Emissionszertifikate: Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Übertragung von Emissionszertifikaten herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst.
Mit Wirkung zum 01.01.2023 wurde durch das Achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen § 13b Abs. 2 Nr. 6 Umsatzsteuergesetz (UStG) neu gefasst. Die bereits bestehende Vorschrift zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wurde auf die Übertragung von Emissionszertifikaten nach § 3 Nr. 2 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) ausgeweitet.
Bei nach dem 31.12.2022 ausgeführten Übertragungen von solchen Emissionszertifikaten an Unternehmer wird demnach der Leistungsempfänger Steuerschuldner. Die Übertragung von Gas- und Elektrizitätszertifikaten ist eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG.
Das BMF legt in seinem aktuellen Schreiben folgende umfangreiche Anwendungsregelungen dar und erläutert diese anhand von Beispielen:
Schlussrechnung über nach dem 31.12.2022 erbrachte Leistungen bei Abschlagszahlungen vor dem 01.01.2023
Berichtigung einer vor dem 01.01.2023 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem 31.12.2022 erfolgt
Abrechnungen nach dem 31.12.2022 über Leistungen, die vor dem 01.01.2023 erbracht worden sind
Berichtigung nach dem 31.12.2022 einer vor dem 01.01.2023 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2023)
Vom Bayerischen Landesamt für Steuern (BayLfSt) kommt erneut eine Verfügung zur Behandlung der Umsätze im Rahmen der Selbstnutzung und Verpachtung von Jagdbezirken. Es ergänzt damit seine Verfügung vom 27.12.2022 um zusätzliche Hinweise zur Behandlung der Jagdgenossen.
Bereits in der letzten Verfügung wurde klargestellt, dass die Eigentümer der als Jagdbezirke genutzten Flächen kraft Gesetzes Jagdgenossenschaften bilden. Die Eigentümer dieser Flächen sind Mitglieder der Jagdgenossenschaft.
Das BayLfSt präzisiert nun, dass auch juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts Zwangsmitglieder der Jagdgenossenschaften sind. Die Überlassung der Flächen an die Jagdgenossenschaft erfolgt in der Regel im Rahmen eines nichtsteuerbaren Gesellschafterbeitrags. Erhalten die Jagdgenossen Ausschüttungen, die häufig als Jagdschilling bezeichnet werden, so unterliegen diese nicht der Umsatzsteuer.
Die übrigen Erläuterungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Nutzung von Gemeinschaftsjagdrevieren durch Jagdgenossenschaften sowie Ausführungen zur Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand wurden unverändert übernommen.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2023)
Die freiwillige Weiterzahlung von Mitgliedsbeiträgen an ein pandemiebedingt vorübergehend geschlossenes Fitnessstudio ist als umsatzsteuerliches Entgelt einzuordnen. Das hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) entschieden.
Vor dem FG klagte eine Fitnessstudiobetreiberin, die die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnete (Ist-Versteuerung). Sie schloss mit ihren Kunden Verträge über befristete Mitgliedschaften ab (zwölf oder 24 Monate). Die Verträge konnten mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der jeweils vereinbarten Laufzeit gekündigt werden. Pandemiebedingt musste die Klägerin ihr Fitnessstudio vom 17.03.2020 bis zum 17.05.2020 schließen. Daraufhin bot sie den Kunden alternativ Gratismonate, eine Telefonhotline oder Trainingspläne für zu Hause an (Ersatzleistungen). Die Kunden zahlten die Mitgliedsbeiträge weiter.
Strittig war, ob diese während der pandemiebedingten Schließzeit weitergezahlten Mitgliedsbeiträge als steuerfreie Spende oder umsatzsteuerpflichtiges Entgelt zu behandeln sind. Das FG urteilte, dass hier ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt vorliege. Die Weiterzahlung der Beiträge stehe in einem umsatzsteuerlich relevanten Zusammenhang mit den im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen. Dies umfasse einerseits die bereits vor der Schließung bezogenen Leistungen und andererseits die während der Schließzeit erbrachten Ersatzleistungen.
Der Monatsbeitrag, den die Mitglieder des Fitnessstudios leisteten, stelle damit ein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes dar, obwohl das Fitnessstudio in dem fraglichen Monat aufgrund einer behördlichen Anordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie geschlossen ("Lockdown") und somit von seiner vertraglich geschuldeten Primärleistung befreit gewesen sei. Die somit freiwillig erbrachten Beiträge stellten keinen - nichtsteuerbaren - echten Zuschuss dar.
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof anhängig.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 07/2023)
Wenn Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte haben, sie jedoch auf Weisung ihres Arbeitgebers arbeitstäglich einen sogenannten Sammelpunkt anfahren sollen, dürfen sie die Fahrten dorthin nur mit der Entfernungspauschale abziehen - anstatt nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 EUR pro tatsächlich gefahrenem Kilometer. Klassischer Anwendungsfall sind Fahrten zu einem Busdepot oder zu einem Fährhafen. Im Ergebnis lässt sich arbeitstäglich also nur die einfache Wegstrecke absetzen anstatt die Hin- und Rückfahrt. Diese Regelung gilt auch, wenn der Arbeitnehmer arbeitstäglich auf Weisung seines Arbeitgebers ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet aufsuchen soll (z.B. ein Hafen- oder Forstgebiet).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun jedoch einschränkend entschieden, dass der beschränkte Fahrtkostenabzug für weiträumige Tätigkeitsgebiete nicht gilt, wenn ein Arbeitnehmer auf einem Hafengelände in mehreren ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von Kunden seines Arbeitgebers tätig wird.
Geklagt hatte ein Hafenarbeiter, der von seinem Arbeitgeber im Jahr 2015 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Einzelbetrieben im Hamburger Hafen eingesetzt worden war. Das Finanzamt hatte das Hafengebiet steuerlich als weiträumiges Tätigkeitsgebiet eingestuft und die arbeitstäglichen Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale anerkannt.
Der BFH gestand dem Hafenarbeiter für die Fahrten jedoch den doppelt so hohen Reisekostenabzug zu und erklärte, dass ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet steuerlich nur anzunehmen sei, wenn
der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche auszuüben hat und
er nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig wird.
Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, denn der Arbeitnehmer hatte sich auf tagesaktuelle Weisung in wechselnden ortsfesten betrieblichen Einrichtungen von Kunden seines Arbeitgebers einzufinden. Unerheblich war für den BFH, dass sich alle Einsatzorte auf dem Gebiet des Hamburger Hafens befanden.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2023)
Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat zum Vorsteuerabzug bei einem Durchschnittssatzversteuerer entschieden. Danach kann ein Durchschnittsatzversteuerer, der Eingangsleistungen unter Geltung der Durchschnittssatzbesteuerung bezieht, trotz § 24 Abs. 1 Satz 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) die Vorsteuer geltend machen, wenn er die bezogenen Leistungen für Umsätze verwenden will, die wegen der Einführung der Umsatzgrenze von 600.000 EUR der Regelbesteuerung unterliegen werden.
Streitig war, ob die Klägerin, die bis einschließlich 2021 ihre Umsätze aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb nach Durchschnittssätzen versteuerte, Vorsteuer aus Eingangsrechnungen abziehen kann, deren Aufwendungen zwar im Jahr 2021 entstanden sind, jedoch erst für Umsätze im Jahr 2022 verwendet werden sollen, zumal sie im Jahr 2022 wegen des Überschreitens der Umsatzgrenze von 600.000 EUR zwingend zur Regelbesteuerung übergehen muss.
Das FG führte aus, dass der Klägerin für die im Jahr 2021 getätigten Aufwendungen unstreitig nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ein Vorsteuerabzug zusteht. Hinsichtlich der Vorsteuerbeträge, die sich auf die Aufzuchtaufwendungen beziehen und die zu Umsätzen erst ab dem Jahr 2022 führen sollen, steht dem Vorsteuerabzug der Ausschlusstatbestand des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht entgegen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist § 24 UStG richtlinienkonform auszulegen. Das FG geht davon aus, dass folgende BFH-Rechtsprechung auf den Streitfall übertragbar ist: Einem Unternehmer, der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs umsatzsteuerpflichtige Leistungen beziehe, sei ein Vorsteuerabzug zu gewähren, wenn er im Moment des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht habe, die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs beabsichtigten Verwendungsumsätze der Regelbesteuerung zu unterwerfen.
Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 09/2022)