Grundrente: Freiwillige Einkommensteuererklärung kann Anspruch begründen oder erhöhen
Wenn Sie einen Bescheid erhalten, mit dem Sie nicht einverstanden sind, können Sie dagegen Einspruch einlegen. Bei einem Einspruch kann das Finanzamt jedoch nicht nur den Punkt überprüfen, gegen den Sie Einspruch eingelegt haben, sondern den gesamten Bescheid. Das kann dann sogar dazu führen, dass der Bescheid zu Ihren Ungunsten geändert wird. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (FG) musste darüber entscheiden, ob das Finanzamt einen Bescheid in zulässigem Umfang geändert hatte.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das Getränke - unter anderem Alkopops - herstellt und abfüllt. Mit Bescheid vom 16.12.2015 setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Alkopopsteuer fest, wogegen sie Einspruch einlegte. Am 20.09.2019 erging ein geänderter Steuerbescheid mit einer nun geringeren Alkopopsteuer. Die weiter gehenden Steuerbescheide wurden zurückgenommen. Nach Ansicht der Klägerin wurde allerdings im geänderten Bescheid erstmalig Alkopopsteuer für das Abfüllen in Flaschen festgesetzt. Dem stehe jedoch die abgelaufene Festsetzungsfrist entgegen.
Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Die Steuer sei zutreffend festgesetzt worden. Die Alkopops seien vorliegend dadurch hergestellt worden, dass sie durch die Klägerin in Flaschen abgefüllt worden seien. Die Alkopops seien auch ohne Erlaubnis hergestellt worden, da die Klägerin im hier erheblichen Zeitraum keine Steuerlagererlaubnis für Alkopops gehabt habe. Des Weiteren sei noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, obwohl der Sachverhalt im Einspruchsverfahren in großem Umfang geändert worden sei. Im Einspruchsverfahren könne das Finanzamt den Sachverhalt überprüfen, aber eben keinen neuen Verwaltungsakt erlassen. Der Umfang des Sachverhalts ergebe sich aus dem angefochtenen Verwaltungsakt. Die Einspruchsentscheidung dürfe nicht auf Personen, Steuergegenstände oder Zeiträume ausgedehnt werden, die von dem angefochtenen Verwaltungsakt bisher noch nicht erfasst gewesen seien. Im Streitfall seien in den beiden Bescheiden zwar grundsätzlich unterschiedliche Lebenssachverhalte zugrunde gelegt worden, jedoch habe das Finanzamt im Bescheid vom 16.12.2015 den späteren Sachverhalt als Hilfsbegründung herangezogen. Das ist nach Ansicht des Gerichts ausreichend und lässt die umfassende Änderung zu.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2022)
Verfahrensbeteiligte haben vor Gericht einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Ihnen muss die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und ihre Rechtsansichten vorzutragen. Der mündlichen Verhandlung kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Ein Gericht muss den anberaumten Verhandlungstermin daher aufheben oder verlegen, wenn erhebliche Gründe (z.B. eine akute Erkrankung eines Beteiligten) vorliegen.
Kann ein Prozessbeteiligter aufgrund des kurzfristigen Ausfalls einer Flugverbindung nicht zur mündlichen Verhandlung anreisen, muss der Termin aber nur dann aufgehoben werden, wenn der Antrag besonders begründet wurde. Dies geht aus einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor. Die Bundesrichter halten es für geboten, dass die verhinderte Prozesspartei in diesem Fall im Aufhebungsantrag zumindest darlegt, warum kein alternatives Verkehrsmittel genutzt werden konnte.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Prozessbevollmächtigter am Vorabend der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sein für den nächsten Morgen gebuchter Flug von Düsseldorf nach München (zum Verhandlungstermin) annulliert worden sei. Eine Zuschaltung per Videotelefonie lehnte er ab.
Der BFH entschied, dass die mündliche Verhandlung in diesem Fall nicht aufzuheben war und ohne den Prozessbevollmächtigten stattfinden durfte, da dieser nicht dargelegt hatte, warum er am Vorabend nicht per Bahn oder mit dem Auto anreisen konnte. Ebenfalls blieb offen, warum es keine späteren Alternativflüge gab. Weiter verwies der BFH darauf, dass der Klägerseite auch eine spontane Zuschaltung zum Termin per Videoübertragung möglich gewesen sei.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass Anreiseprobleme vor Gericht besonders begründet werden müssen. Im Jahr 1985 hatte das Bundesverwaltungsgericht noch entschieden, dass sich eine Prozesspartei darauf verlassen darf, dass Beförderungszeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln eingehalten werden. Der BFH erklärte nun, dass sich dieser Grundsatz kaum auf die heutige Zeit übertragen lässt, da Zug- und Flugausfälle heutzutage praktisch an der Tagesordnung sind. Bei der Anreise zur mündlichen Verhandlung sollten die Prozessparteien daher zeitliche Puffer einplanen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 01/2024)
Hierzulande erhalten rund 1,1 Millionen Menschen die sogenannte Grundrente als Aufstockung zu ihrer regulären Rente. Die Höhe der Grundrente berechnet sich nach dem zu versteuernden Einkommen. Bezieher kleiner Renten sollten wissen, dass sie durch die Abgabe einer freiwilligen Einkommensteuererklärung einen Grundrentenanspruch auslösen oder ihre vorhandene Grundrente erhöhen können.
Zum Hintergrund: Die Höhe der Grundrente wird von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) jedes Jahr automatisch neu berechnet. Zu diesem Zweck lässt sich die DRV vom Finanzamt das zu versteuernde Einkommen des vorletzten oder vorvorletzten Jahres mitteilen. Viele Bezieher kleiner Renten sind jedoch von der Abgabe einer Einkommensteuererklärung befreit, so dass keine Daten zum Einkommen vorliegen. In diesem Fall verwendet die DRV die ihr vorliegenden Daten, also die Renten- und Versorgungsbezüge, die sie selbst ausbezahlt. Von diesem Einkommen zieht sie dann lediglich den steuerfrei gestellten Rententeil, Freibeträge für betriebliche und Riesterrenten sowie Steuerpauschalen ab.
Diese umfassen nur die Werbungskostenpauschale von 102 EUR und den Sonderausgabenpauschbetrag von 36 EUR; mehr wird nicht einkommensmindernd berücksichtigt.
Bei Abgabe einer Einkommensteuererklärung können hingegen zusätzlich sowohl die Versicherungsbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung als auch andere private Versicherungen als Sonderausgaben abgesetzt werden. Auch Krankheitskosten, beispielsweise Zahnersatz, Brille, Medikamente, Rollator oder die Kosten eines Pflegeheims abzüglich der zumutbaren Eigenbelastung, senken als außergewöhnliche Belastung das zu versteuernde Einkommen.
Nicht zu vergessen sind Werbungskosten, wie Kosten einer Renten- oder Steuerberatung, gegebenenfalls Freibeträge für Kinder, Handwerkerkosten, Spenden oder die gezahlte Kirchensteuer. Durch die Abgabe einer Einkommensteuererklärung kann also das rentenrechtlich maßgebende Einkommen stärker gemindert werden, so dass ein Grundrentenanspruch ausgelöst oder erhöht werden kann.
Hinweis: Alleinstehende Rentner erhalten im Jahr 2024 die volle Grundrente, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen maximal 1.375 EUR monatlich beträgt. Bei Ehepaaren dürfen 2.145 EUR nicht überschritten werden. Wer seine Einkommensteuererklärung freiwillig einreicht, hat dafür vier Jahre rückwirkend Zeit. Am 31.12.2024 läuft somit die Frist für die Steuererklärung 2020 ab.
Auch Steuererklärungen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 können noch abgegeben werden, so dass ein erstmaliger Grundrentenanspruch entstehen oder eine bestehende Grundrente erhöht werden kann. Wer seinen Grundrentenbescheid bereits erhalten hat, kann jedoch nur innerhalb einer Frist von einem Monat einen Widerspruch einlegen. Danach ist eine Änderung für das betreffende Jahr nicht mehr möglich.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 11/2024)