Nachlassverbindlichkeit: Wie wird eine Vorfälligkeitsentschädigung nach dem Erbfall berücksichtigt?
Viele Menschen zieht es ins Ausland. Manche versuchen, dort ihr Glück zu finden. Und manche einfach eine niedrigere Besteuerung. Der deutsche Staat versucht durch Gesetze, eine solche Steuervermeidung zu erschweren. So kann Deutschland einen Steuerpflichtigen noch zehn Jahre nach seinem Wegzug besteuern (sogenannte erweiterte beschränkte Steuerpflicht). Eine Voraussetzung dafür ist, dass der Wegzug in ein niedriger besteuertes Gebiet erfolgte. So gibt es zum Beispiel in Großbritannien die sogenannte "remittance basis"-Besteuerung, die eine Besteuerung von ausländischen (nichtbritischen) Einkünften nur vorsieht, wenn diese in das britische Inland eingeführt werden (Vorzugsbesteuerung). Das Finanzgericht München (FG) musste nun darüber entscheiden, ob in Deutschland erzielte Kapitalerträge dieser Vorzugsbesteuerung unterliegen.
Geklagt hatte eine deutsche Staatsangehörige. Bis Ende 2000 lebte sie in Deutschland und zog dann nach London. Im Jahr 2006 erzielte sie Kapitalerträge, deren Schuldner weder Geschäftsleitung noch Sitz in Deutschland hatte. Das Finanzamt setzte diese Erträge bei der deutschen Einkommensteuerveranlagung an. Es ging davon aus, dass die Kapitalerträge der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterlägen und die Steuer in Großbritannien durch eine Vorzugsbesteuerung gemindert sei.
Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Die Begründung der Finanzrichter lautete: Die "remittance basis"-Besteuerung ist eine Vorzugsbesteuerung im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht, da die im Streitjahr geltenden britischen Einkommensteuervorschriften keine Besteuerung der Kapitaleinkünfte vorsahen. Der Steuerpflichtige muss die Anwendung der "remittance basis"-Besteuerung beantragen und zahlt zunächst keine Steuer für die nichttransferierten Einkünfte. Es erfolgt daher eine Besserstellung im Vergleich zur allgemeinen Besteuerung. Eine Vorzugsbesteuerung liegt vor, wenn die Besteuerung des Wegzüglers im ausländischen Gebiet aufgrund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert ist. Allerdings kann der deutsche Einkommensteuerbescheid im Nachhinein noch geändert werden, sollte die Klägerin die Einkünfte später nach Großbritannien transferieren und versteuern. Die Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht waren im Streitfall erfüllt. Auch steht das Doppelbesteuerungsabkommen einer Besteuerung in Deutschland nicht entgegen.
Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Nun muss der Bundesfinanzhof entscheiden.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2022)
Bei einem Erbfall kann es vorkommen, dass man neben Guthaben auch Schulden erbt. Letztere können unter bestimmten Bedingungen vom geerbten Vermögen abgezogen werden und so die Erbschaftsteuer mindern. Aber kann eigentlich jede Verbindlichkeit abgezogen werden, die im Zusammenhang mit dem Erbfall entstanden ist und dies gegebenenfalls sogar noch einige Zeit nach dem Erbanfall? Oder müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden? Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste darüber entscheiden, ob eine Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden kann.
Der Kläger ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters, mit dem er im Verhältnis 80 zu 20 an zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbRs) beteiligt war. In einem vor dem Erbfall geschlossenen Vertrag räumte eine der GbRs der B-Bank das unwiderrufliche Recht ein, ein Erbbaurecht zu einem bestimmten Preis zu erwerben. Nach dem Erbfall übte die B-Bank die Option aus. Der Kläger schloss daraufhin mit der Bank einen Kaufvertrag. Das Erbbaurecht war zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch lediglich mit Grundschulden zugunsten der B-Bank belastet. Der Kaufpreis war zugunsten der Grundschuldgläubigerin B-Bank und des Klägers zahlbar. Mit einem Schreiben an den Notar teilte die C-Bank, frühere Eigentümerin der B-Bank, die Höhe ihrer Forderung mit. Darin enthalten war eine Vorfälligkeitsentschädigung. Der Kläger reichte eine Erbschaftsteuererklärung ein und machte hierin die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 80 % als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das Finanzamt folgte dem jedoch nicht.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war unbegründet. Die anteilige Vorfälligkeitsentschädigung sei keine Nachlassverbindlichkeit, da es sich nicht um eine vom Erblasser herrührende Schuld handele. Die Verbindlichkeit war dem FG zufolge zum Zeitpunkt des Todes rechtlich noch nicht entstanden. Der Kläger sei nur in die Rechtsstellung seines Vaters hinsichtlich des vor dem Erbfall geschlossenen Optionsvertrags eingetreten. Ein Abzug als Nachlassregelungskosten sei auch nicht möglich. Darunter versteht man alle Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Es lägen auch keine Kosten im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs vor. Die vorzeitige Ablösung des Darlehens habe nämlich nicht dazu gedient, den Kläger in den Besitz des Nachlasses zu bringen.
Hinweis: Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 06/2022)