Zollrecht und Umsatzsteuer: Bundesregierung beschließt Aufhebung der Freizone Cuxhaven
Im Alter nehmen oftmals die Beschwerden zu und es wird schwieriger, den Alltag zu bewältigen. Auch die Pflegebedürftigkeit kann dann eintreten. Abhängig von der persönlichen und finanziellen Situation kann eine Pflege daheim oder im Pflegeheim erfolgen. Wird man in seinem privaten Umfeld von einer Person gepflegt, besteht oft der Wunsch, dieser Person etwas Gutes zu tun. Sei es, indem man sie als Erben einsetzt oder ihr bereits zu Lebzeiten etwas schenkt. Damit der Pflegende auch einen finanziellen Vorteil hat, kann im Rahmen der Erbschaft oder Schenkung ein Pflegefreibetrag bis maximal 20.000 EUR in Anspruch genommen werden. Aber wie ist es, wenn man als Pflegender mehrere Zuwendungen erhalten hat? Kann der Pflegefreibetrag dann für jede Zuwendung in Anspruch genommen werden? Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste dies entscheiden.
Seit dem Tod ihres Mannes wurde die Schenkerin von der Klägerin gepflegt. Im Jahr 2017 übertrug die Schenkerin Grundvermögen auf die Klägerin. In der Schenkungsteuererklärung gab die Klägerin an, zu einem vorherigen Zeitpunkt auch noch ein Bankguthaben von 90.000 EUR erhalten zu haben. Nach einem vorausgehenden Streit mit dem Finanzamt einigte man sich, das Bankguthaben in der Erklärung nicht zu berücksichtigen und beim Grundstückserwerb einen Pflegefreibetrag von 20.000 EUR zu berücksichtigen. Die Zahlung von insgesamt 90.000 EUR (davon 20.000 EUR Vorerwerb) wurde daraufhin vom Finanzamt der Schenkungsteuer unterworfen. Hierfür beantragte die Klägerin erneut den Pflegefreibetrag.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Die Pflegeleistungen der Klägerin wurden zu Recht bei der Ermittlung der Schenkungsteuer für das Bankguthaben nicht berücksichtigt. Bei der Schenkung des Bankguthabens handelt es sich um eine freigebige Zuwendung unter Lebenden. Die Steuerbarkeit dieser Leistung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich um eine Belohnung handelt.
Im Streitfall wurde auch keine vorherige Vereinbarung über die Entgeltlichkeit der durch die Klägerin erbrachten Pflegeleistungen getroffen. Vielmehr hat die Klägerin vorgetragen, dass die Grundstücksübertragung die Pflegeleistungen abgelten sollte. Die Klägerin hatte auch keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Schenkerin. Es fehlte hierfür an einer schriftlichen Vereinbarung. Auch gibt es keine Aufstellung, wie sich der Betrag von 70.000 EUR als Aufwendungsersatz konkret ermittelt hat. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Besteuerung des Vorerwerbs von 20.000 EUR.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 08/2024)
Wenn Sie Geschäftskunden bewirten, können Sie die Aufwendungen nicht zu 100 % steuerlich geltend machen. Der Betriebsausgabenabzug ist auf 70 % begrenzt. Buchführungsprogramme haben hierfür extra Konten, bei denen vom Gesamtbetrag nur 70 % steuerlich berücksichtigt werden. Nehmen auch Arbeitnehmer an der Veranstaltung teil, so sind die Aufwendungen ebenfalls aufzuteilen. Auf jeden Fall sind bestimmte Nachweis- und Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Im Streitfall musste das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug vorlagen.
Die Klägerin ist in der Immobilienbranche tätig. Zu Marketing- und Akquisezwecken führte sie in den Streitjahren mehrere Netzwerkveranstaltungen durch, bei denen für das Catering provisorische Tresen aufgebaut wurden. An diesen konnten die Gäste sich Speisen "in die Hand" und Getränke abholen. Gäste waren Kunden und potentielle Kunden sowie die Geschäftsführer und Mitarbeiter der Klägerin. Die jeweiligen Veranstaltungen dauerten ca. vier Stunden. Es gab kein gesondertes Unterhaltungsprogramm. Die Klägerin zeichnete die Cateringkosten nicht einzeln und getrennt von den anderen Betriebsausgaben auf. Nach Ansicht des Finanzamts handelte es sich jedoch um Bewirtungskosten, die getrennt aufzuzeichnen sind.
Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Cateringkosten können als Bewirtungsaufwendungen nur abgezogen werden, wenn die Nachweis- und Aufzeichnungspflichten erfüllt sind. Dies war im Streitfall nicht gegeben. Unzweifelhaft erfolgte die Bewirtung aus einem geschäftlichen Anlass im Rahmen einer betrieblichen Veranlassung. Dieser geschäftliche Anlass ist auch gegeben, wenn auch Arbeitnehmer an der Veranstaltung teilnehmen. Denn nur wenn ausschließlich Arbeitnehmer an der Veranstaltung teilnehmen, liegt kein geschäftlicher Anlass vor, sondern eine betriebliche Veranstaltung. Diese unterliegt dann nicht der Abzugsbeschränkung.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Arbeitgeber haften für die Lohnsteuer, die sie für ihre Arbeitnehmer einbehalten und abführen müssen. Gleiches gilt für die Kirchensteuer, die im Lohnsteuer-Abzugsverfahren anfällt (sogenannte Lohnkirchensteuer). Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sitzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer "in einem Boot" und sind Gesamtschuldner der Steuer. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, die für ihn im Wege der Haftung gezahlten Steuern dem Arbeitgeber zu erstatten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass ein Arbeitnehmer auch die Lohnkirchensteuer als Sonderausgabe absetzen darf, die er nach einer Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers diesem erstattet hat.
Im zugrunde liegenden Fall war eine GmbH vom Finanzamt für Lohn- und Kirchensteuer ihres Geschäftsführers in Haftung genommen worden, weil eine Sachzuwendung an den Geschäftsführer bislang unbesteuert geblieben war. Die GmbH zahlte und nahm den Geschäftsführer daraufhin in Regress, so dass Letzterer unter anderem die Kirchensteuer ausglich und als Sonderausgaben in seiner Einkommensteuererklärung ansetzte. Das Finanzamt setzte hier jedoch den Rotstift an und erklärte, dass der Geschäftsführer die Kirchensteuer nicht als Steuerpflichtiger gezahlt habe, sondern er im Rahmen eines zivilrechtlichen Regresses in Anspruch genommen worden sei, was einen Sonderausgabenabzug ausschließe.
Der BFH ließ den Ansatz als Sonderausgaben jedoch zu und urteilte, dass es für die Abzugsberechtigung unerheblich ist, ob der Steuerzahler seine persönliche Kirchensteuer selbst zahlt oder diese im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitgeber einbehalten wird. Auch bei einem Regress ist der Arbeitnehmer im Innenverhältnis als Schuldner der Lohnkirchensteuer zur Zahlung in voller Höhe verpflichtet. Im vorliegenden Fall verausgabte die GmbH die Steuerschuld des Geschäftsführers, die dieser ihr anschließend erstattete. Der Geschäftsführer zahlte daher - wenn auch an die GmbH - auf seine persönliche Steuerschuld und nicht auf die Entrichtungsschuld des Arbeitgebers (fremde Steuerschuld).Information für: GmbH-Gesellschafter/-GFzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 02/2024)
Das Bundesfinanzministerium hat am 05.04.2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven veröffentlicht. Dieser Entwurf sieht neben der Aufhebung der Freizone auch Anpassungen weiterer zollrechtlicher Vorschriften vor, um diese mit der aktuellen europäischen Gesetzgebung und Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Die Änderungen betreffen unter anderem das Zollverwaltungsgesetz, das Truppenzollgesetz, die IT-Verfahren der Zollverwaltung und das Zollfahndungsdienstgesetz. Inzwischen wurde das Gesetz zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven von der Bundesregierung beschlossen. Im Folgenden wird auf die umsatzsteuerlichen Konsequenzen der Aufhebung der Freizone eingegangen:
Lieferungen vom Inland in die Freizone: Nach der Aufhebung der Freizone Cuxhaven werden Lieferungen aus dem Inland in das Gebiet der ehemaligen Freizone nicht mehr als steuerfreie Ausfuhrlieferungen gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG behandelt.
Lieferungen aus der bisherigen Freizone: Da die Freizone Cuxhaven nach der Aufhebung zoll- und umsatzsteuerrechtlich zum Inland gehören wird, sind Lieferungen aus diesem Gebiet im Inland steuerbar und im Zweifel steuerpflichtig.
Sonstige Leistungen: Leistungen an Unternehmen, die im Gebiet der bisherigen Freizone Cuxhaven ansässig sind und unter die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG fallen, werden nach Wegfall der Freizone im Inland steuerbar. Wenn diese Leistungen aus dem Ausland erbracht werden, ist das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden. Bei Leistungen aus dem Inland fällt in der Regel deutsche Umsatzsteuer an.
Hinweis: Die Aufhebung der Freizone Cuxhaven bringt signifikante umsatzsteuerliche Änderungen mit sich, die die steuerliche Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen betreffen. Unternehmen, die in der Freizone Cuxhaven tätig sind oder Geschäftsbeziehungen zu ihr unterhalten, sollten ihre Prozesse und steuerlichen Praktiken überprüfen und anpassen, um den neuen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2024)
In Deutschland soll zum 01.01.2025 eine E-Rechnungspflicht für inländische B2B-Umsätze eingeführt werden. Es wird unter anderem vorgeschlagen, dass eine Rechnung für eine im Inland steuerbare Leistung in elektronischer Form auszustellen ist, wenn der leistende Unternehmer im Inland ansässig ist und es sich um eine steuerpflichtige Leistung handelt. Papierrechnungen oder PDF-Rechnungen wären dann nicht mehr erlaubt.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat dazu am 17.04.2023 einen Diskussionsentwurf zur Änderung des § 14 Umsatzsteuergesetz an die Verbände geschickt. Diese hatten bis zum 08.05.2023 die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben. Aus der Sicht des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) ist es wichtig, gleich zu Beginn auch das anschließend geplante Meldesystem zur transaktionsbezogenen Meldung von B2B-Umsätzen an die Finanzverwaltung im Blick zu haben.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht eine Pflicht zur E-Rechnung in Kombination mit einem Meldesystem vor. Deutschland plant davon losgelöst auch hierzulande die Implementierung eines E-Rechnungssystems. Zeitlich nachgelagert käme dann ein Meldesystem zur umsatzsteuerlichen Betrugsbekämpfung hinzu.
Der Verband gibt in seiner Stellungnahme ergänzende Hinweise und betont die besondere Rolle des steuerberatenden Berufsstands bei der Umsetzung des geplanten Meldesystems. Berater sollten zwingend in den Datenstrom zwischen Steuerpflichtigen und den später meldenden E-Rechnungsplattformen eingebunden werden.
Der DStV gibt zu bedenken, dass für Software- und Prozessumstellungen ausreichend Zeit benötigt wird. Eine Umstellungszeit von weniger als zwölf Monaten sieht er kritisch. Hier sollten kleine und mittlere Unternehmen eine Schonfrist erhalten. Dies würde jedoch zu Abgrenzungsfragen führen. Eine Lösung sieht der Verband grundsätzlich in einem späteren Inkrafttreten - dafür dann aber verpflichtend für alle.
Auch die Einführung des Meldesystems für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer sieht der Verband kritisch und schlägt vor, dass diese lediglich den Empfang von E-Rechnungen sicherstellen, vom Ausstellen eigener E-Rechnungen jedoch befreit bleiben sollten. Ansonsten würde die mit der Kleinunternehmerregelung beabsichtigte bürokratische Vereinfachung konterkariert.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, wie das BMF die Stellungnahmen der Verbände würdigt und umsetzen wird.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Zur Eindämmung der illegalen Beschäftigung im Baugewerbe hat der Steuergesetzgeber im Jahr 2001 einen Steuerabzug für Bauleistungen eingeführt: Erbringt jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Leistungsempfänger), ist Letzterer verpflichtet, von der Gegenleistung direkt eine Bauabzugsteuer in Höhe von 15 % einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Kann der Leistende dem Leistungsempfänger jedoch eine Freistellungsbescheinigung vorlegen, entfällt die Pflicht zum Steuerabzug.
In einem neuen Schreiben hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun ausführlich zur Ausstellung von Freistellungsbescheinigungen geäußert. Danach gilt:
Der Leistende kann die Freistellungsbescheinigung bei dem für ihn zuständigen Finanzamt formlos beantragen.
Das Finanzamt darf eine Freistellungsbescheinigung wegen Gefährdung des Steueranspruchs insbesondere dann versagen, wenn der Leistende seine Anzeigepflicht bei der Gemeinde verletzt, er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (z.B. durch Nichtbeantwortung von Fragen zur steuerlichen Ersterfassung) oder ein im Ausland ansässiger Leistender den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit nicht durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde erbringt. Die Ausstellung kann auch versagt werden, wenn nachhaltig oder wiederholt Steuerrückstände bestehen.
Die Finanzämter sollen eine Freistellungsbescheinigung erteilen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit kein zu sichernder Steueranspruch besteht. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn voraussichtlich gar kein Gewinn erzielt wird, wie das z.B. bei Existenzgründern anfangs vorkommt.
Die Bescheinigung kann entweder zeitraumbezogen (längstens für einen Zeitraum von drei Jahren) oder auftragsbezogen erteilt werden. Das BMF weist darauf hin, dass auch eine auftragsbezogene Freistellungsbescheinigung auf einen Gültigkeitszeitraum befristet werden muss.
Insbesondere bei einem Leistenden, der gegenüber der Finanzverwaltung erstmals in Erscheinung tritt, soll die Freistellungsbescheinigung in der Regel nur so lange gelten, bis das Abgabe- und Zahlungsverhalten erstmalig beurteilt werden kann.
In den ersten drei Jahren nach Neugründung eines Unternehmens soll vom Finanzamt vorrangig die Erteilung einer auftragsbezogenen Freistellungsbescheinigung geprüft werden, wenn nur unzureichende Informationen über das Zahlungs- und Erklärungsverhalten des neugegründeten Unternehmens vorliegen, Anhaltspunkte bestehen, dass es sich bei dem neugegründeten Unternehmen um ein Nachfolgeunternehmen eines steuerlich unzuverlässigen Unternehmens handelt oder die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden.
Hinweis: Lehnt das Finanzamt die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung ab, kann gegen den Ablehnungsbescheid mit einem Einspruch vorgegangen werden.Information für: Unternehmerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 12/2022)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 02.01.2024 ein Schreiben zu den steuerfreien Umsätzen für die Luftfahrt veröffentlicht. Zahlreiche deutsche Firmen sind am internationalen Luftverkehr beteiligt. Lieferungen, Instandsetzungen und Vermietungen von Luftfahrzeugen, die zur Verwendung durch Unternehmer bestimmt sind, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen, sind umsatzsteuerfrei. Voraussetzung dafür ist, dass der Unternehmer keine oder nur geringe steuerfreie, auf das Inland beschränkte Beförderungen anbietet. Dies bezieht sich auch auf den Transport kranker und verletzter Personen mit hierfür besonders eingerichteten Transportmitteln.
Das BMF hat zur Erleichterung des Geschäftsverkehrs und zur Sicherheit aller Beteiligten eine Liste der Unternehmer bekanntgegeben, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend derartige Beförderungen vornehmen. In diese Liste wurden neun im Inland ansässige Unternehmen neu aufgenommen. Des Weiteren wurde eine Adressänderung berücksichtigt sowie eine Änderung des Firmennamens. Vier Firmen wurden von der Liste gestrichen. Die Liste wird jährlich aktualisiert.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein aktuelles Schreiben zur Entstehung der Umsatzsteuer bei Teilleistungen herausgegeben. In diesem Zusammenhang wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst.
Vorausgegangen war eine vom Bundesfinanzhof (BFH) bereits im Jahr 2019 getroffene Entscheidung, dass Unternehmer sich bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen auf eine unmittelbare Anwendung der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) berufen können. Diese Entscheidung ist jedoch aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des BFH aus dem Jahr 2022 überholt. Danach ist die Steuerentstehung nicht auf bereits fällige Entgeltansprüche beschränkt. Entsprechend begründet die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit. Diese Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung nun in ihre Handlungsmaximen übernommen.
Das BMF führt in seinem Schreiben aus, dass der nationale Begriff der Teilleistung zumindest im Regelfall den Begrifflichkeiten der MwStSystRL entspreche, da es sich bei der wirtschaftlich teilbaren Leistung um eine Leistung mit einem kontinuierlichen oder wiederkehrenden Charakter handle. Zudem liege dann keine Teilleistung vor, wenn es sich um eine einmalige Leistung gegen Ratenzahlung handle. Dadurch entfielen die Zweifel an einer zutreffenden Umsetzung der MwStSystRL durch den nationalen Teilleistungsbegriff, die zuvor aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 entstanden seien.
Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 04/2023)
Die Fortzahlung von Mitgliedsbeiträgen an ein pandemiebedingt vorübergehend geschlossenes Fitnessstudio ist keine steuerbare Leistung. Das hat das Finanzgericht Hamburg (FG) entschieden.
Vor dem FG hatte ein Fitnessstudiobetreiber geklagt, der sein Studio pandemiebedingt vom 17.03.2020 bis zum 17.05.2020 schließen musste. Während dieser Zeit zahlten viele Kunden ihre Mitgliedsbeiträge weiter. Der Studiobetreiber bot während der Schließzeit eine Telefonhotline, Online-Live-Kurse und Körperscans an. Außerdem warb er damit, dass die Mitglieder den Zeitraum, den sie nicht im Studio trainieren konnten, am Ende der Mitgliedschaft beitragsfrei ersetzt bekämen. Strittig war, ob die während der pandemiebedingten Schließung weitergezahlten Mitgliedsbeiträge als umsatzsteuerbare und -pflichtige Leistungen einzustufen sind. Das Finanzamt bejahte dies.
Das FG urteilte jedoch, dass lediglich die Zahlungen vor der Schließung als umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze einzuordnen sind. Es fehle im gesamten April und teilweise im März und Mai an einem Leistungsaustausch. Aufgrund der angeordneten Schließung sei es dem Studiobetreiber in diesem Zeitraum unmöglich gewesen, die Leistung zu erbringen. Weder die Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge noch die angebotenen Ersatzleistungen rechtfertigten eine andere Betrachtungsweise. Lediglich für den Monat März sei die Zahlung der Mitgliedsbeiträge als steuerbare Anzahlung zu werten.
Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hatte in einem vergleichbaren Fall anders entschieden und sah in der Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt.
Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 10/2023)
Beitragszahlungen, die ein Fitnessstudio trotz coronabedingter Schließung von seinen Mitgliedern erhält, unterliegen der Umsatzsteuer, wenn sich die Vertragsparteien zu Beginn der Schließzeit auf eine (dann) beitragsfreie Vertragsverlängerung um die Zeit der Schließung geeinigt haben. Das hat das Finanzgericht (FG) Niedersachsen entschieden.
Strittig war, ob ein Leistungsaustausch zwischen den Zahlungen der Mitglieder und den Leistungen des Fitnessstudios vorliegt. Diese Frage ist laut FG grundsätzlich nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichte, liege jedoch regelmäßig auch ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor.
Das FG kam zu dem Ergebnis, dass sich die Parteien bereits zu Beginn der Schließung auf eine Änderung des jeweiligen Vertrags dergestalt geeinigt haben, dass die Betreiberin der Fitnessstudios ihre Leistungen (teilweise) im Anschluss an die reguläre Vertragslaufzeit und das jeweilige Mitglied die Gegenleistung vorab während der Schließzeit erbringt. Sämtlichen Kunden sei dies zu Beginn der Schließung persönlich und unmittelbar per E-Mail angeboten worden. Somit sei die schlichte Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge nach dem objektiven Empfängerhorizont als konkludente Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden gemäß BGB zu verstehen. Zwischen den Beitragszahlungen der Mitglieder und den später zu erbringenden Leistungen der Fitnessstudiobetreiberin liege ein Austauschverhältnis vor und die Zahlungen seien als Vorauszahlungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Hinweis: Zu diesem Thema haben auch bereits das FG Hamburg und das FG Schleswig-Holstein entschieden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2023)
Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat entschieden, dass ein Leistungsbündel aus Sportschwimmbad und Sauna aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellen kann. Das hat zur Folge, dass dieses Leistungsbündel umsatzsteuerlich einheitlich zu behandeln ist und nicht dem ermäßigten Steuersatz für die unmittelbar mit dem Betrieb von Schwimmbädern im Zusammenhang stehenden Umsätze unterliegt.
Im Streitfall klagte die Betreiberin eines Schwimmbads (Sportschwimmbecken und Multifunktionsbecken) und einer Sauna. Sie war der Ansicht, dass die Nutzungsmöglichkeit der Sauna bei qualitativer und quantitativer Betrachtung eine Nebenleistung zur Hauptleistung, nämlich der Nutzung des Schwimmbads, darstelle. Sämtliche Umsätze aus Eintrittsgeldern seien daher dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Die Nutzung der Sauna war im Streitjahr im Eintrittspreis des Schwimmbads für Einzelpersonen enthalten. Im Normaltarif betrug der nichtermäßigte Eintrittspreis bis 2 Stunden 4 EUR und ab 2 Stunden 8 EUR. Ein Erwerb von getrennten Eintrittsberechtigungen für Schwimmbad und Sauna war im Streitjahr nicht möglich. Zudem fand keine separate Kontrolle des Zugangs zu den jeweiligen Bereichen statt.
Das FG entschied, dass die einheitliche Eintrittsberechtigung für die kombinierte Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads und der Sauna zu einem einheitlichen Eintrittspreis eine einheitliche Leistung bildet. Die Saunanutzung sei allerdings nicht als Nebenleistung zur Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads anzusehen, denn aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers bestehe gerade in der Saunanutzung ein eigenständiger Zweck. Die einheitliche Leistung unterliege daher komplett dem Regelsteuersatz von 19 %.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 06/2024)