Vorsteuererstattungsverfahren: Berücksichtigung nach Ablauf der Monatsfrist eingereichter Unterlagen

Es gibt erfreuliche Entwicklungen beim unzutreffenden Umsatzsteuerausweis in Rechnungen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) ändert mit Schreiben vom 27.02.2024 seine Rechtsauffassung zu dieser Thematik. Eine in einer Rechnung zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer wird danach nicht mehr in allen Fällen geschuldet. Damit weicht die Finanzverwaltung vom Grundsatz des § 14c Umsatzsteuergesetz (UStG) ab. Gemäß § 14c UStG schuldet jeder, der Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweist, diese gegenüber der Finanzverwaltung. Hat ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen, als er eigentlich schuldet, so schuldet er auch den Mehrbetrag. Dies galt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch bei einer Rechnungserteilung an Endverbraucher. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gelangte in einem Urteil aus dem Jahr 2022 zu einer restriktiveren Sichtweise. Im Urteilsfall hatte der Betreiber eines Indoorspielplatzes Rechnungen an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Endverbraucher ausgestellt. In diesen Rechnungen war ein zu hoher Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen. Der EuGH verneinte eine Umsatzsteuerschuld aus den Rechnungen, da eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens nicht gegeben war. Die Finanzverwaltung erklärt diese in einem österreichischen Fall ergangene Entscheidung des EuGH mit aktuellem Schreiben als allgemein auf alle verfahrensrechtlich offenen Fälle anwendbar. Danach wird die überhöht ausgewiesene Umsatzsteuer grundsätzlich nicht geschuldet, wenn der Unternehmer die Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis gestellt hat und der Leistungsempfänger ein Endverbraucher (Nichtunternehmer bzw. Unternehmer, der die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich empfängt) ist. Diese Grundsätze gelten auch für einen unberechtigten Steuerausweis durch Kleinunternehmer. Hinweis: Einhergehend mit dem BMF-Schreiben ändert die Finanzverwaltung den Umsatzsteuer-Anwendungserlass an den Stellen, an denen die bisher vertretenen Grundsätze durch die Rechtsprechung des EuGH überholt sind.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Zur Fristberechnung ist es im Steuerrecht von zentraler Bedeutung, wann das Finanzamt einen Verwaltungsakt (z.B. einen Steuerbescheid oder eine Einspruchsentscheidung) wirksam dem Empfänger bekanntgegeben hat. Von diesem Zeitpunkt hängt beispielsweise ab, wann eine Einspruchs- oder Klagefrist beginnt und letztlich endet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich entschieden, dass ein Verwaltungsakt auch dann wirksam bekanntgegeben ist, wenn er einem zunächst wirksam bestellten Bevollmächtigten des Steuerzahlers übersandt wird, die Vollmacht allerdings bereits zuvor widerrufen wurde, diese Änderung jedoch dem Finanzamt erst kurz nach der Absendung des Verwaltungsakts angezeigt worden ist. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) erhoben, nachdem ihr Einspruch gegen einen Steuerbescheid vom Finanzamt mit einer Einspruchsentscheidung zurückgewiesen worden war. Das Amt hatte die Einspruchsentscheidung zunächst an den (von der Klägerin benannten) Bevollmächtigten gesandt. Dieser hatte die Einspruchsentscheidung jedoch an das Amt zurückgeschickt und mitgeteilt, dass seine Vollmacht zwischenzeitlich widerrufen worden sei. Daraufhin versandte das Amt die Einspruchsentscheidung erneut an die Klägerin. Später zog sie gegen diese Entscheidung vor das FG. Ob diese Klage nun fristgerecht erhoben worden war, hing davon ab, ob die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gegegnüber dem Bevollmächtigten wirksam war und sich deshalb von diesem Zeitpunkt an die einmonatige Klagefrist berechnete. Das FG und der BFH sahen die Bekanntgabe gegenüber dem ehemaligen Bevollmächtigten als wirksam an, so dass die Klage verspätet und somit unzulässig war. Die Einspruchsentscheidung war dem Bevollmächtigten nach Gerichtsmeinung wirksam bekanntgegeben worden, da das Finanzamt nach Aktenlage bis zur Absendung der Einspruchsentscheidung von einer wirksamen Vollmacht hatte ausgehen dürfen. Die Mitteilung des Widerrufs der Vollmacht, die erst nach der Absendung der Einspruchsentscheidung erfolgt war, stand dem nicht entgegen, da für die wirksame Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten nur der Kenntnisstand des Finanzamts zum Zeitpunkt der Absendung maßgeblich ist. Hinweis: Der Urteilsfall zeigt, dass das Finanzamt zeitnah über geänderte und erloschene Vollmachten informiert werden sollte, da das Amt sonst von einer weiterhin wirksamen Bevollmächtigung ausgehen darf und Bekanntgaben gegenüber dem früheren Bevollmächtigten wirksam bleiben.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2024)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Vordruckmuster zur Umsatzsteuererklärung 2024 und die dazugehörigen Anlagen bekanntgegeben. Es wurden folgende Vordruckmuster veröffentlicht: USt 2 A: Umsatzsteuererklärung 2024 Anlage UN zur Umsatzsteuererklärung 2024 Anlage FV zur Umsatzsteuererklärung 2024 USt 2 E: Anleitung zur Umsatzsteuererklärung 2024 USt 6 E: Anleitung zur Anlage UN 2024 Die Finanzverwaltung gibt zudem Hinweise zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen und erläutert, dass die auf die jeweilige Bemessungsgrundlage anzuwendenden Durchschnittssätze für Land- und Forstwirte um die zum Zeitpunkt des Umsatzes aktuellen Sätze für pauschalierte Vorsteuerbeträge zu vermindern sind. Der so berechnete Prozentsatz ist auf die Bemessungsgrundlage anzuwenden. Das Ergebnis ist als Steuerbetrag in der Zeile 33 des Vordruckmusters USt 2 A einzutragen. Die weiteren Änderungen in den Vordruckmustern gegenüber dem Vorjahr beschränken sich im Wesentlichen auf zeitliche, redaktionelle und drucktechnische Anpassungen. Steueranmeldungsvordrucke sollen einheitlich sein. Daher sind die Vordrucke auf der Grundlage der unveränderten Vordruckmuster zu erstellen. Darüber hinaus weist das BMF darauf hin, dass die Umsatzsteuererklärung grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung authentifiziert zu übermitteln ist. Hinweis: Informationen zur Authentifizierung finden sich im Internet unter www.elster.de.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 02/2024)
Bei einem Imbissbetrieb ist es für das Finanzamt oftmals nicht so einfach, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung festzustellen. Da die Einnahmen hier in der Regel aus Bargeschäften bestehen, liegt ein erhöhtes Augenmerk auf den Kassenaufzeichnungen. Im Streitfall war das Finanzamt mit der Buchführung nicht einverstanden und schätzte den Gewinn. Das Finanzgericht Hessen (FG) musste entscheiden, ob dies zu Recht geschah. Die Klägerin betrieb einen Imbiss. Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei gerechtfertigt, da die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Insbesondere seien die Kassenaufzeichnungen unzureichend und die Kassenbuchführung fehlerhaft. Die Schätzung nahm das Finanzamt anhand der sogenannten Ausbeutekalkulation vor (wie viele Lieferungen sind mit dem Wareneinsatz möglich). Das Ergebnis wurde durch einen Vergleich mit den Daten anderer Imbisse bestätigt. Nach Einwendungen der Klägerin berücksichtigte das Finanzamt unter anderem noch einen höheren Bratverlust sowie Sachspenden und Nachlässe. Dann ergingen geänderte Bescheide. Nach Ansicht der Klägerin gab es jedoch keine Befugnis zur Schätzung. Auch rügte sie die Art der Schätzung. Die Klage vor dem FG war unbegründet. Nach Ansicht des Gerichts lagen sehr wohl Gründe für eine Schätzung vor, wobei die angewandte Schätzmethode des Finanzamts allerdings fehlerhaft war. Die Schätzung erfolgte aufgrund der fehlenden Ordnungsmäßigkeit der Buch- und Kassenführung. Es fehlten Kassenberichte und Ursprungsaufzeichnungen, so dass die Führung der offenen Ladenkasse nicht ordnungsgemäß war. Außerdem fehlte die tägliche Aufzeichnung des Kassenbestands. Die anschließend vorgenommene Ausbeutekalkulation wurde jedoch nicht sachgerecht angewendet. Eine Teilkorrektur der Kalkulationsmethode ist auch nicht möglich. Das FG wendete daher die Richtsätze des Bundesfinanzministeriums an. Dies entsprach im Ergebnis dem Ansatz in den angefochtenen Bescheiden.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 16.05.2024 die Frage untersucht, inwieweit einem Vorsteuererstattungsantrag stattgegeben werden muss, wenn der Steuerpflichtige die angeforderten Unterlagen erst nach Ablauf der in der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) vorgesehenen Monatsfrist nachreicht. Ein Unternehmen mit Sitz in der Slowakei führte Montage- und Installationsarbeiten in einem Kraftwerk in Ungarn durch. Im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens beantragte es die Erstattung ihm in Rechnung gestellter ungarischer Vorsteuer. Hieraufhin forderte die ungarische Steuerbehörde die Einreichung einer Reihe von Unterlagen innerhalb eines Monats an. Da diese aber erst zweieinhalb Monate später eingereicht wurden, stellte die Steuerbehörde das Verfahren zur Erstattung ein. Trotz eines Einspruchs und der nachgereichten Unterlagen bestätigte die zweitinstanzliche Steuerbehörde die erstinstanzliche Entscheidung und verwies auf eine nationale Vorschrift, welche die Vorlage neuer Beweise im Einspruchsverfahren untersagt. Daraufhin erhob das Unternehmen Klage. Der EuGH betonte, dass das Recht auf Vorsteuerabzug ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt und grundsätzlich zu gewähren ist, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind. Mitgliedstaaten können zwar Informationen und Unterlagen anfordern, wenn sie nicht über alle relevanten Informationen verfügen. Diese Informationen sind gemäß der MwStSystRL innerhalb eines Monats ab Erhalt der Anfrage zu übermitteln. Diese Monatsfrist stellt jedoch keine Ausschlussfrist dar. Im Besprechungsfall wurden die angeforderten Unterlagen erst im Rahmen des Einspruchs vorgelegt. Die nationale Vorschrift, die die Berücksichtigung neuer Informationen im Einspruchsverfahren untersagt, widerspricht dem Unionsrecht. Diese Vorschrift verhindert systematisch den Vorsteuerabzug, auch wenn alle materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Da die Monatsfrist keine Fallfrist ist, kann der Antrag auf Vorsteuererstattung nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil die Unterlagen nach Ablauf der Monatsfrist eingereicht wurden, sofern dadurch die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachgewiesen werden. Hinweis: Zudem widerspricht die beanstandete nationale Regelung dem "Grundsatz der guten Verwaltung", der eine sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung aller relevanten Gesichtspunkte durch die Verwaltungsbehörde verlangt.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2024)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 12.05.2023 ein Schreiben zu den Umsatzsteuervergünstigungen aufgrund des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut herausgegeben. Es gibt Hinweise zur Anwendung des vereinfachten Verfahrens für Leistungen an berechtigte Personen der NATO-Hauptquartiere. NATO-Hauptquartiere können Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Hauptquartier ausführt, sowie Lieferungen und sonstige Leistung an ein Hauptquartier unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreien. Dies ist im Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere geregelt. Im aktuellen Schreiben weist das BMF darauf hin, dass die Voraussetzungen für diese Umsatzsteuerbefreiungen im Wesentlichen den Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut entsprechen. Für Leistungen an berechtigte Personen können die Truppen bei Beschaffungen für Leistungen an diese bis zu einem bestimmten Wert ein sogenanntes vereinfachtes Verfahren anwenden. Die Finanzverwaltung stellt klar, dass die NATO-Hauptquartiere nun ebenfalls ein vereinfachtes Verfahren zur Erleichterung der umsatzsteuerfreien Beschaffung von Leistungen an berechtigte Personen anwenden können. Dies gilt für Leistungen bis zu einem Wert von 2.500 EUR. Bei Beschaffungen mit einem Wert von über 2.500 EUR wird das übliche Beschaffungsverfahren unverändert durchgeführt. Das BMF erläutert explizit die Anwendung des vereinfachten Verfahrens für Leistungen an berechtigte Personen der NATO-Hauptquartiere. Zudem wurde das BMF-Schreiben vom 22.12.2004 geändert. Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind für Umsätze, die nach dem 01.06.2023 ausgeführt werden, anzuwenden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Die Generaldirektion "Steuern und Zollunion" der Europäischen Kommission hat den Bericht "Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter" herausgegeben. Darin gibt sie einen Ausblick auf mögliche künftige Änderungen des Mehrwertsteuerrechts. Ziel ist die Beurteilung der aktuellen Lage in Hinblick auf die nachfolgenden drei Bereiche sowie die Beurteilung der Folgen einer Reihe von möglichen politischen Initiativen in diesen Bereichen: digitale Berichterstattungspflichten Mehrwertsteuerbehandlung der Plattformwirtschaft einmalige Mehrwertsteuerregistrierung und die einzige Anlaufstelle für die Einfuhr (One-Stop-Shop/OSS bzw. Import-One-Stop-Shop/IOSS). Unter den digitalen Berichterstattungspflichten versteht man mehrere unterschiedlich ausgestaltete Aufzeichnungs- und Berichtsmodelle. Dadurch sollen die Mehrwertsteuerpflichtigen zu allen Transaktionen, auch mittels vorgeschriebener E-Rechnung, kontinuierlich Daten digital an die Steuerbehörden übermitteln. Nach Auffassung der Kommission wirkt sich in den Mitgliedstaaten, die derartige Systeme bereits eingeführt haben, die damit verbundene Kontrolle positiv auf das Steueraufkommen aus. Der Bericht führt Vor- und Nachteile für die Steuerpflichtigen auf und identifiziert als Hauptproblem den fragmentierten Rechtsrahmen. Die Kommission stellt dafür verschiedene Handlungsoptionen vor. Die Plattformwirtschaft ist das Geschäftsmodell der Online-/Digitalplattformen. Die Bandbreite der angebotenen Leistungen reicht vom E-Commerce bis hin zu Reisebuchungen und der Vermittlung von Finanzdienstleistungen. Die Kommission benennt hier Problembereiche, die nach ihrer Auffassung zu unnötigen Kosten, einem niedrigeren und unangemessen verteilten Mehrwertsteueraufkommen sowie zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die beiden Verfahren des dritten Bereichs führen zu einer Neuordnung der Leistungsorte für Leistungen an Endverbraucher sowie zur Einführung eines fingierten Kommissionsgeschäfts der Plattformbetreiber. Zahlreiche Sachverhalte sind jedoch weiterhin auf Ebene der Mitgliedstaaten selbst mehrwertsteuerlich zu erfassen. Die Kommission schlägt dafür verschiedene Optionen zur Erweiterung des OSS auf weitere Kategorien von Lieferungen und Dienstleistungen vor. Hinweis: Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, welche der möglichen Maßnahmen in welcher Form umgesetzt werden. Auch Deutschland plant ein bundesweit einheitliches elektronisches Meldesystem für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Werden Anteile an einer Mitunternehmerschaft veräußert, vereinbaren die Vertragsparteien neben dem festen Kaufpreis mitunter variable Kaufpreisbestandteile, die sich am (späteren) Gewinn oder Umsatz der Gesellschaft orientieren. Diese sogenannten Earn-out-Zahlungen müssen nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs erst bei tatsächlichem Zufluss vom Verkäufer versteuert werden. Sie dürfen damit nicht - auch nicht nachträglich - in den Gewinn im Veräußerungszeitpunkt einbezogen werden (keine Rückwirkung). Gewinn- und umsatzabhängige Kaufpreisforderungen dürfen nach dem Urteil erst bei Realisation erfasst werden, da der Veräußerer sie erst im Zuflusszeitpunkt realisiert. Es handelt sich um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche, bei denen zunächst noch nicht feststeht, ob und in welcher Höhe sie entstehen. Diese Unsicherheiten rechtfertigen es nach Gerichtsmeinung, derartige Zahlungen von der stichtagsbezogenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns auszunehmen. Hinweis: Earn-out-Zahlungen müssen bei Zufluss als nachträgliche gewerbliche Betriebseinnahmen versteuert werden. Dieser Zeitpunkt kann - wie im Urteilsfall - auch erst mehrere Jahre nach der Anteilsveräußerung eintreten.Information für: Unternehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat seine Schuldenuhr im Januar 2023 auf einen Schuldenanstieg von 3.744 EUR pro Sekunde umgestellt.  Zum Jahresende 2022 tickte die Uhr noch mit 11.240 EUR pro Sekunde, da im Jahr 2022 bereits die 200 Mrd. EUR Schulden erfasst worden waren, die der Bund für die Energiepreisbremsen 2023 und 2024 einplant und über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds finanziert. Hinweis: Die gesamtstaatliche Schuldenuhr bildet ab, dass sich die Staatsverschuldung in Deutschland dieses Jahr um schätzungsweise 118 Mrd. EUR erhöhen wird, und zwar 107 Mrd. EUR auf Bundesebene, 9 Mrd. EUR bei den Ländern und 2 Mrd. EUR auf Kommunalebene. Der BdSt kritisiert, dass sowohl der Bund als auch die Länder das tatsächliche Ausmaß ihrer Verschuldung verschleierten, indem sie beispielsweise schuldenfinanzierte Fonds zur Transformation der Wirtschaft, zur Entschuldung von Kommunen oder zur Bewältigung der Klima- und Energiekrise gründeten. Mit knapp 5 Mrd. EUR ist das Land Nordrhein-Westfalen Spitzenreiter bei der Nettoneuverschuldung, wobei NRW für dieses Jahr eine außergewöhnliche Notsituation erklärt hat, ebenso wie Brandenburg, Bremen und das Saarland. Hessen, Niedersachen und Sachsen planen die "schwarze Null". In Rheinland-Pfalz, Bayern und Thüringen wurden sogar Nettotilgungen in den Haushaltsgesetzen verankert. Hinweis: Der BdSt drängt auf eine konsequente Konsolidierung von Bundes- und Landeshaushalten und verweist darauf, dass die Zinswende die Handlungsspielräume bereits einengt. Mit Zinsausgaben von voraussichtlich knapp 56 Mrd. EUR im Jahr 2023 werden sich die Kreditfinanzierungskosten für den Bund und für die 16 Länder gegenüber 2021 (zusammen damals weniger als 13 Mrd. EUR) mehr als vervierfachen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2023)
Gemäß Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 29.01.2021 können in einem Drittland ansässige Unternehmer die Sonderregelung für Reiseleistungen, § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG), nicht anwenden. Eine Nichtbeanstandungsregelung hierzu wurde nunmehr bereits zum vierten Mal verlängert. Durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" wurde die gesetzliche umsatzsteuerliche Regelung für Reiseleistungen (§ 25 UStG) geändert. Im Fokus standen die Aufhebung der Ausnahme von der Anwendung der Margensteuer für B2B-Umsätze sowie die Aufhebung der Vereinfachungsregelung zur Ermittlung einer Gruppen- oder Gesamtmarge. Das BMF hatte daher den Abschnitt 25 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses umfassend überarbeitet. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wurde es nicht beanstandet, wenn auf bis zum 31.12.2020 ausgeführte Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet die Sonderregelung des § 25 UStG angewendet wurde. Diese Nichtbeanstandungsregelung wurde wiederholt verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2023. Nunmehr wurde diese Nichtbeanstandungsregelung um weitere drei Jahre bis zum 31.12.2026 verlängert. Hinweis: Für die Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen gelten nach dem UStG Sonderregelungen mit dem Ziel, den Reiseunternehmer nur dort zu besteuern, wo er seinen Sitz hat. Eine mögliche Nichtbesteuerung oder auch eine Doppelbesteuerung soll dadurch vermieden werden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2023)
Eine Vorsteuerberichtigung kann erforderlich sein, wenn ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut, bei dessen Erwerb er den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, später anders verwendet als ursprünglich beabsichtigt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zu klären, ob im Fall der Entsorgung, Zerstörung oder dem Verkauf von unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsgütern eine Vorsteuerberichtigung notwendig ist. Die BTK, eine bulgarische Gesellschaft, erbringt mehrwertsteuerpflichtige Telekommunikationsdienste. Dafür erwirbt sie verschiedene Investitionsgüter sowie - im Hinblick auf ihren Weiterverkauf - mobile Kommunikationsgeräte und verschiedene Ausrüstungsgegenstände, die für die Nutzung der von ihr erbrachten Dienste erforderlich sind. Von Oktober 2014 bis Dezember 2017 sonderte sie verschiedene Gegenstände (Installationen, Ausrüstungsgegenstände oder Geräte) aus, weil sie abgenutzt, fehlerhaft, veraltet oder ungeeignet waren, für unbrauchbar oder nicht verkaufsfähig gehalten wurden. Die Geräte wurden entweder als Abfall an andere Unternehmen verkauft oder zerstört bzw. entsorgt. Strittig war, ob und inwieweit die Gesellschaft zu einer Vorsteuerberichtigung aus den erworbenen Gegenständen verpflichtet ist. § 15a Umsatzsteuergesetz legt fest, dass bei einer Änderung der Verhältnisse eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen ist. Die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) definiert ausdrücklich, wann eine solche Änderung der Verhältnisse vorliegt. Danach ist in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung oder Verlust keine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Der EuGH hat entschieden, dass der Verkauf als Abfall ein steuerpflichtiger Umsatz ist, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug weiterhin besteht. Die Zerstörung der Wirtschaftsgüter stelle zwar eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Faktoren dar. Sie sei jedoch von der Vorsteuerberichtigungspflicht nach der MwStSystRL ausdrücklich ausgenommen, wenn sie ordnungsgemäß nachgewiesen oder belegt sei. Der Begriff der Zerstörung beinhalte auch die Zerstörung durch den Steuerpflichtigen selbst. Das gelte auch dann, wenn es sich nicht um ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis handle. Dasselbe gelte für die Entsorgung, wenn diese konkret zum unumkehrbaren Verschwinden des Wirtschaftsguts führe. Nach Auffassung des EuGH muss der Gegenstand allerdings objektiv jeden Nutzen im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen verloren haben. Hinweis: Das Urteil ist zu begrüßen, da es in Bezug auf die Aussonderung von Wirtschaftsgütern wegen Unbrauchbarkeit zu mehr Rechtssicherheit führt.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2023)

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