Umsatzsteuer bei Transfergesellschaften: Wenn die Steuer den Job übernimmt
Zahlungen, die im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung an Vermieter geleistet werden, sind nicht umsatzsteuerbar und auch nicht umsatzsteuerpflichtig. Es liegen sogenannte echte Zuschüsse vor. Diese Auffassung vertritt das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern (FinMin) in einem aktuellen Erlass.
In Mecklenburg-Vorpommern erfolgt die soziale Wohnraumförderung auf Grundlage des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz) und der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften. Diese Verwaltungsvorschriften enthalten Regelungen zur maximal zulässigen Miethöhe und zum Personenkreis, an den die Vermietung erfolgen darf. Bewilligungsbehörde ist das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern.
Fraglich war, wie die Zuwendungen der Behörde an den Vermieter umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Das FinMin stellt klar, dass keine Leistungen des Vermieters an das Land oder die Bewilligungsbehörde vorliegen. Dem Land werde kein Vorteil eingeräumt. Die Schaffung von Mietwohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen befriedige kein konkretes Individualinteresse des Landes, sondern liege in dessen allgemeinem Interesse.
Die Zuwendung stelle auch kein zusätzliches Entgelt für die Überlassung an den Mieter dar. Zwar werde die Miethöhe reglementiert und der Kreis der potentiellen Mieter eingeschränkt. Dies führe jedoch nicht zu einer Anknüpfung an bestimmte Umsätze, für die eine Preisauffüllung durch das Land erfolgen würde. Auch hätten die der Zielgruppe zugehörigen Personen keinen Rechtsanspruch auf günstigen Wohnraum. Ziel der Zahlungen sei die Förderung von neuem Wohnraum bzw. die Modernisierung von vorhandenem Wohnraum für einkommensschwache Haushalte. Mit der Zahlung werde jedoch weder eine konkrete Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne an den Zahlenden noch an einen Dritten vergütet. Die Zuwendung erfolge aus strukturpolitischen Gründen und sei daher als sogenannter echter, nichtumsatzsteuerbarer Zuschuss zu qualifizieren.
Hinweis: Das Land leistet mit der Wohnraumförderung einen Beitrag zur Verbesserung der Wohnraumversorgung, zur Sicherung sozialverträglicher Wohnkosten und zum Erhalt stabiler Wohnquartiere. Mit der Bereitstellung von Zuschüssen wird die Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen unterstützt.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 05/2023)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zur Vorsteuerberichtigung bei Vorsteuersaldierung herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass geändert.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit Urteil vom 01.02.2022 entschieden, dass eine Vorsteuerberichtigung einen ursprünglichen Vorsteuerabzug voraussetze. Letzterer könne sich in Fällen eines Reverse-Charge-Verfahrens - bei diesem schuldet der Leistungsempfänger anstelle des leistenden Unternehmers die Umsatzsteuer auf die Eingangsleistung - aus der Saldierung der Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), alte Fassung, mit dem Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG ergeben.
Das BMF nimmt in seinem aktuellen Schreiben auf die BFH-Rechtsprechung Bezug und vertritt die Auffassung, dass neben den vom BFH entschiedenen Fällen eines Übergangs der Steuerschuldnerschaft und einem korrespondierenden Vorsteuerabzug auch andere Fälle denkbar sind. Es führt hier beispielsweise den innergemeinschaftlichen Erwerb mit einem korrespondierenden Vorsteuerabzug an. Zudem stellt das BMF klar, dass die Entscheidung alle Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG betrifft und nicht nur - wie vom BFH entschieden - die nach Absatz 1.
Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 02/2023)
Steuerbürger können die steuerlichen Konsequenzen ihres Handelns im Vorhinein rechtssicher abklären lassen, indem sie bei ihrem Finanzamt eine verbindliche Auskunft einholen. Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass die Ämter an diese Auskunft gebunden sind, so dass Steuerbürger Rechts- und Planungssicherheit erhalten. In Zeiten komplexer Steuergesetze, in denen sich die steuerlichen Konsequenzen bestimmter Gestaltungen nicht mit hundertprozentiger Gewissheit voraussagen lassen, ist die verbindliche Auskunft daher ein wertvolles Instrument.
Diese Rechtssicherheit kostet allerdings Geld: Die Finanzämter erheben für die Bearbeitung von verbindlichen Auskünften eine Gebühr, die sich vorrangig nach dem Gegenstandswert der Auskunft richtet. Kann ein solcher Wert nicht bestimmt oder geschätzt werden, berechnen die Ämter eine Zeitgebühr von 50 EUR je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Sofern ein Antrag auf verbindliche Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung zurückgenommen wird, können die Finanzämter die Gebühr ermäßigen. Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) ist hierbei wie folgt vorzugehen:
Hat das Finanzamt noch nicht mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, muss die Gebühr auf null reduziert werden.
Hat das Finanzamt bereits mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, ist der bis zur Rücknahme des Antrags angefallene Bearbeitungsaufwand "angemessen" zu berücksichtigen und die Gebühr anteilig zu ermäßigen.
Die zweite Fallgestaltung "Rücknahme nach Bearbeitungsbeginn" hat nun den Bundesfinanzhof (BFH) in einem Fall beschäftigt, in dem eine Gesellschaft eine verbindliche Auskunft zur steuerlichen Entstrickung von Wirtschaftsgütern beantragt hatte. Das Finanzamt stieg in die komplexe rechtliche Prüfung ein, sprach sich hierbei mit Mittel- und Oberbehörden ab und führte eine Besprechung mit dem Antragsteller durch. Nachdem 156 Arbeitsstunden in die Bearbeitung eingeflossen waren, nahm die Gesellschaft ihren Antrag zurück. Das Finanzamt zog den Gegenstandwert der Auskunft von 30 Mio. EUR heran und berechnete daraus eine Gebühr von 109.736 EUR. Aufgrund der Antragsrücknahme ermäßigte es die Gebühr aber um 10 % auf "nur" noch 98.762 EUR. Diese Ermäßigung errechnete das Amt, indem es die bereits geleisteten 156 Arbeitsstunden zu den noch ausstehenden zehn bis 15 Arbeitsstunden ins Verhältnis setzte, die zur endgültigen Entscheidung über den Antrag noch erforderlich gewesen wären. Die Gesellschaft klagte gegen diese Berechnung und vertrat die Auffassung, dass nach den Regeln der AEAO nur die Zeitgebühr von 100 EUR pro Stunde, somit insgesamt 15.600 EUR, abgerechnet werden dürften.
Der BFH gab jedoch dem Finanzamt recht und urteilte, dass die Gebühr nach der AEAO nicht generell auf die Zeitgebühr begrenzt werden muss. Vielmehr ist der Bearbeitungsaufwand nach Gerichtsmeinung auch dann "angemessen" berücksichtigt, wenn das Finanzamt die Wertgebühr - wie im vorliegenden Fall - lediglich im Verhältnis des bisherigen zum noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand proportional reduziert.Information für: Unternehmerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2022)
Wer seinen Betrieb veräußert und sich vom Erwerber im Gegenzug wiederkehrende Bezüge (z.B. eine Leibrente) zahlen lässt, kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgendes Wahlrecht ausüben:
Sofortbesteuerung: Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. In diesem Fall sind der Freibetrag für Betriebsveräußerungen und ein ermäßigter Steuersatz anwendbar. Als Veräußerungsgewinn ist dann der Unterschiedsbetrag zwischen dem Barwert der Rente (vermindert um etwaige Veräußerungskosten) und dem Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebs anzusetzen. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Ertragsanteile stellen dann zudem sonstige Einkünfte dar.
Zuflussbesteuerung: Alternativ kann der Veräußerer die sogenannte Zuflussbesteuerung wählen und damit die anfallenden Steuerzahlungen zeitlich strecken. Er darf die Rentenzahlungen dann als nachträgliche Betriebseinnahmen behandeln. In diesem Fall entsteht erst dann ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten des Veräußerers übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass das für Betriebsveräußerungen geltende Wahlrecht auch ausgeübt werden kann, wenn ein Unternehmer seinen Betrieb aufgibt und nur die betrieblichen Wirtschafsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau ihren Handwerksbetrieb im Jahr 2013 aufgegeben und die betrieblichen Wirtschaftsgüter gegen Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente von 3.000 EUR an eine GmbH veräußert. Das zuständige Finanzamt vertrat die Auffassung, dass in diesem Fall zwingend die Sofortbesteuerung gilt. Es ermittelte daher einen Aufgabegewinn, der auch den Barwert der Leibrente umfasste. Die Frau zog bis vor den BFH und erstritt sich dort das Wahlrecht zur Anwendung der Zuflussbesteuerung.
Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass im Fall einer Sofortbesteuerung und eines frühen Todes des Veräußerers mehr versteuert werden muss, als dem Veräußerer tatsächlich zugeflossen ist. Die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung eröffnet vor diesem Hintergrund das Wahlrecht zur zeitlich gestreckten Zuflussbesteuerung. Auch bei einer Betriebsaufgabe mit gleichzeitigem Verkauf betrieblicher Wirtschaftsgüter liegt es im Interesse des Veräußerers, für die Veräußerung nicht mehr Einkommensteuer zahlen zu müssen, als er nach Maßgabe der tatsächlich zugeflossenen Rentenzahlungen müsste. Auch ihm muss daher das Wahlrecht eingeräumt werden.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2023)
Weist ein Unternehmer auf seinen Rechnungen zu viel Umsatzsteuer aus (unrichtig oder unberechtigt), so hat er diesen Steuerbetrag nach § 14c Umsatzsteuergesetz (UStG) grundsätzlich an das Finanzamt abzuführen. Das gilt jedenfalls, solange er die falsche Rechnung nicht berichtigt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Jahr 2022 in einem österreichischen Fall entschieden, dass eine Steuerschuld nicht entsteht, wenn der gesonderte Umsatzsteuerausweis nicht zu einer Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens führt, weil der Rechnungsempfänger nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das Finanzgericht Köln (FG) hat diese Rechtsprechung nun in einem Urteilsfall umgesetzt.
Die Klägerin führte umsatzsteuerbefreite Postzustellungsaufträge durch. Aufgrund einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts behandelte sie diese jedoch als umsatzsteuerpflichtig und wies in den Rechnungen an ihre Kunden Umsatzsteuer aus. Das Finanzamt erkannte später einen Teil dieser Leistungen dann doch als steuerbefreit an und setzte aufgrund des unrichtigen Ausweises in den Rechnungen wiederum Umsatzsteuer nach § 14c UStG fest. Die Klägerin argumentierte, dass ein Großteil ihrer Kunden nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei, so dass keine Gefährdung des Steueraufkommens bestehe. Zudem habe sie gutgläubig gehandelt, denn sie habe sich auf die (fehlerhafte) verbindliche Auskunft des Finanzamts verlassen.
Das FG gab ihrer Klage vollumfänglich statt. Eine Steuerschuld bestehe nicht, da das Steueraufkommen nicht gefährdet sei. Zudem hatten Leistungen der Klägerin an vorsteuerabzugsberechtigte Kunden aufgrund der Gutgläubigkeit der Klägerin zu einem Steuererstattungsanspruch ihrerseits gegenüber dem Finanzamt geführt. Die Klägerin müsse weder die Rechnungen berichtigen noch den zu viel vereinnahmten Steuerbetrag an die Rechnungsempfänger zurückzahlen. Das Finanzamt habe die zu viel abgeführte Umsatzsteuer zu erstatten.
Hinweis: Gegen dieses Urteil hat die Finanzverwaltung Revision eingelegt. Sie scheint die EuGH-Rechtsprechung in der Praxis noch sehr zurückhaltend anzuwenden. Daher ist es zu begrüßen, dass der Bundesfinanzhof in der Revision hierzu Stellung nehmen kann.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 05/2024)
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) entschied in einem Zwischenurteil, dass Aufstockungsbeiträge, die der bisherige Arbeitgeber an eine Transfergesellschaft zahlt, um die Gehälter der Arbeitnehmer aufzustocken, steuerbar und Teil des steuerpflichtigen Entgelts im Leistungsaustausch zwischen Transfergesellschaft und Alt-Arbeitgeber sind. Diese Zahlungen sind keine durchlaufenden Posten. Die von der Transfergesellschaft erbrachten Leistungen, einschließlich Personalverwaltung und Qualifizierung, stellen ebenfalls keine steuerfreien Dienstleistungen dar, da sie nicht eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind.
Das Urteil bezieht sich auf die Praxis, dass Transfergesellschaften Arbeitnehmer übernehmen und ihnen Leistungen anbieten, während Alt-Arbeitgeber weiterhin für bestimmte Kosten aufkommen. Der Senat stellte klar, dass Remanenzkosten, die die Transfergesellschaft für die Alt-Arbeitgeber übernimmt, als steuerpflichtiges Entgelt betrachtet werden, während Abfindungen, die auf vorherigen Arbeitsverhältnissen basieren, als durchlaufende Posten gelten.
Die steuerliche Beurteilung beruht auf dem spezifischen Rechtsverhältnis zwischen Transfergesellschaft und Alt-Arbeitgeber, wobei die Übernahme von Arbeitsverhältnissen und die damit verbundenen Kosten im Mittelpunkt stehen. Der Senat kam zu dem Schluss, dass die von der Transfergesellschaft an die Alt-Arbeitgeber weiterbelasteten Remanenzkosten Teil des steuerpflichtigen Entgelts sind, während die Abfindungen aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis keine steuerpflichtigen Leistungen darstellen.
Die Leistungen der Transfergesellschaften sind nicht als Dienstleistungen im Rahmen der Sozialfürsorge steuerfrei, da sie primär den Alt-Arbeitgebern zugutekommen, die durch diese Regelungen ihre betrieblichen Verpflichtungen optimieren können.
Hinweis: Das Urteil klärt wesentliche Aspekte der Umsatzsteuerpflicht von Transfergesellschaften. Es unterstreicht die steuerliche Behandlung von Aufstockungsbeiträgen und Remanenzkosten, während Abfindungen als nicht steuerpflichtig eingestuft werden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2024)
Personengesellschaften, die freiberuflich, land- und forstwirtschaftlich oder vermögensverwaltend tätig sind, werden vom Finanzamt in vollem Umfang als Gewerbebetrieb eingestuft, wenn sie nebenher Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielen (sogenannte Abfärbung). Infolge dieser Einordnung fällt häufig Gewerbesteuer an.
Hinweis: Nach einer gesetzlichen Neuregelung aus dem Jahr 2019 werden die Einkünfte der Personengesellschaft auch dann insgesamt gewerblich "eingefärbt", wenn die originär gewerblichen Einkünfte negativ sind. Mit dieser rückwirkenden Regelung setzte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) von 2018 außer Kraft, nach der Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führten.
Glücklicherweise gibt es aber eine Bagatellregelung: Die originär gewerbliche Tätigkeit einer ansonsten freiberuflich tätigen Personengesellschaft führt nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zur gewerblichen Umqualifizierung einer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich einen Höchstbetrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen.
In einem neuen Urteil hat der BFH nun entschieden, dass auch die Einkünfte einer vermögensverwaltenden GbR in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden müssen, wenn originär gewerbliche Verluste erzielt werden, die oberhalb der Bagatellgrenzen liegen. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine vermögensverwaltende GbR auf einem von ihr vermieteten Grundstück eine Photovoltaikanlage betrieben, aus der sie gewerbliche Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte die GbR Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie - isoliert davon - gewerbliche Verluste aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage (die oberhalb der Bagatellgrenzen lagen). Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die GbR ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt hatte, da sie mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage einer gewerblichen Tätigkeit nachgegangen war, die auf die vermögensverwaltende Tätigkeit "abgefärbt" hatte.
Der BFH bestätigte diese Einschätzung und verwies auf die gesetzliche Neuregelung, nach der auch originär gewerbliche Verluste zu einer Abfärbung führen. Die Bundesrichter erachteten die rückwirkende Geltung des Gesetzes als verfassungsgemäß. Die von der Rechtsprechung geschaffenen und von der Finanzverwaltung akzeptierten Bagatellgrenzen sind demnach auch bei Anwendung der Neuregelung zu beachten. Im zugrunde liegenden Fall hatten die gewerblichen Verluste die Bagatellgrenzen überschritten, so dass eine gewerbliche Abfärbung unumgänglich war.
Hinweis: Eine gewerbliche Abfärbung kann in der Praxis von vornherein durch gesellschaftsrechtliche Ausweichgestaltungen vermieden werden, beispielsweise indem die gewerbliche Tätigkeit auf einen Gesellschafter ausgelagert wird, der die Tätigkeit dann auf eigene Rechnung ausübt, oder eine zivilrechtlich selbständige gewerbliche Personengesellschaft errichtet wird. Da diese Gestaltungen sorgfältig geplant sein sollten, ist steuerfachkundiger Rat hierbei unverzichtbar.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 01/2023)