächterin eingestellt und durch den Kläger als Pächter neu gegründet. Dass die Eröffnung erst zum 02.01.2018 erfolgte, ist unschädlich. Vielmehr ist von einer vorübergehenden Unterbrechung des am 01.12.2017 neugegründeten Gewerbebetriebs auszugehen, da der Kläger den Imbiss vor der Eröffnung renoviert und Anzeigen geschaltet hatte.Information für: Unternehmerzum Thema: Gewerbesteuer(aus: Ausgabe 03/2022)
Anfang 2021 hatte der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Frage zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding vorgelegt. Es sollte geklärt werden, ob eine geschäftsleitende Holding die Vorsteuern aus Eingangsleistungen abziehen kann, die als Gesellschafterbeitrag an eine nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Tochtergesellschaft weitergereicht werden. Derzeit liegen die Schlussanträge des Generalanwalts vor, in denen er sich gegen einen Vorsteuerabzug ausspricht.
Im Vorlagefall klagte eine geschäftsleitende Holding, die durch die Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen gegenüber ihren Tochtergesellschaften grundsätzlich zum Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen berechtigt war. Die Tochtergesellschaften erbrachten überwiegend steuerfreie Leistungen und hatten daher kein Vorsteuerabzugsrecht. Strittig war, ob die zwischengeschaltete Holding die Vorsteuern auch dann abziehen kann, wenn sie die Eingangsleistungen gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, die bezogenen Eingangsleistungen aber nicht in direktem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaft stehen.
Der Generalanwalt versagt nunmehr den Vorsteuerabzug. Sollte der EuGH zu einem anderen Ergebnis kommen, geht der Generalanwalt von einem Rechtsmissbrauch aus. Der Vorsteuerabzug stelle einen Steuervorteil dar, der den Bestimmungen der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie widerspreche.
Hinweis: Die Finanzverwaltung stellt den Vorsteuerabzug von Holdinggesellschaften häufig in Frage. Das Urteil des EuGH wird von entscheidender Bedeutung sein, da durch den Vorsteuerabzug ein erheblicher Steuervorteil erzielt wird.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2022)