Verletzter Anspruch auf rechtliches Gehör: Überraschend fallengelassene Zeugenvernehmung begründet Verfahrensfehler

Verfahrensbeteiligte haben vor Gericht einen Anspruch auf rechtliches Gehör - das heißt, ihnen muss die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und ihre Rechtsansichten vorzutragen. Missachtet ein Finanzgericht (FG) diesen Grundsatz, liegt ein Verfahrensfehler vor, so dass der Bundesfinanzhof (BFH) das finanzgerichtliche Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen kann. Ein neuer BFH-Beschluss zeigt, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sein kann, wenn ein Gericht zunächst eine Zeugenvernehmung anordnet, dann jedoch später von der Vernehmung abrückt und die Klage abweist. Im zugrunde liegenden Fall hatte das FG Berlin-Brandenburg einen Zeugen zur mündlichen Verhandlung geladen, der jedoch zu dem Termin nicht erschienen war. Die Klägerseite beantragte in der Verhandlung daraufhin, den Zeugen erneut zur Verhandlung zu laden. Das FG überging diesen Antrag, führte die mündliche Verhandlung durch und wies die Klage ab - die Zeugenvernehmung fiel also komplett unter den Tisch. Der BFH hob die finanzgerichtliche Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das FG, so dass der Zeuge in einem zweiten Rechtsgang nun zu vernehmen ist. Die Bundesrichter sahen durch das Vorgehen des FG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, da es die Prozessbeteiligten vor Erlass des Urteils nicht darauf hingewiesen hatte, dass es von der Vernehmung des Zeugen absehen wollte. Hinweis: Durch einen Beweisbeschluss entsteht eine Verfahrenslage, auf welche die Beteiligten ihre Prozessführung einrichten dürfen. Sie können also grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht eher ergehen wird, bis der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt wird.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Der Bundestag hat am 19.05.2022 das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet. Zuvor hatte der Finanzausschuss im Bundestag den Regierungsentwurf noch an einigen Stellen geändert und ergänzt. Demnach sollen die Einkommensteuer-Erklärungsfristen für Steuerzahler, die einen Steuerberater hinzuziehen, wie folgt verlängert werden: Erklärungen für 2020: Abgabe bis 31.8.2022 Erklärungen für 2021: Abgabe bis 31.8.2023 Erklärungen für 2022: Abgabe bis 31.7.2024 Erklärungen für 2023: Abgabe bis 31.5.2025 Erklärungen für 2024: Abgabe bis 30.4.2026 Mit der Verlängerung der Erklärungsfristen soll vor allem auf die hohe Belastung bei den Steuerberatern Rücksicht genommen, die in der Corona-Krise viele zusätzliche Aufgaben übernommen haben, um zum Beispiel Hilfen und Kurzarbeitergeld für betroffene Unternehmen und Arbeitgeber zu beantragen. Mehrarbeit kommt auf die Beraterschaft auch wegen der zu erwartenden Ballung der Fristen bei den Grundsteuer-Feststellungserklärungen zu. Bei steuerlich nicht beratenen Fällen ergeben sich folgende Fristen zur Abgabe der Einkommensteuererklärung: Erklärungen für 2020: bis 31.10.2021 Erklärungen für 2021: bis 31.10.2022 Erklärungen für 2022: bis 30.9.2023 Erklärungen für 2023: bis 30.8.2024 Hinweis: Neben den Fristverlängerungen sieht das Gesetz unter anderem noch die Verlängerung der Homeoffice-Pauschale für 2022 vor. Zudem soll es einen steuerfreien Bonus für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Höhe von 4.500 EUR geben, den die Arbeitgeber an die Beschäftigten auszahlen können.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2022)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein aktuelles Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Parkraumbewirtschaftungsverträgen herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. Vorausgegangen war eine vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2022 getroffene Entscheidung. In einem dänischen Verfahren hatte er geurteilt, dass ein Unternehmen, das die Einhaltung der Nutzungsbedingungen auf privaten Parkplätzen kontrolliert, steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die Nutzer ausführt, soweit dort wegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen Kontrollgebühren erhoben werden. Die Kontrollgebühren sind nach Auffassung des EuGH als Gegenleistung für eine Dienstleistung und als integraler Bestandteil des Gesamtbetrags für die Parkdienstleistung anzusehen. Die Leistung werde von dem kontrollierenden Unternehmer nicht an den Inhaber des Parkplatzes, sondern direkt an den Parkplatznutzer ausgeführt. Diese Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung mit dem aktuellen Schreiben übernommen und einen neuen Absatz in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass eingefügt. Bislang wurde die Kontrollgebühr regelmäßig als nichtsteuerbarer Schadenersatz eingestuft. Zukünftig wird sich für Unternehmer, die aus unternehmerischen Gründen auf diesen Parkplätzen parken und gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, ein Vorsteuerabzug aus den Kontrollgebühren ergeben. Hinweis: Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Bis zum 15.12.2023 eingegangene Zahlungen können vom leistenden Unternehmer noch als echter Schadenersatz behandelt werden, ohne dass dies beanstandet wird.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 03/2024)

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