
Fünfjahreszeitraum und Dreiobjektgrenze: Wann liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor?
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 28.07.2022 den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) veröffentlicht. Nach Auffassung des BMF hat sich in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts fachlich notwendiger Gesetzgebungsbedarf ergeben. Wichtige Komponenten sind dabei insbesondere Anpassungen zur weiteren Digitalisierung, zur Verfahrensvereinfachung, zur Rechtssicherheit und Steuergerechtigkeit sowie zur Umsetzung des Koalitionsvertrags. Mit dem JStG 2022 sollen auch notwendige Anpassungen an das EU-Recht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorgenommen werden sowie erforderliche Reaktionen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs erfolgen.
Im Folgenden wird auf die umsatzsteuerrechtlichen Änderungen im Referentenentwurf eingegangen. In diesem Zusammenhang beabsichtigt das BMF die Umsetzung der EU-Zahlungsdienstleister-Richtlinie vom 18.02.2020 sowie des Onlinezugangsgesetzes vom 14.08.2017. Im Einzelnen:
Der Antrag auf Steuervergütung für Leistungsbezüge zur Verwendung zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken im Drittlandsgebiet soll ab dem 01.01.2023 auch in elektronischer Form möglich sein.
Einem Fahrzeugerwerber soll es ermöglicht werden, die Steuererklärung zur Fahrzeugeinzelbesteuerung für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2022 enden, elektronisch zu übermitteln.
Im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens soll eine unionsrechtliche Vorgabe umgesetzt werden. Es soll sichergestellt werden, dass in Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge nicht im Vorsteuervergütungsverfahren vergütet werden, wenn der Abnehmer die ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) nicht angegeben hat, die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung aber objektiv vorliegen. In diesen Fällen sei eine Erstattung im Vorsteuervergütungsverfahren nicht angezeigt, da die entsprechenden Lieferungen steuerfrei behandelt werden könnten, wenn der Abnehmer nachträglich seine USt-IdNr. angibt.
Zahlungsdienstleister sollen ab dem 01.01.2024 verpflichtet werden, über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu informieren.
Hinweis: Die Verbände hatten bis zum 11.08.2022 die Möglichkeit zur Stellungnahme. Das Gesetzgebungsverfahren soll innerhalb des zweiten Halbjahrs 2022 abgeschlossen werden.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2022)
Werden Immobilien des Privatvermögens vor Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert, muss der realisierte Wertzuwachs als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuert werden, so dass häufig ein erheblicher Steuerzugriff erfolgt. Besteuert wird der erzielte Veräußerungspreis abzüglich der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Immobilie und abzüglich der anfallenden Werbungskosten.
Keine Versteuerung muss hingegen erfolgen, wenn die Immobilie zuvor selbstgenutzt worden ist. Hierfür muss eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entweder
im kompletten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung oder
im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren
vorgelegen haben.
Der Bundesfinanzhof hat sich in einem neuen Beschluss mit der zweiten Fallvariante auseinandergesetzt und erneut entschieden, dass eine Selbstnutzung "im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren" bereits dann vorliegt, wenn die Selbstnutzung
im Veräußerungsjahr und dem Vorvorjahr zumindest an einem Tag und
im Vorjahr vor der Veräußerung durchgehend bestanden hat.
Im zugrundeliegenden Fall hatte allerdings im Jahr der Veräußerung gar keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr stattgefunden, so dass sich der klagende Immobilienbesitzer nicht mehr auf die Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung berufen konnte.
Hinweis: Für den steuerfreien Verkauf einer Immobilie innerhalb der Zehnjahresfrist ist also zumindest ein zusammenhängender Selbstnutzungszeitraum von einem Jahr und zwei Tagen erforderlich, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt und im Veräußerungsjahr endet. Wer einen Immobilienverkauf plant, sollte also darauf achten, dass die Selbstnutzung erst im Veräußerungsjahr endet.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Wer mit einer Photovoltaikanlage in die grüne Energiewende investierte, hatte bislang mit vielen steuerlichen Hürden und Fallstricken zu kämpfen. Abhilfe schafft nun das Jahressteuergesetz 2022: Einnahmen, die durch die Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz erzielt werden, sowie der Eigenverbrauch bleiben ab sofort und sogar rückwirkend für das Jahr 2022 einkommensteuerfrei. Dies gilt allerdings nur im Zusammenhang mit Anlagen, die auf Einfamilienhäusern oder nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden, wie Garagen oder Nebengebäuden, installiert sind und maximal eine Bruttoleistung von 30 kWp erbringen.
Für größere Photovoltaikanlagen (z.B. auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden) entfällt die Besteuerung dann, wenn die Maximalleistung nicht mehr als 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit beträgt. Beim Betrieb von mehreren Photovoltaikanlagen dürfen 100 kWp pro Steuerzahler aber nicht überschritten werden.
Die Einkommensteuerbefreiung gilt nicht nur für neu installierte Photovoltaikanlagen, sondern auch für alle bestehenden Anlagen. Für Besitzer von älteren Anlagen kann dies recht lukrativ sein, weil sie häufig noch hohe Einspeisevergütungen beziehen. Die gesamten Einnahmen und Ausgaben sind einkommensteuerlich nicht mehr relevant. Dies bedeutet aber auch, dass die Anschaffungskosten der Anlagen nicht mehr abgeschrieben werden dürfen.
Hinweis: Die Lieferung, das Anbringen und Anschließen einer Photovoltaikanlage können nach wie vor in der Einkommensteuererklärung als Handwerkerleistung mit 20 % (maximal 6.000 EUR pro Jahr) abgesetzt werden.
Wird eine neue Photovoltaikanlage mit einer Maximalleistung bis 30 kWp nach dem 01.01.2023 geliefert oder installiert, entfällt zudem die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis. Der bisherige Umsatzsteuersatz von 19 % wurde auf 0 % herabgesetzt. Der neue Nullsteuersatz gilt ebenfalls für Stromspeicher und das Nachrüsten einer bestehenden Anlage sowie den Austausch von wesentlichen Komponenten wie Solarmodulen oder Wechselrichtern.
Bislang wurden Betreiber von Photovoltaikanlagen bei der Umsatzsteuer regelmäßig als Kleinunternehmer eingestuft, da die Umsatzsteuer auf die Stromproduktion gering ausfiel. Kleinunternehmer mussten schon bisher keine Umsatzsteuer auf Einspeisungen und Eigenverbrauch zahlen. Viele Privatleute wechselten jedoch freiwillig von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung, um sich als Unternehmer die beim Kauf gezahlte Umsatzsteuer erstatten zu lassen. Damit ging ein hoher bürokratischer Aufwand für den Betreiber und das Finanzamt einher, da laufend Umsatzsteuer-Voranmeldungen und eine jährliche Umsatzsteuererklärung abgegeben werden mussten.
Aufgrund des neuen Nullsteuersatzes kann die Kleinunternehmerregelung nun ohne finanziellen Nachteil angewandt werden. Für Photovoltaikanlagen, die vor dem 01.01.2023 in Betrieb genommen wurden, gelten jedoch die bisherigen Regelungen zur Umsatzsteuer weiter.Information für: Hausbesitzerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2023)
Seit einigen Jahren ist es auch möglich, die Riester-Rente zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohnraum einzusetzen. Bei Wohn-Riester können Sie Ihre Beiträge wie auch die staatliche Förderung für Ihr Eigenheim einsetzen. Sie müssen die Altersvorsorgebeiträge nicht gleich bei Bau oder Kauf einsetzen, sondern können auch das aufgenommene Darlehen damit ablösen. Im vorliegenden Streitfall musste das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) darüber entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Bewilligungsbescheid vorlagen.
Die Klägerin erwarb zusammen mit ihrem Mann 1998 ein Haus. Beide Eheleute sind im Grundbuch eingetragen. Zur Finanzierung hatte der Ehemann der Klägerin mehrere Darlehen aufgenommen. Die Klägerin wurde nicht selbst Schuldnerin der Darlehen, verpflichtete sich aber zu selbstschuldnerischen Bürgschaften. 2020 beantragte sie - wie ihr Ehemann für seinen Altersvorsorgevertrag - die Entnahme von Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag zur Sondertilgung der Darlehen. Das Finanzamt lehnte ihren Antrag ab, da sie nicht die unmittelbare Darlehensschuldnerin sei. Nach Ansicht der Klägerin kommt es aber nicht auf eine unmittelbare Schuldnerschaft an.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolglos, so dass die Klägerin zu Recht keinen Bewilligungsbescheid erhielt. Neben weiteren Voraussetzungen müsse das Kapital zur Tilgung eines Darlehens für eine Immobilie verwendet werden. Allerdings habe im Streitfall kein eigenes Darlehen vorgelegen, welches getilgt werden sollte. Die Darlehen seien alle von ihrem Ehemann begründet worden. Die von der Klägerin übernommene Bürgschaft sei nicht mit einem Darlehen gleichzusetzen. Durch die Tilgung des Darlehens wäre keine eigene Schuld beglichen worden. Dass die Klägerin zunächst nicht Gesamtschuldnerin gewesen sei, könne nicht durch ihren nachträglichen Schuldbeitritt oder ihre spätere Aufnahme in die Darlehensverträge geheilt werden. Es fehle am unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung der Immobilie. Auch dass eine Grundschuld eingetragen worden sei, ändere daran nichts, da diese nur der Absicherung der Bank diene und nicht zu begünstigten Anschaffungskosten für die Klägerin führe.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Wenn Sie ein Grundstück kaufen und nach kurzer Zeit wieder verkaufen, kann ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstehen. Handelt es sich um mehrere Grundstücke, schaut das Finanzamt besonders genau hin. So geht es zum Beispiel bei einem Kauf und Verkauf von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahren von einem gewerblichen Grundstückshandel aus. Der hieraus erzielte Gewinn ist natürlich steuerpflichtig. Aber daneben fällt auch noch Gewerbesteuer an. Das Finanzgericht Münster (FG) musste kürzlich darüber urteilen, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorlag oder nicht.
Die Klägerin war die Rechtsnachfolgerin einer GmbH, die per notariellem Vertrag im Jahr 2013 13 Grundstücke veräußerte. Alle Grundstücke wurden im Jahr 2007 erworben, bei allen war der Fünfjahreszeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf um einige Monate überschritten. Das Finanzamt versagte die beanspruchte erweiterte Gewerbesteuerkürzung. Die Tätigkeit der GmbH sei über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen und damit die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten worden. Die Klägerin begründete den Verkauf der Immobilien mit dem plötzlichen Tod eines Geschäftsführers der GmbH. Mit dem Verkaufserlös hätten Darlehen abgelöst werden müssen.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Nach Ansicht des Senats wurde die Grenze der Vermögensverwaltung nicht überschritten. Alle 13 Objekte seien erst nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums veräußert worden. Es lägen entgegen der Ansicht des Finanzamts auch keine besonderen Umstände vor, aufgrund derer trotz Überschreitens des Fünfjahreszeitraums von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen sei. Der Fünfjahreszeitraum sei auch nicht nur geringfügig überschritten worden.
Gegen eine Verkaufsabsicht der Grundstücke bereits bei Erwerb sprach, dass für die aufgenommenen Darlehen eine längerfristige Laufzeit vereinbart worden war. Aufgrund der früheren Rückzahlung der Darlehen waren daher Vorfälligkeitsentschädigungen zu leisten. Die hohe Anzahl der veräußerten Grundstücke allein kann nach Ansicht des Senats nicht zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen. Es müssten auch die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Die Veräußerungsabsicht habe sich hier erst aus dem überraschenden Tod eines Gesellschafter-Geschäftsführers ergeben. Im Übrigen sei daher auch die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht zu versagen.Information für: Hausbesitzerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2023)