Fristversäumnis: Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
Wenn Sie als Unternehmer oder Freiberufler Ihren Gewinn per Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, müssen Sie das Zufluss-Abfluss-Prinzip berücksichtigen. Aber von diesem Prinzip gibt es auch Ausnahmen: beispielsweise bei wiederkehrenden Leistungen um den Jahreswechsel. So sind Zahlungen, die innerhalb von zehn Tagen sowohl fällig als auch geleistet wurden, im alten Jahr zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Umsatzsteuer. Aber wann ist da der Fälligkeitstag? Das Finanzgericht Köln (FG) musste entscheiden, in welchem Jahr eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung zu berücksichtigen ist.
Der Kläger reichte die Umsatzsteuer-Voranmeldung für November 2017 am 10.01.2018 ein. Es gab keine Dauerfristverlängerung. Am 16.01.2018 zog das Finanzamt den fälligen Betrag ein. Der Kläger berücksichtigte die Vorauszahlung im Jahr 2018 als Betriebsausgabe. Das Finanzamt erkannte dies nicht an.
Die Klage hiergegen vor dem FG war erfolgreich. Die Vorauszahlung wurde zum Zeitpunkt der Einziehung geleistet, also am 16.01.2018. Dies führt nicht zu einer Verschiebung des Zahlungsabflusses in das Vorjahr nach der Zehntageregelung. Bei einer Einzugsermächtigung gilt eine später vom Finanzamt eingezogene Zahlung als am Fälligkeitstag geleistet.
Der Abfluss der Zahlung für November 2017 wird nicht in das Jahr 2017 vorverlegt, da die Vorauszahlung bereits am 10.12.2017 und nicht - wie von der Rechtsprechung verlangt - innerhalb der kurzen Frist (Zehntageszeitraum) fällig war. Entscheidend ist das Fälligwerden in dem kurzen Zeitraum. Die Fälligkeit der Umsatzsteuer-Voranmeldung ist gesetzlich geregelt. Diese entfällt auch nicht bei verspäteter oder nichterfolgter Meldung. Da die Vorauszahlung nicht innerhalb der kurzen Zeit um den Jahreswechsel fällig wurde, ist sie im Zahlungsjahr zu berücksichtigen.Information für: Freiberuflerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Durch die Unwetter mit Hochwasser in der Zeit von Ende Mai bis Anfang Juni 2024 sind in weiten Teilen Bayerns beträchtliche Schäden entstanden. Die mit deren Beseitigung verbundenen Kosten haben zahlreiche Steuerpflichtige vor erhebliche finanzielle Belastungen gestellt. Als Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe hatte das bayerische Kabinett daher am 04.06.2024 ein umfangreiches Soforthilfe-Paket verabschiedet, um den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen Unterstützung beim Wiederaufbau zu bieten. Dieses Paket wurde Ende Juni um umsatzsteuerliche Maßnahmen erweitert.
Der Katastrophenerlass umfasst eine Reihe von Maßnahmen, darunter Steuerstundungen, Zahlungserleichterungen, vereinfachte Spendennachweise und die steuerliche Absetzbarkeit von Ersatzbeschaffungen. Die Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung sowie für die Beseitigung von Schäden am Wohneigentum werden als steuerlich abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Der Verlust von Buchführungsunterlagen infolge des Hochwassers hat steuerlich keine nachteiligen Folgen für die Betroffenen.
Die Staatsregierung unterstützt alle Bürger, Gewerbetreibenden, Selbständigen sowie Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, die durch die Katastrophe in existentielle Not geraten sind. Zudem stehen Zuschüsse aus dem Härtefonds bereit, um drohende Existenzgefährdungen abzumildern. Für Schäden an kommunalen Einrichtungen besteht die Möglichkeit einer Förderung nach dem Bayerischen Finanzausgleichsgesetz.
Hinweis: Der aktualisierte Unwettererlass ist auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat verfügbar.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Wenn Sie einen Einspruch gegen einen Verwaltungsakt (z.B. Steuer- oder Kindergeldbescheid) einlegen wollen, haben Sie hierfür im Regelfall einen Monat Zeit. Die Einspruchsfrist verlängert sich jedoch auf ein Jahr, wenn die erlassende Behörde eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung im anzufechtenden Verwaltungsakt abgedruckt hat. Wer seinen Einspruch erst nach Ablauf der Monatsfrist eingereicht hat, macht in der Praxis daher mitunter die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung geltend, um seinem Rechtsbegehren noch unter Geltung der einjährigen Einspruchsfrist zum Erfolg zu verhelfen.
Dies machte auch eine Mutter, die von der Familienkasse 2021 zur Rückzahlung von Kindergeld in Höhe von 9.109 EUR aufgefordert worden war. Der Rückforderungsbescheid enthielt in der Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis, dass der Einspruch auch elektronisch übermittelt werden kann. Da die Mutter ihren Einspruch erst nach Ablauf der Monatsfrist einlegte, wollte sie sich mit Hinweis auf eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung unter die einjährige Einspruchsfrist retten. Sie argumentierte, dass in der Belehrung nicht ausdrücklich gestanden hätte, dass der Einspruch auch mittels einer einfachen E-Mail eingelegt werden dürfe.
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied jedoch, dass die Rechtsbehelfsfrist vollständig und richtig war, so dass die einmonatige Einspruchsfrist galt und der Einspruch der Mutter damit verfristet war. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbehelfsbelehrung erst unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich ist, dass hierdurch die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint.
Im vorliegenden Fall genügte der Hinweis, dass der Einspruch auch elektronisch übermittelt werden kann. Hieraus musste der Empfänger nach Gerichtsmeinung nicht ableiten, dass die Familienkasse einen Einspruch nur mit qualifizierter elektronischer Signatur akzeptiert. Ein klarstellender Hinweis, dass ein Einspruch auch per einfacher E-Mail eingelegt werden kann, war nach Auffassung des BFH nicht notwendig. Hätte die Familienkasse jeden elektronischen Einspruchsweg (z.B. auch per Telefax, E-Mail-to-Fax, DE-Mail) einzeln aufgeführt, hätte dies eher für Verwirrung gesorgt und die Rechtsbehelfsbelehrung inhaltlich überfrachtet.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 02/2024)
Steuerzahler dürfen Prozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzen, wenn sie ohne die Prozessführung Gefahr liefen, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Da diese Fälle sehr selten sind, führt diese Regelung des Einkommensteuergesetzes in der Praxis häufig zu einem Abzugsverbot.
Hinweis: Die Regelung gilt nicht nur für Zivilprozesse, sondern auch für Verfahren vor den Straf-, Verwaltungs- und Finanzgerichten. Erfasst werden alle Aufwendungen, die unmittelbar mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängen, also insbesondere Gerichtskosten, Anwaltsgebühren, Reisekosten und Parteiauslagen. Nicht unter das Abzugsverbot fallen lediglich Prozesskosten, die wegen eines beruflichen bzw. betrieblichen Bezugs als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind.
Nach einem neuen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt das einkommensteuerliche Abzugsverbot auch für Prozesskosten, die für die Führung eines Rechtsstreits eines Dritten getragen wurden. Im zugrundeliegenden Fall hatten Eltern geklagt, deren Sohn einem Strafprozess ausgesetzt war. Die Eltern hatten die Prozesskosten von 9.520 EUR übernommen und wollten diese als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung abziehen. Der BFH lehnte jedoch ab und erklärte, dass das einkommensteuerliche Abzugsverbot auch für Kosten Dritter gilt. Der Gesetzeswortlaut differenziert nicht zwischen eigenen Prozesskosten und Kosten Dritter, auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kostentragung für Dritte von der Anwendung des Abzugsverbots ausgeschlossen ist. Abschließend wies der BFH darauf hin, dass der Ausnahmefall der Existenzgefährdung im vorliegenden Fall weder bei den Eltern noch bei ihrem Sohn gegeben war.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern lohnsteuerfrei (Elektro-)Fahrräder überlassen, sofern dieser Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Geht die Überlassung des Dienstfahrrads mit einer Lohnkürzung einher, kommt die Steuerbefreiung also nicht zum Tragen, in diesem Fall lässt sich aber von einer abgesenkten Bemessungsgrundlage für die Vorteilsversteuerung profitieren.
Es gilt die Grundregel: Als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung muss für das Fahrrad 1 % der (auf volle 100 EUR abgerundeten) unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers einschließlich Umsatzsteuer lohnversteuert werden. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das betriebliche Fahrrad aber erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2031, muss als monatlicher Durchschnittswert ab dem 01.01.2020 nur noch ein Viertel der unverbindlichen Preisempfehlung versteuert werden. Für das Kalenderjahr 2019 darf noch ein Ansatz der halbierten unverbindlichen Preisempfehlung erfolgen.
Es muss nach wie vor die volle Preisempfehlung lohnversteuert werden, wenn der Arbeitgeber das Fahrrad bereits vor dem 01.01.2019 einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen hat und nach dem 31.12.2018 lediglich der Nutzungsberechtigte für dieses Fahrrad wechselt.
Die Sachbezugsfreigrenze von 50 EUR pro Monat ist auf Fahrradüberlassungen nicht anwendbar - auch nicht bei der Anwendung der Halbierungs- bzw. Viertelungsregelung. Gehört die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur (an Dritte gerichteten) Angebotspalette des Arbeitgebers (z.B. bei Fahrradverleihfirmen), kann der geldwerte Vorteil aber unter den Rabattfreibetrag von 1.080 EUR pro Jahr gefasst werden. Dies gilt jedoch nur, wenn die Lohnsteuer nicht pauschal erhoben wird.
Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD) hat jetzt klargestellt, dass die günstigen Besteuerungsregelungen auch anwendbar sind, wenn einem Arbeitnehmer mehrere (Elektro-)Fahrräder überlassen werden. Für Elektroroller lassen sich die Steuerbefreiung und die günstigen Bewertungsregelungen allerdings nicht anwenden.
Die OFD weist weiter darauf hin, dass auch fest verbautes Zubehör des (Elektro-)Fahrrads steuerfrei an den Arbeitnehmer überlassen werden kann. So kann beispielsweise nachträglich ein fest verbautes Schloss oder Navigationsgerät am Fahrradrahmen bzw. Lenker angebracht werden, ohne dass hierauf Lohnsteuer anfällt. Wird hingegen zusätzlich ein Fahrradanhänger überlassen, ist der daraus entstehende Vorteil steuerpflichtig (nicht fest verbaut). Gleiches gilt für die Überlassung von Fahrradhelmen, mobilen Navigationsgeräten und Satteltaschen an den Arbeitnehmer.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) können mündliche Verhandlungen mittlerweile auch per Videokonferenz durchgeführt werden. Gerichte können es den Prozessbeteiligten und ihren Bevollmächtigten gestatten, sich zur Verhandlung von einem anderen Ort als dem Sitzungssaal zuschalten zu lassen und von dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Auch Zeugen und Sachverständige können auf diese Weise per Video zugeschaltet werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein Finanzgericht (FG) Prozessbevollmächtigte und rechtskundige Beteiligte nicht von sich aus darauf hinweisen muss, dass die mündliche Verhandlung im Wege einer Videokonferenz durchgeführt werden kann. Geklagt hatte eine Steuerberaterin, die in eigener Sache vor dem FG München gegen die Besteuerung von Leistungen aus einem Pensionsfond geklagt hatte. Nachdem der Termin für die mündliche Verhandlung feststand, teilte die Beraterin dem Gericht mit, dass ohne sie verhandelt werden könne, da von ihrer Seite alle Argumente vorgebracht worden seien.
Was sie nicht wusste: Ihr Prozessgegner (das Finanzamt) hatte wenige Tage zuvor beantragt, an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz teilnehmen zu dürfen. Das Gericht hatte diesem Antrag stattgegeben und die mündliche Verhandlung daraufhin per Videokonferenz allein mit dem Finanzamt durchgeführt. Gegen das klageabweisende Urteil zog die Steuerberaterin mit einer Beschwerde vor den BFH. Sie sah einen Verfahrensmangel darin begründet, dass das FG sie nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, an der Verhandlung per Videoschaltung teilnehmen zu können. Sie habe lediglich wegen zeitlicher Überlastung und langer Anfahrtswege auf die Teilnahme in Präsenz verzichtet, an einer Videokonferenz hätte sie aber - bei rechtzeitiger Kenntnis - auf jeden Fall teilgenommen.
Der BFH wies die Beschwerde jedoch zurück und erklärte, dass das Finanzgericht keinen Verfahrensfehler begangen habe. Es habe nicht gegen das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, da es Prozessbeteiligte nicht auf Umstände hinweisen müsse, die diese selbst hätten erkennen können. Insbesondere rechtskundige Prozessbeteiligte wie die Klägerin müssten nicht darauf hingewiesen werden, dass mündliche Verhandlungen nach der FGO auch im Wege der Videokonferenz durchgeführt werden könnten. Das FG habe die Klägerin auch nicht von Amts wegen zur Videokonferenz "einladen" müssen, da sie ihre Absage zur Präsenzverhandlung damit begründet habe, dass alle Argumente vorgebracht worden seien. Für das Gericht sei somit nicht ersichtlich gewesen, dass die Teilnahme nur wegen zeitlicher Überlastung und langer Anfahrtswege abgesagt worden sei.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2023)
Im Steuerrecht gibt es verschiedene Fristen, von denen eine der wichtigsten die Einspruchsfrist ist. Bei dieser ist innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheids der Einspruch einzulegen. Wird während dieser Frist kein Einspruch eingelegt, wird der Bescheid bestandskräftig. Aber was wäre, wenn man einen Monat lang im Koma läge und keinen Einspruch einlegen könnte? Hätte man dann einfach Pech gehabt? Nein, natürlich nicht.
Wenn man keine Schuld daran trägt, dass die Frist versäumt wurde, kann man die sogenannte "Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" beantragen. Dann wird quasi so getan, als wäre die Frist noch nicht abgelaufen. Aber welche weiteren Gründe gibt es für eine Wiedereinsetzung? Das Finanzgericht Münster (FG) musste entscheiden, ob im Streitfall "gute Gründe" vorlagen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erhielt am 21.12.2023 eine zurückweisende Einspruchsentscheidung. Am 22.12.2023 übermittelte eine Mitarbeiterin der Kanzlei die Einspruchsentscheidung per E-Mail an die Klägerin. Zudem ging am 27.12.2023 ein Schreiben per Post an die Klägerin mit dem Hinweis auf das Ende der Klagefrist am 22.01.2024.
Die Klägerin hatte aber bereits am 22.12.2023 nach Büroschluss eine E-Mail an die Kanzleimitarbeiterin geschrieben, dass Klage erhoben werden soll. Am 26.01.2024 erhob der Prozessbevollmächtigte Klage und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Die Begründung: Seine Mitarbeiterin habe zwischen den Feiertagen Urlaub gehabt, er selbst in der ersten Januarwoche, und die E-Mail der Klägerin habe aus nicht mehr aufklärbaren Gründen den zuständigen Sachbearbeiter in der Kanzlei nicht erreicht.
Die Klage vor dem FG war unzulässig. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sei nicht möglich, da die Klagefrist nicht ohne Verschulden versäumt worden sei. Der Prozessbevollmächtigte habe es versäumt, durch eine entsprechende Organisation dafür zu sorgen, dass Fristen zuverlässig überwacht und eingehalten würden. Das Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten sei der Klägerin zuzurechnen. Wenn Korrespondenz über individuelle E-Mail-Adressen der Mitarbeiter erfolge, sei es wichtig, Regelungen zur Nutzung und Weiterleitung von E-Mails zu treffen. Zudem fehlten klare Vertretungsregelungen für den Urlaubs- und Krankheitsfall.
Des Weiteren habe der Prozessbevollmächtigte nicht darlegen können, weshalb der Klageauftrag den zuständigen Sachbearbeiter nicht erreicht habe. Auch ein eigenes Verschulden der Klägerin sei nicht auszuschließen, da sie das Schreiben des Prozessbevollmächtigten mit der Bitte um Nachricht, ob Klage erhoben werden soll, erst nach Erteilung ihres Klageauftrags erhalten und nicht weiter nachgefragt habe.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Wenn Ihr Kind eine öffentliche Schule besucht, müssen Sie für den Schulbesuch nichts zahlen, da die Kosten von der öffentlichen Hand getragen werden. Für den Schulbesuch zahlen müssen Sie hingegen, wenn Sie Ihr Kind auf eine private Schule schicken. Diese Zahlung kann direkt an die Schule erfolgen. Erfolgt sie jedoch über einen Förderverein, stellt sich die Frage, ob es sich dann ebenfalls um Schulgeld handelt. Das Finanzgericht Münster (FG) musste kürzlich hierüber entscheiden.
Die Kinder der Kläger besuchten eine staatlich anerkannte Ersatzschule in freier Trägerschaft einer Stiftung. Im Streitjahr zahlten die Kläger an den als gemeinnützig anerkannten Förderverein der Schule 1.000 EUR. Vereinszweck ist die Förderung von Bildung und Erziehung an besagter Schule. Von den Eltern der Schüler erhielt der Förderverein im Streitjahr insgesamt 37.500 EUR und führte 43.500 EUR an die Stiftung ab. Diese wiederum überwies mindestens 54.000 EUR zur Finanzierung des Schulträgereigenanteils an die Schule. Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung ihre Zahlung an den Förderverein als Schulgeld geltend. Das Finanzamt sah darin jedoch weder Schulgeld noch eine Spende.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die Zahlung an den Förderverein ist als Schulgeld zu berücksichtigen. Bei Schulgeld handle es sich um die Kosten für den normalen Schulbetrieb, soweit diese Kosten an einer staatlichen Schule von der öffentlichen Hand getragen würden. Dies gelte auch für Zahlungen an einen Förderverein, wenn dieser das Geld zur Deckung der Betriebskosten an den Schulträger weiterleite. Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien die Zahlungen zur Finanzierung des Schulträgereigenanteils geleistet worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Satzung des Fördervereins keine Regelung zur ausschließlichen Mittelverwendung für den normalen Schulbetrieb enthalte. Es sei unschädlich, wenn auch Zwecke außerhalb des normalen Schulbetriebs gefördert würden.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Trauerredner benötigen für ihre Berufsausübung eine angemessene Garderobe. Daher scheint es im Falle einer unternehmerisch ausgeübten Tätigkeit naheliegend, die Vorsteuer aus dem Kauf, der Änderung und der Reinigung der Kleidung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesem Ansinnen nun jedoch einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass die Garderobe eines Trauerredners zur bürgerlichen Kleidung zählt und somit lediglich Aufwendungen für die private Lebensführung vorliegen, für die das Umsatzsteuergesetz den Vorsteuerabzug ausschließt. Dass die Kleidung für die Berufsausübung genutzt wird, führt nach Gerichtsmeinung zu keinem anderen Ergebnis, denn Aufwendungen für die Lebensführung werden auch dann vom Vorsteuerabzugsverbot erfasst, wenn sie zur Förderung des Berufs getragen werden. Der BFH verwies darauf, dass ein Vorsteuerabzug nur für typische Berufskleidung möglich ist, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann.
Hinweis: Kosten für typische Berufskleidung wie beispielsweise Uniformen, Richterroben, Blaumänner und Arbeitsschutzausstattung dürfen auch als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Dies gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch Selbständige. Das Finanzamt erkennt auch die Kosten für die Reinigung (Waschen, Trocknen und Bügeln) von typischer Berufskleidung an. Abziehbar sind sowohl die Kosten für die Wäscherei als auch das Waschen in Eigenregie.
Der BFH hatte wenige Monate zuvor im gleichen Fall entschieden, dass die Garderobe des Trauerredners auch nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden darf. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass auch im Einkommensteuerrecht ein Abzugsverbot für bürgerliche Kleidung gilt.
Hinweis: Die BFH-Entscheidung wirkt sich auf alle Erwerbstätigen aus, die bei ihrer Berufsausübung bürgerliche Kleidung tragen und hierfür Vorsteuer geltend machen wollen. Das Abzugsverbot dürfte gleichermaßen beispielsweise auch für schwarze Anzüge von Bestattern, Kellnern und Geistlichen gelten.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 04/2023)
Mündliche Verhandlungen der Finanzgerichte (FG) können nach der Finanzgerichtsordnung auch per Videokonferenz durchgeführt werden. Die Gerichte können es den Prozessbeteiligten und ihren Bevollmächtigten zu diesem Zweck gestatten, sich zur Verhandlung von einem anderen Ort als dem Sitzungssaal zuschalten zu lassen und von dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Auch Zeugen und Sachverständige können auf diese Weise per Video zugeschaltet werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein finanzgerichtliches Urteil auf einem Verfahrensmangel beruht, wenn während der per Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter für die zugeschalteten Beteiligten sichtbar sind. Im zugrunde liegenden Fall war während der überwiegenden Zeit nur der Vorsitzende Richter des Senats im Bild zu sehen gewesen. Der BFH verwies darauf, dass für die Prozessbeteiligten auch während einer Videokonferenz feststellbar sein müsse, ob die beteiligten Richter in der Lage sind, der Verhandlung in ihren wesentlichen Abschnitten zu folgen. So kurios es klingen mag: Es muss feststellbar sein, ob ein Richter eingeschlafen ist, erst verspätet auf der Richterbank Platz genommen hat oder vorzeitig gegangen ist.
Die Videoübertragung im zugrunde liegenden Fall hatte sich auf den Vorsitzenden Richter fokussiert, so dass der Anspruch der Klägerseite auf die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts verletzt war. Der BFH erklärte, dass die Videoübertragungstechnik "ohne Verlust rechtstaatlicher Qualität" genutzt werden solle, so dass auch zugeschaltete Prozessbeteiligte die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts und damit die Anwesenheit aller Mitglieder des Spruchkörpers feststellen könnten. Nach dem Urteil müssen Verfahrensbeteiligte die Möglichkeit haben, die anderen Verfahrensbeteiligten und alle Mitglieder des Gerichts sowohl visuell als auch akustisch wahrzunehmen.
Hinweis: Der BFH hob das folglich mängelbehaftete FG-Urteil auf und verwies die Sache zurück an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Ob das FG nun im zweiten Rechtsgang erneut per Videoschaltung oder in Präsenz verhandeln wird, bleibt abzuwarten.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2023)
Das deutsche Recht sieht vor, dass pro Kind nur einer berechtigten Person Kindergeld gezahlt wird. Sind mehrere Personen bezugsberechtigt, fließt die Leistung an denjenigen, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Wem Kindergeld zusteht, wenn ein Pflegekind erst im Laufe eines Monats in den Haushalt von Pflegeeltern aufgenommen wird, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) näher untersucht.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine obdachlose Frau am 26.11.2020 ein Kind entbunden, das vom Jugendamt umgehend in Obhut genommen wurde (Amtspflegschaft). Einige Tage später, am 07.12.2020 nahmen Pflegeeltern das Kind in ihren Haushalt auf. Vor dem BFH begehrten diese die Zahlung von Kindergeld für die Monate November und Dezember 2020 (samt Kinderbonus von 300 EUR für 2020). Die Familienkasse gewährte ihnen das Kindergeld jedoch erst ab Januar 2021 (somit ohne den Kinderbonus 2020) und erklärte, dass die Änderung der familiären Verhältnisse des Kindes durch die Haushaltsaufnahme erst ab dem Folgemonat zu einem Kindergeldanspruch geführt hätte. Im vorliegenden Fall sei daher für November und Dezember die leibliche Mutter noch vorrangig kindergeldberechtigt gewesen.
Die Pflegeeltern hielten dem entgegen, dass bereits ab Geburt des Kindes festgestanden habe, dass das Kind in Obhut genommen und in ihren Haushalt aufgenommen wird. Der BFH gab jedoch der Familienkasse recht und verwies darauf, dass zunächst die leiblichen Eltern ab Geburt kindergeldberechtigt waren. Da die Verhältnisse am jeweiligen Monatsanfang für den Kindergeldanspruch maßgebend sind, verblieb der Kindergeldanspruch für Dezember 2020 somit noch bei den leiblichen Eltern als vorrangig Anspruchsberechtigte. Die Haushaltsaufnahme durch die Pflegeeltern konnte den Kindergeldanspruch erst ab Januar 2021 auf sie umleiten.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Homeoffice-Pauschale sind ab dem Jahr 2023 unter veränderten Regelungen steuerlich abziehbar - der Gesetzgeber hat die einkommensteuerlichen Vorschriften mit dem Jahressteuergesetz 2022 überarbeitet und damit auf die Veränderungen in der Arbeitswelt reagiert, die sich im Zuge der Corona-Pandemie vollzogen hatten.
Ab 2023 gilt ein neues Wahlrecht für Erwerbstätige, die den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer haben. Sie dürfen ihre Raumkosten entweder wie bisher in Höhe der tatsächlich angefallenen Aufwendungen in unbeschränkter Höhe abrechnen oder alternativ eine Jahrespauschale von 1.260 EUR absetzen. Wählen sie die Pauschale, müssen sie dem Finanzamt die tatsächlich angefallenen Raumkosten nicht nachweisen.
Bei fehlendem Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer konnten Erwerbstätige ihr häusliches Arbeitszimmer bis einschließlich 2022 noch zumindest beschränkt mit 1.250 EUR pro Jahr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen, sofern ihnen kein Alternativarbeitsplatz (z.B. beim Arbeitgeber) zur Verfügung stand. Diese Fallvariante wurde ab 2023 abgeschafft. Erwerbstätige, deren Tätigkeitsmittelpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers liegt, können ihre Raumkosten nun nur noch im Wege der Homeoffice-Pauschale abziehen. Diese wurde ab 2023 aber auf 6 EUR pro Arbeitstag, maximal 1.260 EUR pro Jahr, erhöht.
Da sich in der Praxis viele Einzelfragen zur Anwendung der neuen Vorschriften ergaben, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun ein ausführliches Anwendungsschreiben zur Thematik veröffentlicht. Beantwortet werden darin Einzelfragen zur Definition eines häuslichen Arbeitszimmers, zu den abzugsfähigen Raumkosten, zum Tätigkeitsmittelpunkt, zu Multijobbern, zum fehlenden Alternativarbeitsplatz, zur Tagespauschale sowie zur doppelten Haushaltsführung.
Hinweis: Das neue BMF-Schreiben bietet für die Praxis einen hilfreichen Werkzeugkasten, um den steuerlichen Raumkostenabzug für den eigenen Fall zu klären. Da die Regelungen aber komplex sind, empfiehlt es sich, dass Sie Ihren steuerlichen Berater zu Rate ziehen, damit Sie die Aufwendungen für Homeoffice und Arbeitszimmer ab 2023 optimal absetzen können.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 11/2023)