Gerichtliche Neuausrichtung: EuGH überträgt Zuständigkeiten an EuG
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zu einem Vorabentscheidungsersuchen aus Österreich Stellung genommen. Diese Entscheidung ist auf das deutsche Umsatzsteuerrecht übertragbar.
Die österreichische Beschwerdeführerin betrieb im Streitjahr 2019 einen Indoorspielplatz. Ihre Dienstleistungen erbrachte sie ausschließlich an private Endverbraucher. Die Abrechnung erfolgte über Kleinbetragsrechnungen mit gesondertem Steuerausweis auf der Grundlage des Regelsteuersatzes. Nachdem sie festgestellt hatte, dass der ermäßigte Steuersatz zutreffend gewesen wäre, berichtigte sie ihre Mehrwertsteuererklärung und forderte die Differenz vom Finanzamt zurück. Dieses ging jedoch davon aus, dass der gesamte ausgewiesene Betrag geschuldet wurde, und lehnte den Antrag ab. Einerseits habe die Beschwerdeführerin die Rechnungen nicht berichtigt, andererseits würde sie durch die beantragte Berichtigung ungerechtfertigt bereichert, da ihre Kunden die Kosten der höheren Mehrwertsteuer getragen hätten.
Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass ein Unternehmen, das eine Dienstleistung erbracht und in seinen Rechnungen einen Mehrwertsteuerbetrag auf der Grundlage eines falschen Steuersatzes ausgewiesen hat, den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn das Steueraufkommen nicht gefährdet ist. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die betreffende Dienstleistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Einer Rechnungsberichtigung bedurfte es somit nicht.
Hinweis: Die deutsche Finanzverwaltung forderte bislang in Fällen eines unrichtigen und unberechtigten Steuerausweises eine wirksame Rechnungsberichtigung, um die Umsatzsteuer zurückzuerlangen, und zwar unabhängig davon, ob der Rechnungsempfänger ein Unternehmer ist. Lassen Sie sich daher umfassend beraten.
Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 05/2023)
Das Leben ist teurer geworden. Aufgrund von Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten haben Verbraucher am Monatsende immer weniger im Portemonnaie. Um gegenzusteuern, hat der Steuergesetzgeber mit dem Inflationsausgleichsgesetz für 2023 - und auch bereits für 2024 - an etlichen Stellschrauben gedreht:
Grundfreibetrag: Zum 01.01.2023 wurde der steuerfreie Grundfreibetrag um 561 EUR auf 10.908 EUR angehoben. Für das Jahr 2024 erfolgt eine weitere Anhebung um 696 EUR auf 11.604 EUR. Zum Hintergrund: Steuerzahlern muss nach der Begleichung ihrer Einkommensteuerschulden ein finanzieller Spielraum verbleiben, mit dem sie ihren notwendigen Lebensunterhalt decken können. Dieses verfassungsrechtliche Gebot wird über die steuerlichen Grundfreibeträge umgesetzt, die das Existenzminimum steuerfrei stellen sollen.
Einkommensteuertarif: Ebenfalls angepasst werden die sogenannten Tarifeckwerte des Einkommensteuertarifs. Entsprechend der zu erwartenden Inflation werden diese "nach rechts" verschoben, so dass der Spitzensteuersatz von 42 % für das Jahr 2023 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.810 EUR statt bisher ab 58.597 EUR greifen wird. 2024 wird der Spitzensteuersatz dann erst ab 66.761 EUR einsetzen. Der Steuersatz von 45 % - die sogenannte Reichensteuer - soll unverändert ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 EUR gelten.
Kindergeld und Kinderfreibetrag: Das Kindergeld wurde ab dem 01.01.2023 für jedes Kind auf 250 EUR angehoben. Bisher lag das Kindergeld für das erste und zweite Kind bei jeweils 219 EUR, für das dritte Kind bei 225 EUR und erst für das vierte und jedes weitere Kind bei jeweils 250 EUR. Der Kinderfreibetrag steigt für 2023 zudem von 2.810 EUR auf 3.012 EUR pro Elternteil und im Jahr 2024 weiter auf 3.192 EUR pro Elternteil. Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 02/2023)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat neue Vordruckmuster zur umsatzsteuerlichen Erfassung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) eingeführt. Grundsätzlich erfolgt die steuerliche Erfassung von im Inland ansässigen Steuerpflichtigen über bundeseinheitliche rechtsformabhängige Fragebögen. Zur umsatzsteuerlichen Erfassung von im Ausland ansässigen Unternehmern gibt es ebenfalls einen bundeseinheitlichen Fragebogen. Für die umsatzsteuerliche Erfassung von jPöR wurde jedoch bislang noch kein spezieller Fragebogen bundesweit aufgelegt.
Das BMF hat nun bekanntgegeben, dass ab sofort neue Vordruckmuster für die umsatzsteuerliche Erfassung von jPöR eingeführt werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Vordruckmuster:
FsE jPöR: Fragebogen zur umsatzsteuerlichen Erfassung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR)
FsE OE: Fragebogen zur umsatzsteuerlichen Erfassung von Organisationseinheiten des Bundes und der Länder
FsE jPöR Ausfüllhilfe: Ausfüllhilfe für den Fragebogen zur umsatzsteuerlichen Erfassung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR)
FsE OE Ausfüllhilfe: Ausfüllhilfe für den Fragebogen zur umsatzsteuerlichen Erfassung von Organisationseinheiten des Bundes und der Länder (§ 18 Abs. 4f UStG)
Die Verwendung der Vordruckmuster ist optional. Auf die Verwendung der Fragebögen kann verzichtet werden, wenn sich die für die umsatzsteuerliche Erfassung erforderlichen Informationen aus anderen Unterlagen ergeben.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2022)
In Deutschland engagieren sich Millionen Bürger ehrenamtlich und erbringen so einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft. Der Fiskus fördert dieses Engagement durch unterschiedliche Freibeträge:
Übungsleiterfreibetrag: Wer sich als Übungsleiter engagiert, kann seit dem Jahr 2021 einen Übungsleiterfreibetrag von 3.000 EUR pro Jahr abziehen. Bis zum Jahr 2020 lag der Betrag bei 2.400 EUR pro Jahr. Vergütungen bis zu dieser Höhe können also steuer- und sozialversicherungsfrei bezogen werden. Um in den Genuss der Übungsleiterpauschale zu kommen, muss die Tätigkeit pädagogisch, künstlerisch oder pflegend ausgerichtet sein. Dies ist zum Beispiel bei einem Trainer im Sportverein, dem Chorleiter eines Gesangsvereins oder dem Helfer im Rettungsdienst der Fall. Zudem muss die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt werden. Die Übungsleiterpauschale lässt sich nur beanspruchen, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbracht wird. Das können Schulen, Gemeinden oder Kirchen sein, aber auch gemeinnützige private Gesellschaften oder gemeinnützige Vereine. Das Ehrenamt selbst muss zudem gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Keinen Anspruch auf den Freibetrag haben beispielsweise Personen, die als Schriftführer oder Gerätewart im Sportverein tätig sind, in der Freizeit als Schiedsrichter arbeiten, ehrenamtlich für Gerichte dolmetschen oder Tiere ausbilden.
Ehrenamtsfreibetrag: Seit 2021 können Ehrenamtliche, die sich in einem gemeinnützigen Verein oder bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts engagieren, den Ehrenamtsfreibetrag in Höhe von 840 EUR pro Jahr steuerlich geltend machen. Bis 2020 waren dies 720 EUR. Aufwandsentschädigungen bis zu dieser Höhe können also ebenfalls steuer- und sozialversicherungsfrei bezogen werden. Den Ehrenamtsfreibetrag dürfen auch Personen beanspruchen, deren Tätigkeit nicht die Voraussetzungen des Übungsleiterfreibetrags erfüllt, also zum Beispiel Schatzmeister, Kassenwarte, Platzwarte, Schiedsrichter oder Tierpfleger. Darüber hinaus ist die Nutzung analog zum Übungsleiterfreibetrag an drei Bedingungen geknüpft: Es muss sich um eine nebenberufliche Tätigkeit handeln, die freiwillige Arbeit muss für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts geleistet werden und das Ehrenamt selbst muss gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen.
Betreuerfreibetrag: Ist ein Mensch zum Beispiel aufgrund einer Behinderung oder Krankheit nicht mehr in der Lage, rechtliche Angelegenheiten selbst zu regeln, setzt das Amtsgericht eine rechtliche Betreuung ein. Diesen Betreuern steht seit 2021 ein Betreuerfreibetrag in Höhe von 3.000 EUR pro Jahr zu, bis 2020 waren es 2.400 EUR. Zu den Begünstigten zählen ehrenamtliche rechtliche Betreuer, ehrenamtliche Vormünder und ehrenamtliche Pfleger. Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2023)
Die Höhe der Grunderwerbsteuer bestimmt sich bei Grundstücksverkäufen regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung. Hierunter fallen alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen erbringt, um das Grundstück zu erwerben.
Einschränkend hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun jedoch entschieden, dass Kaufpreisanteile für einen Baumbestand bei Waldgrundstücken nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen werden dürfen. Geklagt hatte ein forstwirtschaftlicher Betrieb, der im Jahr 2018 mehrere Waldgrundstücke erworben hatte, die bereits aufgeforstet waren (zur späteren Abholzung). Vom Gesamtkaufpreis in Höhe von 105.000 EUR sollte ein Teilbetrag von 73.500 EUR auf den "Aufwuchs" entfallen. Das Finanzamt ging von einer grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung von 105.000 EUR aus, wogegen der Erwerber klagte.
Die Klage hatte Erfolg, denn der BFH entschied, dass nur der Kaufpreisanteil für den reinen Grund und Boden in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einfließen darf. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass zwar alle Leistungen des Erwerbers für das "Grundstück" zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gehören, so dass auch Leistungen für wesentliche Bestandteile des Grundstücks (die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen) wie beispielsweise aufstehende Gehölze einzubeziehen sind.
Keine wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks sind nach Gerichtsmeinung aber sogenannte Scheinbestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und von Anfang an dazu bestimmt sind, wieder vom Grundstück entfernt zu werden. Die angepflanzten Bäume im vorliegenden Fall waren solche Scheinbestandteile, da sie bereits bei Anpflanzung zur Abholzung bestimmt waren.
Hinweis: Zur Einordnung als Scheinbestandteil kommt es bei Gehölzen also auf die Zweckbestimmung bei ihrer Aussaat oder Pflanzung an. Sie müssen von vornherein nur zu einem vorübergehenden Zweck angepflanzt werden. Der BFH bejaht diese Voraussetzungen auch bei aufstehenden Weihnachtsbaumkulturen und Verkaufspflanzen von Baumschulen. Unerheblich ist, ob eine lange Wuchsdauer zu erwarten ist oder das Gehölz beim Fällen als lebender Organismus zerstört wird.Information für: allezum Thema: Grunderwerbsteuer(aus: Ausgabe 01/2023)
Die Kaufzurückhaltung beim Erwerb von Häusern, Wohnungen und Grundstücken hat die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer einbrechen lassen: Nach neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) nahmen die Bundesländer im ersten Halbjahr 2023 rund 6,3 Mrd. EUR aus der Grunderwerbsteuer ein. Das sind 33,5 % weniger als im ersten Halbjahr 2022, als das Steueraufkommen noch bei knapp 9,5 Mrd. EUR lag. Damit fielen die Einnahmen auf den tiefsten Stand seit mehr als sechs Jahren: Geringer war das Steueraufkommen letztmals im zweiten Halbjahr 2016 mit damals gut 6,2 Mrd. EUR.
Hinweis: Das Aufkommen an Grunderwerbsteuer hängt von drei Faktoren ab: von der Höhe des Steuersatzes in den einzelnen Bundesländern, von der Anzahl der Verkäufe sowie von der Höhe des jeweiligen Kaufpreises.
Während im ersten Halbjahr 2022 noch 33.800 Kauffälle registriert worden waren, sank diese Zahl im ersten Halbjahr 2023 auf 16.700 Kauffälle. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Preise für Wohnungen und Häuser zudem um 8,2 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 gesunken. Dieser Trend setzte sich nach vorläufigen Ergebnissen auch im dritten Quartal 2023 fort - mit einem Rekordrückgang von 10,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Wesentlicher Grund für den Rückgang ist eine gesunkene Nachfrage aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten.
Auch der durchschnittliche Kaufwert für Bauland sank, von 141,58 EUR/qm im ersten Halbjahr 2022 auf 122,13 EUR/qm im ersten Halbjahr 2023. Eingerechnet werden hierbei sowohl private als auch gewerbliche Bauflächen mit einer Mindestgröße von 100 qm.Information für: allezum Thema: Grunderwerbsteuer(aus: Ausgabe 05/2024)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist zunehmend mit Vorabentscheidungsverfahren überlastet. Um dem entgegenzuwirken, werden ab dem 01.10.2024 bestimmte Zuständigkeiten an das Gericht der EU (EuG) übertragen. Dies ist Teil umfassender Reformen, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Transparenz der Verfahren verbessern sollen.
Die Reform zielt darauf ab, die Arbeitsbelastung des EuGH zu verringern, damit er sich auf seine zentrale Aufgabe der Wahrung und Stärkung der Einheit und Kohärenz des Unionsrechts konzentrieren kann. Die an den EuG übertragenen Sachgebiete wurden sorgfältig ausgewählt, da sie in der Regel keine Grundsatzfragen aufwerfen und es in diesen Bereichen bereits umfangreiche Rechtsprechung gibt. Die neuen Zuständigkeiten des EuG umfassen:
das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
Verbrauchsteuern
den Zollkodex
die zolltarifliche Einreihung von Waren
Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Flug- und Fahrgäste
den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten
Darüber hinaus werden die Verfahrensordnungen des EuGH und des EuG modernisiert. Ab dem 01.09.2024 tritt eine neue Verfahrensstruktur in Kraft, die unter anderem eine Mittlere Kammer im EuG einführt, die effizientere und schnellere Entscheidungen ermöglichen soll. Noch im Herbst 2024 werden zudem die Schriftsätze in Vorabentscheidungsverfahren öffentlich zugänglich gemacht, was die Transparenz erheblich verbessert. Auch die Möglichkeit, Verhandlungen per Videokonferenz durchzuführen, wird eingeführt, um die Zugänglichkeit zu erhöhen und Kosten zu senken.
Hinweis: Die Reformen zur Übertragung von Zuständigkeiten an das EuG zielen darauf ab, den EuGH zu entlasten und durch moderne Verfahrensmethoden die Effizienz und Transparenz der EU-Rechtsprechung zu steigern.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2024)