Grünes Licht: EuGH entscheidet zur Differenzbesteuerung für Gebrauchtwagen
In einem belgischen Vorabentscheidungsersuchen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur Anwendung der Differenzbesteuerung beim Verkauf von Gebrauchtgegenständen entschieden. Demnach können endgültig stillgelegte Kfz, die "zum Ausschlachten" verkauft werden sollen, ohne dass die verwertbaren Teile aus den Fahrzeugen entnommen wurden, Gebrauchtgegenstände darstellen. Voraussetzung ist, dass sie noch Bestandteile enthalten, die die Funktionen behalten haben, die sie im Neuzustand hatten - und wenn außerdem feststeht, dass die Fahrzeuge aufgrund einer solchen Wiederverwendung der Teile in ihrem Wirtschaftszyklus geblieben sind.
Im Besprechungsfall hatte ein belgischer Unternehmer Fahrzeuge mit Totalschaden von Versicherungsnehmen erworben und sie als Autowracks oder "zum Ausschlachten" an Dritte weiterverkauft. Die Rechnungen enthielten den Hinweis "zum Ausschlachten verkaufte Fahrzeuge". Die belgische Steuerbehörde versagte für diese Umsätze die Anwendung der Differenzbesteuerung. Dagegen wehrte sich der Unternehmer.
Der EuGH legt die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) dahin gehend aus, dass endgültig stillgelegte Fahrzeuge, die ein Unternehmen erworben hat und die zum Ausschlachten verkauft werden sollen, ohne dass die verwertbaren Teile aus den Fahrzeugen entnommen wurden, Gebrauchtgegenstände darstellen. Dabei ist zu beachten, dass sie zum einen noch Teile enthalten, die die Funktionen behalten haben, die sie im Neuzustand hatten. Zum anderen muss feststehen, dass diese Fahrzeuge aufgrund einer solchen Wiederverwendung der Teile in ihrem Wirtschaftszyklus geblieben sind.
Zudem stellte der EuGH fest, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht zwangsläufig eine Identität zwischen dem angekauften und dem verkauften Gegenstand voraussetzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von einem Wiederverkäufer erworbenen Fahrzeuge endgültig stillgelegt sind und daher nicht wiederverkauft werden können, um in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung wiederverwendet zu werden. Für die Prüfung, ob ein Gebrauchtgegenstand vorliegt, sind nur die Bestandteile des Fahrzeugs zu berücksichtigen, die im Rahmen eines Wiederverkaufs durch den steuerpflichtigen Wiederverkäufer an andere Personen erneut verwendbar sind.
Hinweis: Für Gebrauchtgegenstände können Steuerpflichtige unter den in der MwStSystRL genannten Voraussetzungen von der Differenzbesteuerung Gebrauch machen. Steuerpflichtig ist die Handelsspanne des steuerpflichtigen Wiederverkäufers.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2023)
Rein platzierungsabhängige Preisgelder, die ein Turnierveranstalter den Teilnehmern zahlt, sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung. Das hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2016 entschieden. In einem Vorabentscheidungsersuchen wollte der Bundesfinanzhof (BFH) wissen, ob das auch für Preisgelder gilt, die originär Pferdeeigentümern zustehen, die diese aber vereinbarungsgemäß teilweise dem Reitstallbetreiber für die Unterbringung, Pflege und Ausbildung der Pferde und deren Einsatz bei Turnieren weiterleiten. In diesem Fall liege eine Dienstleistung gegen Entgelt vor, so entschied der EuGH in einem aktuellen Urteil.
Der Kläger, ein professioneller Reiter, betrieb von 2007 bis 2012 einen Ausbildungsstall für Turnierpferde. Die Eigentümer überließen ihm ihre Pferde und trugen die Kosten für den Unterhalt, die Turnierteilnahme, den Transport, den Hufschmied und den Tierarzt. Der Kläger übernahm die Kosten für die Unterstellung, Pflege und Ausbildung der Tiere und setzte diese auf Turnieren im In- und Ausland ein. Seine eigenen Spesen trug er selbst. Zusätzlich wurde vertraglich vereinbart, dass er von den Eigentümern jeweils die Hälfte der (grundsätzlich allein ihnen zustehenden) Sach- und Geldpreise erhalten sollte.
Das Finanzamt besteuerte die Turniererlöse mit fremden Pferden mit dem Regelsteuersatz. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der BFH fragte aber beim EuGH an, ob die Preisgelder als Entgelt zu werten sein könnten. Das bejahte der EuGH in diesem Fall. Es liege eine einheitliche Leistung vor, die sich aus Pflege, Unterbringung und Turnierteilnahme zusammensetze. Gehe man davon aus, dass die von den Eigentümern zu zahlenden Auslagen lediglich die Kosten des Stalls decken sollten, liege keine Gegenleistung vor. Die anteiligen Gewinne könnten aber ein Entgelt darstellen. Die Abtretung zukünftiger Preisgelder sei fest vereinbart worden. Die Ungewissheit, ob in einem Turnier ein so gutes Ergebnis erzielt werde, um eine Ausschüttung zu erhalten, stelle dabei die vertragliche Vereinbarung nicht in Frage. Für den Reiter sei vorhersehbar gewesen, welcher Betrag ihm bei einem Turnier - abhängig von der Platzierung - zugestanden hätte.
Hinweis: Der EuGH grenzt explizit zu seinem Urteil aus 2016 ab. Danach lag eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung aufgrund der Pferdeüberlassung durch seinen Eigentümer an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Turnierteilnahme vor. Es wurde weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt und nur die Eigentümer der Pferde erhielten mit einer erfolgreichen Platzierung im Rennen ein Preisgeld.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2023)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur Steuerbefreiung für Umsätze aus der Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen und der Verpflegung von Mitarbeitern herausgegeben.
Viele Patienten wünschen sich gerade bei längeren Krankenhausaufenthalten, dass ihre Angehörigen in der Nähe sind. Auch wenn die Unterbringung von Begleitpersonen direkt im Krankenhaus den Heilungserfolg verbessern mag, ist sie deshalb noch lange nicht von der Umsatzsteuer befreit. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits im Jahr 2015 zu dieser Thematik geurteilt. Er hatte konkret entschieden, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt sowie an ihre Mitarbeiter entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt, insoweit unternehmerisch tätig ist. Im Ergebnis führt diese Körperschaft umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus, wenn die genannten Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.
Im aktuellen Schreiben nimmt das BMF auf die Rechtsprechung des BFH Bezug und passt in diesem Zusammenhang den Umsatzsteuer-Anwendungserlass an.
Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 07/2023)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sogenannten Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe und sogenannten Vermarktungsgebühren von Erzeugerorganisationen im Bereich Obst und Gemüse herausgegeben. Vorkosten fallen regelmäßig in Zusammenhang mit Schlachtviehlieferungen an. Dazu zählen üblicherweise die Transportkosten sowie die Erfassungskosten, Versicherungskosten und Wiegekosten für die Tiere. In der Regel holt der Schlachthofbetreiber das Schlachtvieh beim Landwirt ab und rechnet mit diesem per Gutschrift ab. Die durch den Schlachthofbetreiber erbrachten Vorkosten werden dabei gesondert in Rechnung gestellt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte am 11.10.2022 entschieden, dass Vorkosten, die pauschal erhoben und ohne gesonderte Vereinbarung einer weiteren Leistung dem Landwirt in Rechnung gestellt werden, keine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung darstellen. Vorkosten führen auch nicht zu einem umsatzsteuerpflichtigen tauschähnlichen Umsatz.
In einem weiteren Beschluss vom 13.09.2022 hatte der BFH zu einer Erzeugergenossenschaft, die Lebensmittel von ihren Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Erzeuger ankauft und diese Lebensmittel in eigenem Namen und auf eigene Rechnung an Abnehmer weiterliefert, entschieden: Zieht die Erzeugergenossenschaft von dem an die Erzeuger zu zahlenden Kaufpreis sogenannte Marktgebühren ab, sind diese nicht als Entgelt für eine Vermarktungsleistung einzustufen. Das BMF hat diesen Fall in seinem aktuellen Schreiben aufgegriffen und in diesem Zusammenhang den Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst.
Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Bis zur Veröffentlichung dieses Schreibens wird es nicht beanstandet, wenn die Weiterberechnung der Vorkosten abweichend vom Umsatzsteuer-Anwendungserlass behandelt worden ist.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 09/2023)
Miet- und Pachtzinsen, die ein Gewerbebetrieb für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zahlt und in seiner steuerlichen Gewinnermittlung absetzt, müssen bei der Berechnung seines gewerbesteuerlich maßgeblichen Gewerbeertrags (Steuerbemessungsgrundlage) zu einem Teil wieder hinzugerechnet werden.
Hinweis: Durch die Hinzurechnung soll die Ertragskraft des Gewerbebetriebs unabhängig von dessen Eigen- und Fremdkapitalausstattung erfasst werden (sog. Ziel der Finanzierungsneutralität).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass Mietentgelte für Messestandflächen, die ein Unternehmen zu Ausstellungszwecken anmietet, nur dann gewerbesteuerlich hinzugerechnet werden müssen, wenn die Fläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würde.
Geklagt hatte eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von Maschinen war. Sie selbst hatte keinen Direktvertrieb unterhalten, sondern ihre Produkte durch ein stehendes Händlernetz verkauft. In den Streitjahren hatte die GmbH wiederholt auf bestimmten Messen diverse Ausstellungsflächen und Räumlichkeiten angemietet, um dort ihre Produkte zu präsentieren. Sie zog die Kosten hierfür von ihrem Gewinn ab, nahm jedoch keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung vor. Nach einer Betriebsprüfung war das Finanzamt der Auffassung, dass der gewerbliche Gewinn der GmbH wieder um einen Teil der Mietzinsen erhöht werden müsste.
Das Finanzgericht (FG) entschied jedoch in erster Instanz, dass eine Hinzurechnung nicht in Betracht kommt. Der BFH bestätigte dieses Urteil und verwies darauf, dass kein fiktives Anlagevermögen anzunehmen war. Für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems) das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert. Auf dieser Grundlage ist das FG nach Ansicht des BFH ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Messestandflächen durch die vereinzelte kurzzeitige Anmietung unter Berücksichtigung des Geschäftsgegenstands und der speziellen betrieblichen Verhältnisse nicht dem (fiktiven) Anlagevermögen zuzuordnen waren.Information für: Unternehmerzum Thema: Gewerbesteuer(aus: Ausgabe 09/2022)