Vermietung von Seniorenwohnungen: Vermittlung von Dienstleistungen schließt erweiterte Gewerbesteuerkürzung aus
Das deutsche Umsatzsteuerrecht stellt folgende Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei:
unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine staatliche Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten;
Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen, sofern die Leistungen an Hochschulen und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder an privaten Schulen und anderen anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen erbracht werden.
Hinweis: Daneben regelt auch das EU-Recht, dass bestimmte Leistungen im Bildungssektor von den EU-Staaten steuerfrei belassen werden müssen; auf diese Rechtsgrundlagen können sich Unternehmer unmittelbar berufen.
Ein selbständiger Präventions- und Persönlichkeitstrainer hat kürzlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) versucht, eine Umsatzsteuerbefreiung für seine Unterrichtsleistungen in Anspruch zu nehmen. Der Trainer hatte als Teamleiter zusammen mit neun weiteren Dozenten seines Teams diverse Kurse an Schulen angeboten, darunter Konfliktpräventionskurse für Kinder. Das Training war während der regulären Unterrichtszeit in Grund- und Förderschulden (in den Räumen der Schule und unter Einbeziehung der Klassenlehrer) angeboten worden, bei Einzelanmeldungen durch die Eltern auch in Kleingruppen.
Der BFH lehnte eine Umsatzsteuerbefreiung nach nationalem Recht ab und verwies darauf, dass der Trainer weder als Ersatzschule anerkannt sei noch über eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfüge. Es lägen auch keine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen vor, da das Training nicht nur vom Kläger persönlich, sondern auch durch Dozenten seines Teams (Subunternehmer) erbracht worden sei.
Anschließend prüften die Bundesrichter, ob sich eine Umsatzsteuerbefreiung unmittelbar aus dem EU-Recht ergab. Nach den Regeln der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) ist zwar Schul- und Hochschulunterricht steuerfrei zu stellen, die vorliegenden Präventionskurse fielen allerdings nach Gerichtsmeinung nicht darunter, da sie ein spezialisierter und punktuell erteilter Unterricht seien.
Hinweis: Der BFH konnte gleichwohl noch nicht abschließend in der Sache entscheiden, da noch zu prüfen war, ob die angebotenen Präventionskurse möglicherweise als "Erziehung von Kindern und Jugendlichen" einzuordnen seien, die nach der MwSt-SystRL ebenfalls steuerfrei zu stellen sei. Der BFH erklärte, dass hierunter möglicherweise die gesamte geistige, sittliche und körperliche Erziehung verstanden werden könne, mithin auch die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten. Das Finanzgericht muss nun in einem zweiten Rechtsgang prüfen, welchen Inhalt die Präventionskurse konkret hatten und ob sie unter diese Befreiung gefasst werden können.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2022)
Kennen Sie das Risikomanagementsystem des Finanzamts? Diese Software soll dem Finanzamt schnell anzeigen, ob in einer Steuererklärung auffällige Sachverhalte enthalten sind. Umgekehrt können damit auch die unauffälligen Routinefälle sofort erkannt und schnell abgeschlossen werden. Aber was ist, wenn ein auffälliger Sachverhalt durch das System nicht erkannt wird? Kann das Finanzamt sich dann bei einer späteren Bescheidänderung darauf berufen, dass kein entsprechender Hinweis kam? Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste in einem Fall entscheiden, ob der Bescheid dann noch geändert werden kann.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden 2016 zusammen veranlagt. Die Klägerin betrieb eine Praxis. Die Räume hierfür wurden ihr vom Kläger umsatzsteuerpflichtig vermietet. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung erstattete das Finanzamt dem Kläger im Jahr 2016 die aus der Herstellung der Praxisräume resultierenden Vorsteuerbeträge in Höhe von 23.023 EUR. Nach einem Einspruch des Klägers erhielt dieser eine weitere Vorsteuererstattung in Höhe von 163 EUR. In der Einkommensteuererklärung erfasste die vom Kläger beauftragte Steuerberaterkanzlei versehentlich nur die erstatteten 163 EUR. Diese Unrichtigkeit übernahm das Finanzamt bei der Veranlagung. Als ihm das Fehlen der 23.023 EUR in einer späteren Außenprüfung auffiel, änderte es den Bescheid entsprechend.
Die hiergegen gerichtete Klage der Eheleute vor dem FG war erfolgreich. Das Finanzamt durfte den bestandskräftigen Bescheid nicht ändern. Da ihm die Höhe der gesamten Erstattung bekannt gewesen sei, sei keine Änderung des Bescheids wegen neuer Tatsachen möglich. Das Finanzamt sei bei Veranlagung verpflichtet gewesen, die ihm bekannten Tatsachen auszuwerten. Und zwar auch dann, wenn es keinen Prüfhinweis durch das Risikomanagementsystem gegeben habe. Auch eine Änderung aufgrund eines Schreibfehlers scheide aus, da das Finanzamt eine Unrichtigkeit aus der Sphäre des Steuerpflichtigen nicht als "eigene Unrichtigkeit" übernehmen könne, wenn der relevante Besteuerungssachverhalt nicht als prüfungsbedürftig beurteilt worden sei.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 01/2024)
Hält ein Gewerbebetrieb Grundbesitz in seinem Betriebsvermögen, das nicht von der Grundsteuer befreit ist, so mindert sich sein für die Gewerbesteuer relevanter Gewerbeertrag um 1,2 % des Einheitswerts, der zuletzt für den Grundbesitz festgestellt worden ist. Diese pauschale Kürzung soll eine Doppelbesteuerung des Grundbesitzes mit Gewerbesteuer und Grundsteuer abmildern.
Reinen Grundstücksunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, steht eine sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu, das heißt, sie können ihren Gewerbeertrag um den Teil kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, so dass eine Doppelbesteuerung in vollem Umfang vermieden wird. Wichtig hierfür ist, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes ausschließlich erfolgt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht beansprucht werden kann, wenn ein Vermieter von seniorengerechten Appartements seinen Mietern dazu verhilft, parallel Dienstleistungsverträge zu erheblich reduzierten Preisen abzuschließen (Service-Zubuchung) und er hierfür aber das Doppelte der ortsüblichen Miete kassiert. Im Mittelpunkt des zugrunde liegenden Falls standen zwei Brüder, die je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt waren, welche eine Seniorenresidenz betrieb.
Das Gebäude war auf einem Grundstück der Brüder errichtet worden, das unmittelbar neben einem Hotel- und Restaurantbetrieb lag. Letzteren führten die Brüder als Kommanditisten über eine GmbH & Co. KG. Diese Gesellschaft betrieb das Cafe im Gebäude der Seniorenresidenz. Die GmbH hatte die Räumlichkeiten hierzu mit privatwirtschaftlichem "Kaufvertrag" an die KG "übertragen bzw. abgetreten" (so der Wortlaut des Vertrags).
Ein weiterer Synergieeffekt ergab sich für die Brüder daraus, dass durch die KG diverse Servicedienstleistungen an die Bewohner der Residenz erbracht wurden - darunter die Reinigung der Wohnungen, ein Wäscheservice, ein Hausmeisterdienst und Verpflegungsleistungen. Hierzu hatten die Bewohner - neben den mit der GmbH geschlossenen Mietverträgen - separate Dienstleistungsverträge mit der KG abgeschlossen.
Die GmbH beantragte in ihrer Gewerbesteuererklärung die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, da ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die erweiterte Kürzung nicht anwendbar sei.
Der BFH gab der Behörde recht und urteilte, dass die erweiterte Kürzung nicht beansprucht werden konnte, da die GmbH gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz verstoßen hatte, denn sie hatte den Senioren eben nicht nur Wohnungen zur Nutzung überlassen, sondern ihnen mit dem Abschluss des Mietvertrags auch zum Abschluss von Dienstleistungsverträgen verholfen. Darin sah das Gericht eine weder zwingend notwendige noch quantitativ geringfügige Nebentätigkeit.Information für: Unternehmerzum Thema: Gewerbesteuer(aus: Ausgabe 11/2024)