Fristwahrung: Muss man für eine E-Mail eine Lesebestätigung anfordern?

Wenn Sie einen Bescheid vom Finanzamt erhalten und feststellen, dass dieser zu Ihren Ungunsten von der eingereichten Erklärung abweicht, können Sie Einspruch einlegen. Das muss innerhalb einer im Gesetz festgelegten Frist erfolgen. Wenn man diese Frist unverschuldet versäumt, kann man Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen. Das Finanzgericht Sachsen (FG) musste entscheiden, ob im Streitfall die Voraussetzungen hierfür gegeben waren. In diesem Fall setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 mit jeweiligen Bescheiden vom 08.08.2018 fest. Dabei wurden verschiedenste Werbungskosten nicht berücksichtigt. Per E-Mail vom 10.08.2018 beantragte der Prozessbevollmächtigte die schlichte Änderung der Bescheide. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag am 23.08.2018 ab. Der Prozessbevollmächtigte legte daraufhin am 30.08.2018 - ebenfalls per E-Mail - Einspruch ein. Am 31.05.2019 erfuhr er zufällig, dass dem Finanzamt gar kein Einspruch vorlag. Daher schickte er die bereits Ende August 2018 versendete E-Mail sogleich noch einmal an das Finanzamt. Dieses lehnte den Einspruch mit der Begründung ab, dass dieser erst am 31.05.2019 und damit verspätet eingegangen sei. Das FG entschied: Die Einspruchsfrist wurde tatsächlich versäumt, da der fristgerechte Eingang der E-Mail beim Finanzamt durch den Prozessbevollmächtigten nicht nachgewiesen werden konnte. Der Versand einer E-Mail beweist noch nicht, dass sie auch beim Empfänger eingegangen ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sie bei einem CC-Empfänger angekommen ist. Jedoch ist entgegen der Ansicht des Finanzamts die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Nachdem der Prozessbevollmächtigte erfahren hatte, dass der Einspruch dem Finanzamt nicht vorlag, sendete er diesem sogleich eine Kopie der fraglichen E-Mail. Da die versäumte Handlung hiermit bereits nachgeholt wurde, muss ein Wiedereinsetzungsantrag nicht explizit gestellt werden. Das Wiedereinsetzungsgesuch wurde auch ausreichend begründet. Es liegt auch, entgegen der Ansicht des Finanzamts, kein Verschulden vor, nur weil keine Lesebestätigung angefordert wurde. Wenn diese notwendig wäre, würden an einen Einspruch per E-Mail höhere Anforderungen gestellt als an ein Versenden per Post oder Fax.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 12/2023)
Wie schnell wird in den Amtsstuben deutscher Finanzämter gearbeitet? Dieser Frage geht der Bund der Steuerzahler (BdSt) regelmäßig in seinem Tempo-Check nach. Für die neue statistische Auswertung hat der BdSt diesmal alle Steuererklärungen für das Jahr 2021 in den Blick genommen, die bis zum 31.12.2022 eingereicht worden waren. Dabei fällt auf: In allen Bundesländern hat sich die Bearbeitungszeit im Vergleich zum Vorjahr verlängert. Nach wie vor wird in Berlin am schnellsten gearbeitet, das Bundesland belegte zum sechsten Mal in Folge den Spitzenplatz. Im Schnitt muss man hier 40 Tage auf seinen Steuerbescheid warten (allerdings auch sieben Tage länger als im Vorjahr). Mit 40,1 Tagen sicherte sich Hamburg erneut den zweiten Platz. Die meiste Geduld mussten Bürger in Bremen aufbringen. Dort brauchte es von der Abgabe der Einkommensteuererklärung bis zum fertigen Steuerbescheid im Durchschnitt rund 62 Tage. Zum Vergleich: Beim Vorjahres-Check (für das Steuerjahr 2020) war Brandenburg mit einer Bearbeitungszeit von "nur" 48 Tagen schon das Schlusslicht. Nun liegen sogar neun Bundesländer bei mehr als 48 Tagen Bearbeitungszeit. Keine konkreten Zahlen waren erneut aus Nordrhein-Westfalen zu erfahren. Das Land teilte nur mit, dass es "zwischen zwei Wochen und sechs Monaten" brauche, um Steuererklärungen zu bearbeiten. Hinweis: Im Schnitt wurden in den Bundesländern zwischen 13 % und 22 % der Einkommensteuererklärungen automatisch von den Rechnern der Finanzverwaltung erledigt (sogenannte Autofall-Quote). Die deutlichste Verbesserung bei der automatisierten Fallfreigabe wiesen Bayern und Berlin auf: Beide Länder steigerten ihre Quote um jeweils knapp sechs Prozentpunkte. Wird eine Erklärung automatisch bearbeitet, erhalten die Steuerzahler ihre Bescheide schon nach zehn bis 14 Tagen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 06/2023)
Wird eine Ehe geschieden, werden die während der Ehe erworbenen Rentenanrechte der Ex-Partner per Versorgungsausgleich hälftig geteilt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun dargestellt, welche einkommensteuerlichen Folgen sich aus dem Versorgungsausgleich für die Ehepartner ergeben: Ausgleichsleistungen: Ehegatten haben die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise auszuschließen. Die zum Ausgleich berechtigte Person kann dabei eine zweckgebundene Abfindung für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht (somit einen schuldrechtlichen Anspruch) von der zum Ausgleich verpflichteten Person verlangen. Das BMF weist darauf hin, dass der zum Ausgleich verpflichtete Partner seine Leistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs seit 2015 als Sonderausgaben abziehen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass der Empfänger dem Sonderausgabenabzug zustimmt. Die Ausgleichsleistung muss vom Empfänger spiegelbildlich als sonstige Einkünfte versteuert werden. Gesetzlicher Versorgungsausgleich: In den Wertausgleich nach einer Scheidung müssen alle Anrechte einbezogen werden, es sei denn, die Ehegatten haben eine davon abweichende wirksame Vereinbarung über den Versorgungsausgleich getroffen oder die Anrechte sind noch nicht ausgleichsreif. Nicht ausgleichsreif sind insbesondere Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung, die noch verfallbar sind. Vorrangig wird dabei stets die sogenannte interne Teilung vorgenommen, bei der jedes einzelne Versorgungsanrecht innerhalb des Versorgungssystems für sich gesehen und geteilt wird. Das Familiengericht betrachtet dabei den einzelnen Versorgungsträger, bei dem ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht. Gegenüber diesem Träger wird der ausgleichsberechtigten Person dann ein eigenes Anrecht verschafft, indem diese ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person erhält. Die Übertragung der Anrechte ist steuerfrei. Die "abgespaltenen" Leistungen können beim ausgleichspflichtigen Partner nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Schuldrechtliche Ausgleichszahlungen: Vereinbaren Ehegatten per Ehevertrag oder gerichtlicher Vereinbarung, dass sie sich ganz oder teilweise Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten, erfolgt der Versorgungsausgleich später durch schuldrechtliche Ausgleichszahlungen. Der zum Ausgleich berechtigte Partner kann vom anderen den Ausgleichswert in Form einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente verlangen, wenn ein Anrecht bei der Scheidung noch nicht ausgleichsreif ist. Dem zum Ausgleich verpflichteten Partner fließen die Mittel zur Finanzierung des schuldrechtlichen Ausgleichs zunächst in voller Höhe steuerlich zu, da nur er gegenüber seinem Versorgungsträger ein eigenes Anrecht auf Versorgung hat. Er muss die bezogenen Leistungen somit als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen oder als sonstige Einkünfte versteuern (je nach Fallkonstellation). Die Zahlungen an den zum Ausgleich berechtigten Partner kann der ausgleichspflichtige Partner sodann aber als Sonderausgaben abziehen. Der Empfänger muss die bezogenen Ausgleichszahlungen spiegelbildlich als sonstige Einkünfte versteuern. Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2023)
Rentner sind zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn der Gesamtbetrag ihrer (steuerpflichtigen) Einkünfte über dem Grundfreibetrag liegt. Dieser beläuft sich im Veranlagungszeitraum 2022 auf 10.347 EUR (bei Zusammenveranlagung: 20.694 EUR). Zu beachten ist jedoch, dass gesetzliche Renten nur mit ihrem prozentualen Besteuerungsanteil in die steuerpflichtigen Einkünfte einfließen. Während bei Rentenbeginn bis 2005 noch ein festgeschriebener Besteuerungsanteil von 50 % fortgeführt werden kann, müssen Rentner mit Renteneintritt 2022 bereits 82 % ihrer Rente versteuern. Bei Renteneintritt im Jahr 2040 steigt dieser Anteil schließlich sogar auf 100 % (Vollversteuerung). Wer als Bestandsrentner bislang nicht abgabe- bzw. steuerpflichtig ist, kann dies durch die jährlich erfolgenden Rentenerhöhungen werden, denn diese sind zu 100 % steuerpflichtig. Die jährliche Anhebung des Grundfreibetrags kompensiert diesen Effekt jedoch ganz oder teilweise wieder. Hinweis: Wollen Rentner prüfen, ob sie zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, müssen sie ihre gesamten steuerpflichtigen Einkünfte zusammenrechnen - neben dem steuerpflichtigen Teil der Rente sind daher beispielsweise auch etwaige andere Alterseinkünfte (z.B. Pensionen) sowie Kapital-, Lohn- und Vermietungseinkünfte einzubeziehen. Da die Berechnung komplex ist, empfiehlt sich die Hinzuziehung eines steuerlichen Beraters. Anhand der nachfolgenden Tabelle können Rentner ablesen, bis zu welchem Betrag ihre Rente steuerfrei bleibt. Die Berechnung gilt für Rentner, die ausschließlich Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Maßgeblich ist ihre Bruttorente (vor Abzug der Kranken- und Pflegeversicherung). Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner gelten jeweils die doppelten Werte. Rentenbeginn Rentengebiet West Rentengebiet Ost Jahresrente1 Monatsrente2 Jahresrente1 Monatsrente2 2005 19.460 1.622 18.111 1.515 2006 18.925 1.577 17.693 1.480 2007 18.485 1.540 17.343 1.450 2008 18.163 1.514 17.131 1.433 2009 17.778 1.481 16.860 1.410 2010 17.331 1.444 16.493 1.379 2011 16.998 1.417 16.222 1.357 2012 16.634 1.386 16.027 1.340 2013 16.258 1.355 15.831 1.324 2014 15.954 1.329 15.596 1.304 2015 15.729 1.311 15.454 1.292 2016 15.483 1.290 15.320 1.281 2017 15.198 1.266 15.095 1.262 2018 14.937 1.245 14.864 1.243 2019 14.669 1.222 14.635 1.224 2020 14.322 1.193 14.322 1.198 2021 14.117 1.176 14.117 1.181 Alle Werte in EUR. Bei der Einkommensberechnung wurden 3,05 % Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung und 7,95 % zur gesetzlichen Krankenversicherung (inkl. durchschnittlicher Zusatzbeitrag) berücksichtigt. 1Bruttorente 2021 2Monatsrente zweites Halbjahr 2021 Hinweis: Wer die genannten Beträge mit seiner Rente überschreitet und bislang keine Einkommensteuererklärungen abgegeben hat, sollte von seinem steuerlichen Berater prüfen lassen, ob eine solche nicht nur für das Steuerjahr 2021, sondern auch für die Vorjahre einzureichen ist.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2022)
Kennen Sie die Dreitagesfiktion? Dies ist ein verfahrensrechtliches Konstrukt der Finanzverwaltung, wonach ein Schreiben am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als Ihnen zugegangen gilt. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass Sie Ihren Brief nach drei Tagen in Händen halten. Und ab dann beginnen die relevanten Fristen zu laufen. Sollte es also einmal mehr als drei Tage dauern und man die Fristen nicht einhalten können, dann ist es gut, wenn man dem Finanzamt nachweisen kann, dass die Zustellung erst später erfolgte. In einem Fall vor dem Finanzgericht Münster (FG) wurde der Kläger zur Einkommensteuer für das Jahr 2020 veranlagt. Bei der Veranlagung wurde ein Teil der Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit vom Finanzamt nicht berücksichtigt. Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein. Das Finanzamt sandte die abschlägige Einspruchsentscheidung vom 28.01.2022 (Freitag) als einfachen Brief an den Prozessbevollmächtigten des Klägers. Dieser erhob gegen die Einspruchsentscheidung Klage, welche am 03.03.2022 beim Gericht einging. Die Einspruchsentscheidung sei erst am 03.02.2022 (Donnerstag) zugestellt worden. Der Postdienstleister gab an, dass an Samstagen an der Kanzleianschrift des Prozessbevollmächtigten keine Post zugestellt wird. Die Klage vor dem FG war unzulässig. Sie wurde eindeutig zu spät erhoben. Nach der gesetzlichen Bekanntgabefiktion sei die Einspruchsentscheidung bereits am 31.01.2022 (Montag) bekanntgegeben worden und die Frist habe zu laufen begonnen. Nach Ansicht des Senats kann davon ausgegangen werden, dass die Einspruchsentscheidung am 28.01.2022 zur Post aufgegeben wurde. Dies gehe aus dem dargelegten Organisationsablauf des Finanzamts hervor. Der vom Kläger angegebene abweichende Eingangsvermerk begründe keine berechtigten Zweifel an der gesetzlichen Bekanntgabefiktion. Es sei nicht bekannt, durch welchen Kanzleimitarbeiter der Stempel aufgebracht worden sei. Auch die vom Kläger behauptete generelle Unzuverlässigkeit des Postdienstleisters war nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben. Dieser wies eine Zustellquote von 95,5 % für den Zeitraum zwischen dem Einlieferungstag und dem zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag auf. Letztlich wurde die Dreitagesfiktion in diesem Fall nicht entkräftet.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 09/2023)

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