Bescheidbekanntgabe: Kann man einer Gesellschaft nach deren Ende noch Post senden?
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) hat zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Reitkursen für Kinder und Jugendliche sowie deren Beherbergung und Verköstigung auf Reiterhöfen entschieden.
Die Klägerin führte auf einem Reiterhof während der Schulferien Reitkurse für Kinder und Jugendliche durch und beherbergte und beköstigte die Teilnehmer. Die einwöchigen Ponykurse für die jüngeren Kursteilnehmer und die Klassenfahrten zielten auf das altersgerechte Erlernen des Umgangs mit Ponys ab. Von den Kursteilnehmern nahmen hier ca. 30 % bis 40 % an den Prüfungen für ein sogenanntes Motivationsabzeichen teil. Die Kurse der älteren Kursteilnehmer hingegen waren auf das Ablegen von Leistungsabzeichen ausgerichtet. Diese Leistungsabzeichen berechtigten zum Einstieg in den Turniersport.
Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur bescheinigte der Klägerin, dass sie durch den Reitunterricht an Klassen öffentlicher Schulen anlässlich von Klassenfahrten und Ponykursen Leistungen erbringt, die nach dem Umsatzsteuergesetz ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten.
Die Klägerin war der Ansicht, dass die von ihr mit den Reitkursen und der Beherbergung sowie Verköstigung erzielten Umsätze umsatzsteuerfrei seien. Der Reiterhof sei eine berufsbildende Einrichtung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, da der Reitunterricht auf die Vorbereitung einer späteren Berufsausübung ausgerichtet gewesen sei und so der Berufsausbildung gedient habe. Die Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen seien als steuerfreie Nebenleistungen anzusehen.
Das FG führte aus, dass die Reitkurse für Jugendliche und Kinder sowie deren Beherbergung und Verköstigung auf Reiterhöfen jeweils eigene, selbständige Leistungen darstellten, die für die umsatzsteuerliche Einordnung jeweils einzeln zu betrachten seien. Die Kurse könnten umsatzsteuerfrei sein, wenn sie darauf ausgerichtet seien, den Teilnehmern den unmittelbaren Berufseinstieg in den Turniersport zu ermöglichen. In diesem Fall erfolge die Aufnahme von Jugendlichen zu Ausbildungszwecken, so dass auch die auf die Beherbergung und Verköstigung entfallenden Umsätze umsatzsteuerfrei sein könnten. Der vorliegenden Bescheinigung des Ministeriums komme eine Indizwirkung dafür zu, dass die Kursangebote nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienten.
Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig, da die Reichweite der Umsatzsteuerbefreiung vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht abschließend geklärt ist.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2022)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 09.10.2023 ein Schreiben zu den Umsatzsteuervergünstigungen aufgrund des Ergänzungsabkommens zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere veröffentlicht. Bereits mit Schreiben vom 08.08.2017 hatte die Finanzverwaltung aufgelistet, was als NATO-Hauptquartier definiert wird. Mit Schreiben vom 08.02.2021 wurde das "Standing Joint Logistics Support Group Headquarters, Ulm" als NATO-Hauptquartier anerkannt und die Liste entsprechend vervollständigt. Weitere Aktualisierungen gab das BMF mit Schreiben vom 25.01.2022 sowie vom 28.04.2023 bekannt. Im aktuellen Schreiben vom 09.10.2023 wurde die Liste nun nochmals aktualisiert.
Im Zusammenhang mit NATO-Hauptquartieren sind umsatzsteuerliche Besonderheiten zu beachten. Geschäfte mit bestimmten NATO-Hauptquartieren in Europa können von der Umsatzsteuer befreit werden. Für die Gewährung der Umsatzsteuerbefreiung sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen.
NATO-Hauptquartiere können Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Hauptquartier ausführt, sowie Lieferungen und sonstige Leistungen an ein Hauptquartier unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreien. Dies ist im Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere geregelt. Das BMF weist darauf hin, dass die Voraussetzungen für diese Umsatzsteuerbefreiungen im Wesentlichen den Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut entsprechen.
Hinweis:Das aktuelle Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 25.01.2022 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 28.04.2023.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 01/2024)
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem neuen Merkblatt dargestellt, welche Besonderheiten bei der Wahl der Lohnsteuerklassen für das Jahr 2022 gelten. Diese nützlichen Aussagen richten sich an Ehegatten und Lebenspartner, die beide Arbeitslohn beziehen. Danach gilt:
Die Steuerklassenkombination III/V führt zu einem "optimalen" Lohnsteuereinbehalt, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte bzw. Lebenspartner ca. 60 % und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 % des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Bei dieser Steuerklassenkombination ist die Abgabe einer Einkommensteuererklärung allerdings generell verpflichtend.
Ehegatten bzw. Lebenspartner können auch das Faktorverfahren beantragen, bei dem das Finanzamt die Steuerklasse IV in Verbindung mit einem steuermindernden Multiplikator (dem Faktor) einträgt.
Hinweis: Die Eintragung eines Faktors bewirkt, dass die Lohnsteuerlast im Wesentlichen nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne auf die Partner verteilt wird. Dieses Verfahren ist für Ehepaare mit einem großen Gehaltsunterschied interessant. Die erdrückende Lohnsteuerlast in Steuerklasse V wird für den geringer verdienenden Partner vermieden, so dass er einen höheren Nettolohn erhält.
Ehegatten und Lebenspartner sollten beachten, dass sich ein Steuerklassenwechsel auch auf die Höhe von Entgelt- bzw. Lohnersatzleistungen auswirken kann (z.B. Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Elterngeld). Daher empfiehlt das BMF, sich vor einem Wechsel der Steuerklasse beim zuständigen Sozialleistungsträger bzw. Arbeitgeber über die Folgen zu informieren.
Wer seine Steuerklasse wechseln bzw. das Faktorverfahren beanspruchen will, muss sich hierfür an sein aktuelles Wohnsitzfinanzamt wenden.
Hinweis: Das Merkblatt des BMF enthält Tabellen mit gestaffelten Arbeitslöhnen, aus denen Ehegatten und Lebenspartner die für sie günstigste Steuerklassenkombination ablesen können.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2022)
So wie eine Gesellschaft gegründet werden kann, kann sie auch wieder aufgelöst werden. Die vollständige Beendigung der Gesellschaft ist dabei nur eine Möglichkeit. Eine weitere Möglichkeit ist die Zusammenführung mit einer anderen Gesellschaft, etwa durch Verschmelzung, Anwachsung oder Einbringung. Hierfür gibt es sowohl im Steuer- als auch im Gesellschaftsrecht genaue Regelungen, wie dies zu erfolgen hat. Aber was ist eigentlich, wenn sich nach der Beendigung der Gesellschaft noch steuerliche Konsequenzen ergeben? An wen sind diese zu adressieren? Das Finanzgericht München (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.
Die X-GmbH war Komplementärin einer KG, Z deren Kommanditist und zugleich alleiniger Geschäftsführer der X-GmbH. Mit notariellem Vertrag übertrug Z seine Kommanditbeteiligung und seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH auf die O-GmbH & Co. KG (O-KG). Die Komplementärin schied aus und die O-KG übernahm das Vermögen der KG durch Anwachsung zum 31.12.2016. Die KG wurde Anfang Januar 2017 im Handelsregister gelöscht. Am 30.01.2017 ging der notarielle Einbringungs- und Abtretungsvertrag beim Finanzamt ein. Im Jahr 2018 fand eine Außenprüfung für das Jahr 2013 statt, aufgrund derer ein geänderter Bescheid für die KG an Z erging.
Die Klage des Z vor dem FG ist begründet. Der Bescheid ist nichtig. Er war Z als Bevollmächtigtem zwar zugegangen, der Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids vom 26.01.2018 ist jedoch die KG. Der Bescheid richtet sich damit an ein nicht mehr existierendes Steuersubjekt. Die KG war bereits erloschen. Der Bescheid lässt sich auch nicht dahin gehend auslegen, dass er an die O-KG gerichtet war. Es fehlt an der Mehrdeutigkeit der Inhaltsadressatin.
Ist ein Verwaltungsakt an eine nicht mehr existente Person als Inhaltsadressat gerichtet, so kann er nicht wirksam werden. Dem Finanzamt war die Löschung der KG auch bekannt. Der Bekanntgabemangel konnte zwar dahin gehend geheilt werden, dass der Bescheid Z als Feststellungsbeteiligtem zuging. Der angefochtene Bescheid ist jedoch aufgrund des falschen Inhaltsadressaten nichtig.Information für: Unternehmerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2024)