Einsicht in Steuerakten: Prüfung eines Schadenersatzanspruchs gegen Dritte ist kein tragfähiger Grund

Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) vorgelegt, der inzwischen den Status eines Regierungsentwurfs erlangt hat. Aus umsatzsteuerlicher Sicht beinhaltet der Entwurf insbesondere die folgenden Änderungen: Verpflichtende Verwendung von elektronischen Rechnungen: Die relevanteste Änderung besteht in der Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für Leistungen zwischen inländischen Unternehmern, die in einem bestimmten strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden und eine elektronische Verarbeitung ermöglichen soll. Diese Änderung soll am 01.01.2025 mit einer Übergangsregelung in Kraft treten, wonach im Jahr 2025 neben der neuen, strukturierten Rechnung auch noch die bisherigen sonstigen Rechnungen (Papier oder PDF-Datei in einer E-Mail) genutzt werden können. Vereinfachungen und Änderungen im Besteuerungsverfahren unter anderem für Kleinunternehmer: Kleinunternehmer sollen künftig grundsätzlich von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit sein. Anhebung der Grenze für die Ist-Besteuerung: Die Umsatzgrenze für die Möglichkeit, die Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten zu berechnen, soll ab dem 01.01.2024 von 600.000 EUR auf 800.000 EUR angehoben werden. Erweiterung der Vereinfachungsregelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers: Die Vereinfachungsregelung in § 13b Umsatzsteuergesetz kann ab 01.01.2024 auch für die Übertragung von Emissionszertifikaten angewandt werden. Steuersatz von 7 % auf Leistungen von Zweckbetrieben: Es wird klargestellt, dass der ermäßigte Steuersatz nur auf Leistungen von Zweckbetrieben nach §§ 66 bis 68 (nicht nach § 65) Abgabenordnung anzuwenden ist. Begünstigte Leistungen liegen auch dann vor, wenn die vom jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder bei der Leistungserbringung mitwirken (z.B. Inklusionsbetriebe). Steuerbefreiung für Pflege- und Betreuungsleistungen an körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftige Personen: Alle Verfahrenspfleger, die in Betreuungs- und Unterbringungssachen tätig sind, werden ab dem 01.01.2024 als begünstigte Einrichtungen anerkannt. Hinweis: Ziel ist es, aus steuerlicher Sicht die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2023)
In einem Urteil zur Bestimmung des Orts der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer bei illegaler Wareneinfuhr nimmt der Europäische Gerichtshof (EuGH) Stellung zum Zusammenspiel von Zoll- und Mehrwertsteuerrecht. Der in Polen wohnhafte Kläger erwarb im Jahr 2012 auf einem Markt in seinem Heimatland insgesamt fast 44.000 Zigaretten, auf deren Verpackungen nur ukrainische und belarussische, aber keine EU-Steuerbanderolen angebracht waren. Der Käufer bzw. Wiederverkäufer und später Kläger verbrachte die Zigaretten in die Nähe von Braunschweig, ohne dies den zuständigen Zollstellen zu melden. Dort übergab er die Ware einem deutschen Käufer, wobei er festgenommen wurde. Die Zigaretten wurden sichergestellt und später vernichtet. Das Hauptzollamt Braunschweig vertrat die Ansicht, die Zigaretten seien rechtswidrig in das Gebiet der EU und Deutschlands verbracht worden und der Kläger sei Schuldner der entstandenen Zollschuld. Diese Feststellung war unstreitig. Es wurde jedoch ebenfalls eine Einfuhrumsatzsteuerschuld festgesetzt. Das Finanzgericht Hamburg (FG) hatte über die Klage gegen die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer zu entscheiden. Es ging um die Frage, ob die Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland entstanden ist und welche Vorschriften im Streitfall für die Bestimmung des Entstehungsorts der Einfuhrumsatzsteuer maßgeblich sind. Das FG wandte sich hierzu in einem Vorabentscheidungsersuchen zunächst an den EuGH. Dieser stellte mit Verweis auf den für die Mehrwertsteuer geltenden Grundsatz der steuerlichen Territorialität fest, dass die Einfuhrumsatzsteuer dem Mitgliedstaat zusteht, in dem der Endverbrauch (eigentlich) erfolgen soll - im Streitfall Polen. Würde sich die Steuerschuld dagegen aufgrund der Verweisungsnorm des Umsatzsteuergesetzes nach den Vorschriften des Zollkodex bestimmen, dann stünden die Einnahmen dem Mitgliedstaat zu, in welchem die Entstehung der Zollschuld festgestellt wurde - also Deutschland. Der EuGH kam somit zu dem Ergebnis, dass die nationale Verweisungsnorm den unionsrechtlichen Vorgaben für die Bestimmung der Einfuhrumsatzsteuerschuld entgegensteht. Der EuGH wies - wie bereits in seiner früheren Rechtsprechung - darauf hin, dass die Gegenstände zum Verbrauch im jeweiligen Mitgliedstaat bestimmt sein müssen. Im Streitfall führt das dazu, dass, sollte das FG feststellen, dass die Zigaretten zum Verbrauch in Polen bestimmt waren, die zuständige deutsche Behörde verpflichtet wäre, die Informationen über die Sicherstellung der Zigaretten an die zuständige polnische Behörde zu übermitteln, um die Gefahr eines Steuerverlusts dort zu vermeiden. Unter Beachtung der nationalen polnischen Regelung entstünde nämlich dort die Einfuhrumsatzsteuer.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Das Finanzgericht Saarland (FG) musste die Frage klären, ob Nachzahlungszinsen gemäß § 233a Abgabenordnung (AO) auf Umsatzsteuer mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Insbesondere hatte es zu prüfen, ob das Neutralitätsprinzip anwendbar und verletzt ist bzw. ob die Regelungen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Im Besprechungsfall wurden im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung für die Jahre 2014 bis 2016 Hinzuschätzungen vorgenommen. Auf dieser Basis erließ das Finanzamt im Jahr 2018 entsprechende Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide sowie Bescheide über Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO zu diesen Steuern. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren und einer Änderung der Zinsbescheide im Klageverfahren ging es nur noch um die restlichen nach § 233a AO festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer. Nach Auffassung des FG verstoßen die Vorschriften über Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO bei Zinsen, denen Hinzuschätzungen zugrunde liegen, nicht gegen europarechtliche Grundsätze. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer sei zwar prinzipiell auch auf die Zinsvorschriften anwendbar. Da der Unternehmer durch die Abschöpfung des Liquiditätsvorteils jedoch nicht belastet sei, sei dieser Grundsatz im Fall der Nachzahlungszinsen nicht verletzt. Die Zinsvorschriften seien zwar nicht schon deshalb mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, weil das deutsche Verfahrensrecht die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen vorsehe. Sie stünden jedoch zumindest insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen, als bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit bei der Bemessung eines Ausgleichs des Liquiditätsvorteils europarechtliche Maßstäbe gelten würden. Zudem seien bei der Frage eines milderen Mittels in Bezug auf die Zinsbelastung auch andere Renditemöglichkeiten von Kapitalüberlassung in Betracht zu ziehen. Hinweis: Zur Unionsrechtswidrigkeit hatte Mitte 2023 auch das Finanzgericht Düsseldorf zu entscheiden. Insoweit sind aktuell beim Bundesfinanzhof (BFH) sowohl ein Beschwerdeverfahren als auch ein Revisionsverfahren anhängig. Im Urteilsfall aus dem Saarland wurde die Revision beim BFH zwar zugelassen, aber offenbar nicht eingelegt.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Kosten für übliche Heilbehandlungen werden vom Finanzamt in der Regel ohne besonderen Nachweis als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Strenger sind die Nachweishürden aber bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden - diese sind nur absetzbar, wenn der Steuerbürger ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegen kann, wonach die Behandlung zwangsläufig war; dieser Nachweis muss zudem vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) war eine Fettabsaugung (Liposuktion) infolge einer Erkrankung des Fettgewebes (Lipödem) als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode einzustufen, so dass die hohen Nachweishürden galten. Der BFH hat diese strenge Einordnung mittlerweile jedoch revidiert und entschieden, dass die Kosten für die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung abgesetzt werden dürfen. Hinweis: Grund für diesen Richtungswechsel war, dass über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter Medizinern seit 2016 kein nennenswerter Streit mehr besteht. In einem neuen Fall hat der BFH nun seine gelockerte Rechtsansicht bestätigt und einer Frau aus Thüringen den Kostenabzug für eine Fettabsaugung an den Armen eröffnet. Die Frau hatte vor der Operation kein amtsärztliches Gutachten eingeholt, sondern erst danach. Der BFH sah die medizinische Notwendigkeit jedoch als hinreichend nachgewiesen an. Hinweis: Die Kosten für eine Liposuktion sind also ohne besonderen Nachweis abziehbar, da steuerlich eine übliche Heilbehandlung vorliegt. Wichtig ist aber, dass die Behandlung nicht aus rein kosmetischen Gründen erfolgt ist, sondern zur Behandlung eines Lipödems.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 02/2024)
Entstehen Ihnen Aufwendungen im Zusammenhang mit Ihrer beruflichen Tätigkeit, können diese Werbungskosten sein. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Im Streitfall stellte sich die Frage, ob Strafverteidigungskosten eines Anwalts Werbungskosten sein können. Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste darüber entscheiden, ob hier ein Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers bestand. Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war in den Jahren 2004 bis 2011 in leitenden Funktionen im X-Konzern tätig und erzielte dort Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im Jahr 2012 erstattete die X-AG Strafanzeige gegen ihn und andere Führungskräfte. Für die Strafverteidigung entstanden dem Kläger Kosten von ca. 67.000 EUR. Alle Vorwürfe gegen ihn wurden am Ende entkräftet und die Ermittlungsverfahren eingestellt. Das Finanzamt wollte die Strafverteidigungskosten nicht als Werbungskosten berücksichtigen. Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die Strafverteidigungskosten sind als Werbungskosten abzugsfähig. Die strafrechtlichen Vorwürfe, gegen die sich der Kläger verteidigte, waren unmittelbar durch sein früheres berufliches Verhalten veranlasst. Die Kosten sind daher als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Es besteht ein Veranlassungszusammenhang der Kosten zu den früheren Einkünften des Klägers im Konzern, da ihm strafrechtlich relevantes Verhalten in Ausübung seiner früheren beruflichen Tätigkeiten zur Last gelegt wurde. Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang wird auch nicht durch private Mitveranlassungsgründe überlagert. Der erhobene Vorwurf reicht nicht für die Annahme einer privaten Mitveranlassung der Strafverteidigungskosten aus.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Will der Arbeitgeber einem Beschäftigten etwas Gutes tun - zum beiderseitigen Vorteil -, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So kann er zum Beispiel einen Tankgutschein ausgeben oder gleich einen Firmenwagen zur Verfügung stellen. Auch ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist prinzipiell Arbeitnehmer. Wie allen anderen, so kann auch ihm ein Pkw entweder nur für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte oder auch für andere, private Fahrten, etwa in den Urlaub, zur Verfügung gestellt werden. Wurde ein Privatnutzungsverbot ausgesprochen, muss der Arbeitnehmer auch keinen geldwerten Vorteil für private Fahrten versteuern. Aber gilt das auch für einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer? Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden. Die Klägerin, eine GmbH, vereinbarte mit ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer A den Anspruch auf einen Firmen-Pkw der gehobenen Mittelklasse. Diesen durfte er allerdings nicht privat nutzen. Die GmbH machte für den neuangeschafften Pkw eine Sonderabschreibung geltend. Eine private Nutzung wurde nicht erfasst. Das Finanzamt setzte jedoch einen Anteil für Privatnutzung an (1-%-Regelung) und erkannte die Sonderabschreibung nicht an, da durch die vermutete Privatnutzung keine (fast) ausschließliche betriebliche Nutzung vorlag. Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Im Streitfall sprach der Anscheinsbeweis dafür, dass trotz des Verbots eine private Nutzung erfolgte und zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei A führte. Die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein Fahrzeug, das ihm von der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werde, auch privat nutze. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot, wenn keine organisatorischen Maßnahmen getroffen würden, um eine private Nutzung auszuschließen. Der Senat ist damit nicht der bisherigen Rechtsprechung gefolgt, wonach keine Privatnutzung anzunehmen ist, wenn diese vertraglich verboten wurde. Für den Anscheinsbeweis spricht ihm zufolge, dass sich selbst bei einem Privatnutzungsverbot aufgrund des fehlenden Interessengegensatzes keine gesellschaftsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen für A ergeben würden.Information für: GmbH-Gesellschafter/-GFzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) hat sich mit der Möglichkeit der Berichtigung eines geschuldeten Umsatzsteuerbetrags bei Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters befasst. Fraglich war, ob eine Apotheke den geschuldeten Umsatzsteuerbetrag berichtigen kann, wenn über das Vermögen des von ihr für Abrechnungszwecke mit den gesetzlichen Krankenkassen beauftragten Dienstleisters das Insolvenzverfahren eröffnet wird, bevor dieser das von den Krankenkassen an ihn überwiesene Entgelt an die Apotheke weitergeleitet hat. Geklagt hatte eine Apotheke, die den gesetzlichen Krankenkassen Arznei- oder Heilmittel liefert, welche die Versicherten als Sachleistungen erhalten. Die Apotheke schloss mit einer GmbH einen Vertrag zur Übernahme der Abrechnungstätigkeit und des Einzugs von Rezeptforderungen. Auf dieser Basis rechnete die GmbH mit den Krankenkassen ab. Sie übernahm den Forderungseinzug in ihrem Namen auf Rechnung der Apotheke, erhielt von den Krankenkassen die Zahlungen für die Arzneimittellieferungen und teilte der Apotheke den Zahlungseingang mit. Die Apotheke berechnete die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten. In ihren monatlichen Voranmeldungen berücksichtigte sie die noch offenen Restzahlungen für August und September 2020 abzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer. Bevor die GmbH diese Restzahlungen an die Apotheke weiterleiten konnte, wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Apotheke legte gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für August und September 2020 Einspruch ein und trug vor, dass die Restzahlungen uneinbringlich geworden seien. Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass das Entgelt aufgrund der Abtretung der Ansprüche gegen die Krankenkasse an die GmbH der Apotheke zuzurechnen und daher nicht uneinbringlich sei. Dem folgte auch das FG. Die Krankenkasse habe die Gegenleistung vereinbarungsgemäß an die GmbH gezahlt. Das Entgelt sei daher nicht uneinbringlich. Die Leistungsverhältnisse zwischen der Apotheke und den Krankenkassen sowie zwischen der Apotheke und der GmbH seien grundsätzlich getrennt zu betrachten. Die Umsatzsteuer sei mit den Lieferungen für die Krankenkasse an deren Versicherte entstanden. Die Abtretung der Ansprüche an die GmbH ändere daran nichts. Zum Zeitpunkt der Zahlung der Krankenkasse an die GmbH sei der Anspruch der Apotheke auf die Gegenleistung erloschen. Die Apotheke habe das vereinbarte Entgelt vereinnahmt. Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Erben dürfen von ihrem erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb verschiedene Nachlassverbindlichkeiten abziehen, darunter einen Pauschbetrag für Erbfallkosten in Höhe von 10.300 EUR, der insbesondere die Kosten für die Bestattung und für die Regelung des Nachlasses abdecken soll. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass auch Nacherben diese Erbfallkostenpauschale in Anspruch nehmen können. Hinweis: Mit der testamentarischen Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft setzt der Erblasser eine Person als Vorerben ein, der die Erbschaft zunächst für einen gewissen Zeitraum nutzen kann. Der testamentarisch bestimmte Nacherbe wird mit Ende der Vorerbschaft (in der Regel mit dem Tod des Vorerben) zum Erben des Erblassers. Zum Schutz des Nacherben ist der Vorerbe in seiner Verfügungsmacht beschränkt. Im zugrunde liegenden Urteilsfall war die klagende Nichte von ihrer Tante als Nacherbin eingesetzt worden. Vorerbe war der Onkel der Klägerin. Nachdem zunächst die Tante und später der Onkel verstorben waren, trat die Nichte ihre Nacherbschaft an. Das Finanzamt setzte ihr gegenüber als Nacherbin gegenüber Erbschaftsteuer fest, ohne jedoch eine Erbfallkostenpauschale abzuziehen. Das Amt argumentierte, dass die Nichte schließlich keine Beerdigungskosten für ihre Tante getragen habe. Die Pauschale sei bereits durch die Vorerbschaft "verbraucht" gewesen. Der BFH gestand der Nichte hingegen die Pauschale zu. Bei Vor- und Nacherbschaft kann der Pauschbetrag nach Gerichtsmeinung zweimal abgezogen werden, obgleich nur ein Todesfall (hier: der Tante) zugrunde liegt. Zwar werden die Beerdigungskosten bei zweimaliger Gewährung des Pauschbetrags auch zweimal typisierend abgezogen, obwohl sie nur einmal angefallen sind. Der Pauschbetrag umfasst aber nicht nur Beerdigungskosten, sondern auch Nachlassregelungskosten, die in einem Nacherbfall durchaus zweimal anfallen können. Hinweis: Weiter entschied der BFH, dass die Erbfallkostenpauschale ohne Nachweis abgezogen werden darf. Es muss dem Finanzamt also nicht glaubhaft gemacht werden, dass dem Grunde nach überhaupt tatsächliche Kosten entstanden sind.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann ein Steuerzahler beim Finanzamt keine Einsichtnahme in seine Steuerakten erhalten, wenn er hiermit steuerverfahrensfremde Zwecke verfolgt. Im zugrunde liegenden Fall hatten Eheleute auf Akteneinsicht bei ihrem Finanzamt geklagt. Sie wollten überprüfen, ob ihr Steuerberater in einem Altjahr ordnungsgemäße Angaben zu ihren steuerlichen Verhältnissen gemacht hatte (Prüfung eines Schadenersatzanspruchs). Das Niedersächsische Finanzgericht verpflichtete das Amt zunächst, die Akteneinsicht zu gewähren, der BFH sprach sich in zweiter Instanz jedoch gegen ein Akteneinsichtsrecht aus. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass die Eheleute die Einsichtnahme erst nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung beantragt hätten, so dass der (einer Akteneinsicht innewohnende) Anspruch auf rechtliches Gehör vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung nicht berührt werde. Das Finanzamt sei auch nicht verpflichtet, die Eheleute bei ihrer Prüfung eines Schadenersatzanspruchs durch eine nachträgliche Akteneinsicht zu unterstützen. Die Eheleute verfolgten insofern Zwecke, die außerhalb des Besteuerungsverfahrens lägen. Hinweis: Das Finanzamt war lediglich verpflichtet, den Klägern eine Auskunft darüber zu erteilen, welche sie betreffenden personenbezogenen Daten bei der Behörde verarbeitet worden waren. Gesetzliche Ausschlussgründe lagen diesbezüglich nicht vor, insbesondere war kein zugunsten des Steuerberaters eingreifendes Steuergeheimnis zu beachten. Dieser datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch war allerdings nicht mit einem Akteneinsichtsrecht gleichzusetzen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Wer Immobilien des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, muss den erzielten Wertzuwachs als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuern (bei Selbstnutzung gibt es Ausnahmen). Die Frist beginnt mit der Anschaffung der Immobilien. Beträgt die Haltedauer mehr als zehn Jahre, kann der Gewinn also steuerfrei realisiert werden. Kauft ein Erbe eine Immobilie zunächst aus einer Erbengemeinschaft heraus, indem er die Erbanteile der Miterben erwirbt, galt dieser Vorgang bislang als Anschaffung, so dass ein Verkauf der Immobilie in den folgenden zehn Jahren nicht steuerfrei abgewickelt werden konnte. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) sorgt nun jedoch für einen Richtungswechsel: Die Bundesrichter entschieden, dass der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer grundbesitzenden Erbengemeinschaft nicht zur (anteiligen) Anschaffung des Grundstücks der Gemeinschaft führt. Geklagt hatte ein Erbe aus einer grundbesitzenden Erbengemeinschaft, der zunächst die Erbteile der Miterben gekauft und ein paar Monate später die damit erworbene Immobilie veräußert hatte. Das Finanzamt war der Ansicht, dass - anteilig für die hinzuerworbenen Erbteile - ein privates Veräußerungsgeschäft getätigt worden war. Der BFH war jedoch anderer Ansicht und verwies darauf, dass angeschafftes und veräußertes Wirtschaftsgut identisch sein müssen (sog. Nämlichkeit), um eine Besteuerung innerhalb der Haltefrist auszulösen. Der entgeltliche Erwerb des Anteils an einer grundbesitzenden Erbengemeinschaft ist aber nicht mit der anteiligen Anschaffung des darin befindlichen Grundstücks gleichzusetzen. Hinweis: Die Entscheidung des BFH führt dazu, dass die Spekulationsfrist bei geerbtem Grundbesitz bereits mit der ursprünglichen Anschaffung durch den Erblasser beginnt, was für die Erben günstig ist. Das Urteil des BFH lässt sich aber nur auf Erbengemeinschaften anwenden. Für Personengesellschaften schreibt das Einkommensteuergesetz ausdrücklich vor, dass die Anschaffung einer Beteiligung als Anschaffung der (anteiligen) Wirtschaftsgüter gilt.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Mit der gesetzlichen Neuregelung zur Unternehmereigenschaft nach § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ist für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) eine neue Zeitrechnung angebrochen. In der Vergangenheit galten jPöR ausschließlich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art als umsatzsteuerliche Unternehmer. Während originär hoheitliche Tätigkeiten auch weiterhin von der Umsatzsteuer ausgenommen sind, werden Leistungen, die jPöR unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Unternehmer erbringen oder die andere Wirtschaftsteilnehmer genauso wie die öffentliche Hand erbringen könnten, nach der neuen Rechtslage nun umsatzsteuerlich relevant. Daher sind beispielsweise Leistungen wie die Überlassung von Parkplätzen oder die Beglaubigung von Dokumenten auf eine mögliche Umsatzsteuerpflicht zu prüfen. Einer Pressemitteilung des Finanzministeriums Thüringen ist zu entnehmen, dass der Freistaat die Neuregelung erst ab dem 01.01.2025 anwenden wird. Die Kommunen können jedoch selbst entscheiden, ob sie die alte Regelung noch längstens bis zum 31.12.2024 anwenden oder bereits unter der neuen Rechtslage tätig werden. Sofern Kommunen die Verlängerung der Frist in Anspruch nehmen, liegen bis zum 31.12.2024 auf kommunaler Ebene nur dann steuerbare Umsätze vor, wenn diese im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden. Unterhält eine Kommune weder einen Betrieb gewerblicher Art noch einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb und bezieht sie auch keine innergemeinschaftlichen Leistungsbezüge, so sind auch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Jahreserklärungen abzugeben. Für Leistungen außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs darf in Rechnungen und Verträgen keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden. Sollte Umsatzsteuer ausgewiesen sein, wird diese gegenüber dem Finanzamt auch geschuldet. Wird die Verlängerung der Frist nicht in Anspruch genommen, müssen die Kommunen ihre ursprüngliche Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt widerrufen. Spätestens allerdings zum 01.01.2025 müssen die Kommunen § 2b UStG anwenden und für bestimmte Leistungen Umsatzsteuer ausweisen. Hinweis: Die Neuregelung sollte eigentlich bereits ab dem 01.01.2023 greifen. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde die zwingende Anwendung des § 2b UStG jedoch noch einmal um zwei Jahre verschoben.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 04/2023)
Geht ein Kind in die Kita, Kinderkrippe oder in den Kindergarten, können die Eltern zwei Drittel der Betreuungskosten als Sonderausgaben in ihrer Einkommensteuererklärung abrechnen (maximal 4.000 EUR pro Kind und Jahr). Steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers müssen allerdings gegengerechnet werden. Voraussetzung für den Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben ist unter anderem, dass das Kind zum elterlichen Haushalt gehört, was in der Praxis in den meisten Fällen kein Problem darstellen dürfte. Bei getrenntlebenden, geschiedenen oder unverheirateten Eltern kann nur derjenige Elternteil die Kosten abziehen, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und der zugleich die Kosten getragen hat. Ein getrenntlebender Mann aus Thüringen ist kürzlich mit dem Versuch vor den Bundesfinanzhof (BFH) gezogen, das Kriterium der Haushaltszugehörigkeit zu Fall zu bringen. Seine Tochter lebte im Haushalt der Mutter und wurde dort betreut, er schuldete jedoch Barunterhalt (sogenanntes Residenzmodell). Die Mutter hatte für den Besuch von Kindergarten und Schulhort rund 600 EUR gezahlt, die ihr der Vater des Kindes zur Hälfte erstattet hatte. Vor dem BFH wollte der Kläger nun durchsetzen, dass er diesen Betrag als Kinderbetreuungskosten absetzen darf. Er machte geltend, dass die Haushaltszugehörigkeit des Kindes eine sachfremde, willkürliche Voraussetzung für den Abzug von Kinderbetreuungskosten sei. Der BFH erklärte jedoch, dass der Gesetzgeber den Steuerabzug an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes anknüpfen dürfe, da dieses Kriterium auf einer zulässigen Typisierung beruhe. Auch sahen die Bundesrichter das familiäre Existenzminimum durch den versagten Kostenabzug nicht als beeinträchtigt an, da der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes (ab 2021: 1.464 EUR pro Elternteil) für eine Steuerfreistellung gesorgt und die Betreuungsaufwendungen des Vaters abgedeckt habe. Hinweis: Als Sonderausgaben absetzbar sind nur die Kosten für die reine Betreuung des Kindes. Nicht erfasst werden daher beispielsweise die Kosten für Verpflegung, für Ausflüge und für Sport-, Sprach- oder Musikunterricht. Weitere Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist, dass das Kind unter 14 Jahre alt ist, dass für die Aufwendungen eine Rechnung ausgestellt wurde und die Zahlung per Überweisung erfolgt ist. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass die Eltern die Rechnung und den Zahlungsnachweis (Kontoauszug) direkt ihrer Einkommensteuererklärung beifügen. Sie müssen die Unterlagen aber auf Anforderung des Finanzamts nachreichen.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2023)

Zurück