Steuerzahlergedenktag 2024: Steuerzahlerbund kritisiert hohe Abgabenlast von 52,6 %

Durch die Corona-Pandemie und den Fachkräftemangel sind viele Arbeitgeber hinsichtlich der Büro-Anwesenheitspflicht ihrer Mitarbeiter flexibler geworden, sofern die Tätigkeit es erlaubt. Aber die Kosten eines Arbeitszimmers lassen sich nicht einfach so abziehen. Vor allem nicht, wenn man - wie im Streitfall - trotzdem sehr häufig ins Büro gefahren ist. Das Finanzgericht Münster (FG) musste entscheiden, in welcher Höhe Kosten für ein Arbeitszimmer berücksichtigt werden können. Der Kläger hatte seit seinem 57. Geburtstag einen Anspruch auf Altersfreizeit und daher jeden dritten Dienstag frei. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrug 63 km. Er hatte ein betriebliches Büro am Arbeitsort, das er zusammen mit einem Kollegen nutzte. Er machte in seiner Einkommensteuererklärung 2017 neben 197 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich Kosten für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Letztere berücksichtigte das Finanzamt jedoch nicht. Die Klage vor dem FG war diesbezüglich nicht erfolgreich. Das häusliche Arbeitszimmer des Klägers sei unzweifelhaft nicht der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit gewesen. Daher sei nur ein auf maximal 1.250 EUR begrenzter Betrag abzugsfähig, wenn dem Kläger kein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung stehe. Im Streitfall habe der Kläger jedoch jederzeit das von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Büro nutzen können. Auch wenn die Fahrt zum Büro zeitaufwendig sei, bedeute dies nicht, dass das Büro objektiv nicht zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers geeignet sei. Nach dem Gesetzeswortlaut reiche das Vorhandensein eines anderen (geeigneten) Arbeitsplatzes. Und genau das sei hier der Fall. Hinweis: Die Tatsache, dass in einem späteren Jahr, nämlich 2020, die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten berücksichtigt wurden, ändert an der Beurteilung des Streitjahres nichts, da der Sachverhalt jedes Jahr neu zu beurteilen ist.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Immer mehr Abiturienten entscheiden sich für ein duales Studium: Während im Jahr 2014 noch 95.000 junge Leute dual studierten, stieg die Zahl im Jahr 2022 auf 120.500 an. Neben der Vorbereitung auf das eigentliche Arbeitsleben und der Integration in ein Unternehmen mit Aussicht auf einen Arbeitsplatz ist die feste Vergütung während des Studiums ein großer Vorteil. Auch steuerlich bieten sich dualen Studenten weitreichende Vorteile: Da das duale Studium im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses mit einem Betrieb erfolgt, können dual Studierende genau wie alle anderen Arbeitnehmer sämtliche beruflich bedingte Ausgaben unbegrenzt als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung absetzen. Zu den Werbungskosten zählen alle Aufwendungen, die für das duale Studium anfallen und nachgewiesen werden können; daher sollten sämtliche Belege aufgehoben werden. Die Tatsache, dass es sich um eine Erstausbildung handelt, ist hier kein Hindernis. Zu den typischen Werbungskosten zählen Arbeitsmittel. Werden für das Studium ein leistungsfähiger PC, Laptop oder Tablet, Drucker, Software, Taschenrechner, Internetanschluss, Bücherregal oder Schreibtisch benötigt, lassen sich diese Ausgaben absetzen. Auch Büromaterial, Druckerpapier, Fachliteratur, spezielle Berufsbekleidung oder Werkzeuge für den praktischen Teil im Betrieb werden anerkannt. Hinweis: Abziehbar sind aber nur selbstgetragene Ausgaben und nicht diejenigen, die vom Arbeitgeber übernommen wurden. Steuerlich abgerechnet werden können ferner die Bewerbungskosten im Vorfeld des Studiums sowie Kopiergeld und Druck- und Bindekosten für die Abschlussarbeit. Für Umzüge aufgrund des Studiums kann eine Umzugskostenpauschale in Höhe von 177 EUR geltend gemacht werden, sofern der einzige Hausstand vorher im Elternhaus lag. Duale Studenten können für die Fahrten von der Wohnung zum Betrieb zudem die Entfernungspauschale oder die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel als Werbungskosten abziehen. Die Fahrten zur Hochschule zählen indes als Auswärtstätigkeit, so dass Reisekosten und - bei entsprechender Aufenthaltsdauer - die Verpflegungspauschalen angesetzt werden dürfen. Liegen Studienort und Ausbildungsbetrieb so weit auseinander, dass für die Hochschulsemester eine Zweitwohnung notwendig ist, können auch Übernachtungskosten (für die ersten drei Monate) steuerlich abgezogen werden; nach einer Unterbrechung von vier Wochen beginnt die Dreimonatsfrist sogar erneut. Dies gilt auch für betriebliche Lehrgänge außerhalb des Betriebs. Hinweis: Andere Studierende im Bachelorstudiengang sowie außerbetriebliche Auszubildende können die Kosten ihrer ersten Berufsausbildung nur als Sonderausgaben abziehen. Dies bringt in der Praxis jedoch regelmäßig keinen Cent an Steuerersparnis ein, da keine oder niedrige Einkünfte erzielt werden (kein Verrechnungspotential für Kosten). Bei Sonderausgaben ist kein Verlustvortrag möglich, die angefallenen Kosten können ausschließlich mit den Einkünften im selben Jahr verrechnet werden.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 02/2024)
Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat die Lohn- und Einkommensteuerstatistik für 2020 ausgewertet, die aufgrund der langen Fristen zur Steuerveranlagung erst etwa dreieinhalb Jahre nach Ende des Veranlagungsjahres verfügbar ist. Dabei stellte das Amt einige interessante Entwicklungen fest. Die Zahl der Steuerzahler sank im Jahr 2020 - dem ersten Jahr der Corona-Pandemie - erstmals seit über zehn Jahren - und zwar um 100.000 (-0,2 %) gegenüber dem Jahr 2019 auf 42,7 Millionen. Die Höhe der Einkünfte stieg hingegen - auch wegen der darin enthaltenen Corona-Soforthilfen - um 6 Mrd. EUR (+0,3 %). Im Jahr 2020 wurden verstärkt Lohnersatzleistungen gezahlt, unter anderem in Form von Kurzarbeitergeld. Etwa 9,9 Millionen Personen und damit mehr als sechsmal so viele wie im Jahr 2019 erhielten insgesamt 22 Mrd. EUR an Lohnersatzleistungen, jede Person davon im Mittel rund 1.200 EUR (Median). Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatten nur 1,5 Millionen Personen insgesamt 5,3 Mrd. EUR an Lohnersatzleistungen erhalten, und zwar im Mittel 1.900 EUR pro Person. Zusätzlich wurden im Jahr 2020 Corona-Soforthilfen in Höhe von insgesamt 12,3 Mrd. EUR an 1,2 Millionen Personen ausgezahlt, im Mittel 9.000 EUR pro Person. Im Jahr 2020 unterlagen Jahreseinkommen ab 270.501 EUR (bei gemeinsam veranlagten Personen: ab 541.002 EUR) einem Spitzensteuersatz von 45 %. Bei rund 119.500 Steuerzahlern kam dieser sogenannte Reichensteuersatz zum Tragen. Erstaunlich: Dies waren - trotz der Pandemie - rund 5.000 Personen mehr als im Jahr zuvor (+4,3 %). Auf diese Spitzenverdiener entfielen 6,8 % der gesamten Einkünfte (+0,2 Prozentpunkte) und 13,6 % der Steuersumme (+0,4 Prozentpunkte).       Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Seit einigen Jahren werden dem Finanzamt zahlreiche Daten zu Ihren Einnahmen und Ausgaben elektronisch übermittelt. Unter anderem sind dies Informationen zum Gehalt oder zur Krankenversicherung. In der Regel übernimmt das Finanzamt diese Daten unverändert. Aber was ist, wenn es bewusst von den übermittelten Werten abweicht? Kann es dann später wieder auf die ursprünglich übermittelten Daten zurückgreifen? Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden. Der Kläger erhielt im Jahr 2018 eine Abfindung in Höhe von 9.000 EUR. Diese war in der durch den Arbeitgeber dem Finanzamt elektronisch übermittelten Lohnsteuerbescheinigung als Bestandteil des Bruttoarbeitslohns enthalten. In der Einkommensteuererklärung hatte der Kläger die Abfindung zwar zutreffend erfasst, aber einen um 9.000 EUR gekürzten Bruttoarbeitslohn erklärt. Nach einer Überprüfung der Voraussetzungen einer ermäßigten Besteuerung der Abfindung berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid den (erklärungsgemäß) gekürzten Bruttoarbeitslohn. Den Hinweis des Risikomanagementsystems, die Daten der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung wichen von den erklärten Werten ab, zeichnete die Sachbearbeiterin als geprüft ab. Im Mai 2021 wurde das Finanzamt verwaltungsintern darauf hingewiesen, dass durch die bisherige Veranlagung die Abfindung der Steuer entzogen worden sei. Daraufhin wurde ein geänderter Einkommensteuerbescheid für 2018 erlassen. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG war unbegründet. Zwar gehört eine Abfindung zu den außerordentlichen Einkünften, ist aber dennoch Bestandteil der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im Streitfall lag zwar keine eine Änderung begründende offenbare Unrichtigkeit vor, da die ursprünglich fehlerhafte Veranlagung auf einem bewussten Vorgehen beruhte. Jedoch ist nach dem Gesetz ein Bescheid zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Die Höhe des gezahlten Arbeitslohns ist zweifellos übermittlungspflichtig. Einer Korrektur des Bescheids steht somit nichts entgegen.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 03/2024)
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat errechnet, dass deutsche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Jahr bis zum 11.07.2024 um 11:08 Uhr allein für den Staatssäckel gearbeitet haben - bis dahin haben sie ihr Einkommen rein rechnerisch komplett über Steuern und Abgaben an öffentliche Kassen abgeführt. Erst danach fließt ihr Einkommen für 2024 in ihre eigene Tasche. Damit liegt die Einkommensbelastungsquote für 2024 für einen durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushalt bei voraussichtlich 52,6 %, sodass von einem verdienten Euro nur 47,4 Cent zur freien Verfügung des Steuerzahlers übrigbleiben. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Belastung der Steuerzahler damit um 0,1 Prozentpunkte gesunken. Ein Grund hierfür liegt unter anderem darin, dass im Einkommensteuertarif 2024 die kalte Progression abgebaut wurde - ohne diesen Schritt wäre die Belastungsquote um 0,35 Prozentpunkte höher ausgefallen als im Vorjahr. Im Hinblick auf die hohe Belastungsquote fordert der BdSt, dass die Grundsteuerreform ab 2025 nicht zu Mehrbelastungen der privaten Haushalte führen darf und der Umsatzsteuersatz auf Wärme und Strom im privaten Bereich von 19 % auf 7 % abgesenkt werden sollte. Weiter fordert der Verband, die Stromsteuer für private Haushalte von 2,05 Cent/kWh auf 0,1 Cent/kWh zu senken und den Einkommensteuertarif durchgreifend zu reformieren (Einführung eines "Tarifs auf Rädern").Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Wenn jemand vom Finanzamt ohne Ankündigung an Ihrer Tür klingelt, können Sie den Zutritt zur eigenen Wohnung verweigern, wenn keine gerichtliche Anordnung vorlegt wird. Gleichwohl kann der Überraschungseffekt dazu führen, dass die Bewohner den Zutritt auch ohne Anordnung gewähren. Dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung trotz Einwilligung der Bewohner rechtswidrig sein kann, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), bei dem eine Geschäftsführerin einen Überraschungsbesuch von ihrem Finanzamt erhielt. Sie hatte in ihrer Einkommensteuererklärung zuvor die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt und eine Wohnungsskizze eingereicht, in der die Bezeichnung des Raumes "Schlafen" handschriftlich in "Arbeit" abgeändert worden war. Der Sachbearbeiter vom Finanzamt wurde misstrauisch, da laut Skizze zum Schlafen nun kein Raum mehr zur Verfügung stand. Er schaltete daraufhin einen hausinternen "Flankenschutzprüfer" ein, der Beamter der Steuerfahndung war. Dieser klingelte wenige Tage später (unangekündigt und ohne gerichtliche Anordnung) an der Wohnungstür der Geschäftsführerin und wurde von ihr hereingelassen. Die Überprüfung der Räume ergab, dass das abgesetzte Arbeitszimmer tatsächlich ein Arbeitszimmer war und für das Schlafen ein anderer Raum zur Verfügung stand, der in der Wohnungsskizze gar nicht eingezeichnet war. Der BFH entschied, dass die unangekündigte Wohnungsbesichtigung des Finanzamts rechtwidrig war, da die Geschäftsführerin bei der Aufklärung des Sachverhalts zuvor mitgewirkt hatte. Eine Besichtigung der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerzahlers zwecks Überprüfung des häuslichen Arbeitszimmers ist erst dann erforderlich, wenn die bestehenden Unklarheiten nicht mehr durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) sachgerecht aufgeklärt werden können. Der BFH verwies darauf, dass der im Grundgesetz verbürgte Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung zu beachten ist. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerzahler - wie im Urteilsfall - der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff vorliegt. Hinweis: Die Ermittlungsmaßnahme war auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle des Finanzamts durchgeführt worden war. Denn das persönliche Ansehen des Steuerzahlers kann nach Gerichtsmeinung dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) den Eindruck gewinnen, dass gegen den Steuerzahler strafrechtlich ermittelt wird.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 12/2022)
In den letzten Jahren hatten die Auswirkungen des Corona-Virus uns alle fest im Griff. Während man zu Beginn der Pandemie bei einer Infektion noch in Quarantäne musste, kommt es nun bei einer Krankschreibung eher auf die Schwere der Symptome an. Aber wie ist es, wenn man einen dringenden Termin vor Gericht hat? Kann man dann aufgrund einer Infektion einfach fehlen? Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste sich mit dieser Frage befassen. Die Klägerin war bis Ende Januar 2018 Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft. Da die Gesellschaft keine Umsatzsteuererklärung für 2016 und keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Juni bis Dezember 2017 eingereicht hatte, erließ das Finanzamt Schätzbescheide. Vor Fälligkeit stellte die Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieser wurde aber mangels Masse abgewiesen. Da die Gesellschaft die Steuern nicht zahlte, nahm das Finanzamt die Klägerin in Haftung. Am Abend vor der mündlichen Verhandlung des Streitfalls beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Terminverlegung aufgrund einer Corona-Erkrankung (ohne Attest). Nach Ansicht des Gerichts war dies zur Glaubhaftmachung der Erkrankung nicht ausreichend, so dass der Prozessbevollmächtigte am Nachmittag ein Attest nachreichte. Das FG konnte auch ohne den Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden. Dem Antrag auf Terminverlegung war nicht stattzugeben. Zwar könne aufgrund von Krankheit eine Terminverlegung erfolgen, jedoch müsse die Erkrankung so schwer sein, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden könne. Nach ständiger Rechtsprechung sei dies bei Verhandlungs- oder Reiseunfähigkeit der Fall. Besonders streng seien die Anforderungen bei einer Verlegung in letzter Minute. Der Antrag sei nach Dienstschluss des Gerichts gestellt und nicht entsprechend glaubhaft begründet worden. Ein nachgereichtes Attest reiche nicht, um die Verhandlungsunfähigkeit am bereits vorher angesetzten Termin zu beweisen. Im Übrigen war die Klage nicht erfolgreich. Der Haftungsbescheid gegen die Klägerin sei formell rechtmäßig ergangen. Die Klägerin habe ihre Pflichten als Geschäftsführerin verletzt, wodurch ein Haftungsschaden entstanden sei. Hinweis: An eine Terminverlegung werden strenge Anforderungen gestellt. Diese sollten unbedingt eingehalten werden.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2023)
Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand wurde neu geregelt. Durch den neuen § 2b Umsatzsteuergesetz gilt die Umsatzsteuerpflicht grundsätzlich für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die selbständig und nachhaltig Einnahmen erzielen. Sie unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn ihre Tätigkeiten zu keinen größeren Wettbewerbsverzerrungen führen. In diesem Fall greifen entsprechende Sonderregelungen. Es bleiben jedoch nach wie vor viele Unklarheiten für die öffentliche Hand. Auch im Zusammenhang mit Kindertageseinrichtungen und Schulen werden verschiedentlich Umsätze erzielt, bei denen fraglich ist, wem sie zuzurechnen sind und ob sie der Umsatzsteuer unterliegen. Da die Umsätze in der Regel auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, ist es entscheidend, ob die Einrichtung nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig wird. Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) gibt in einer aktuellen Verfügung einen ausführlichen Überblick mit vielen Beispielen zu diesem Thema. Die Behörde geht zunächst auf die Beurteilung der Umsätze von Elternbeiräten ein. Der Elternbeirat ist nicht rechtsfähig und damit ein unselbständiges Organ des jeweiligen Trägers der Einrichtung. Die Umsätze des Elternbeirats unterliegen grundsätzlich nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie für sich genommen eine unternehmerische und damit nachhaltige Tätigkeit begründen. Anhand von zahlreichen Beispielen (z.B. Umsätze bei einem Sommerfest, Nikolausbesuch, Glühweinstand) schafft die Behörde Klarheit. Zudem gibt das BayLfSt Hinweise zur Beurteilung von Umsätzen, die Schüler im Rahmen von Schulprojekten erbringen. Schulfirmen bzw. Schulprojekte sind Übungsfirmen und Tätigkeiten von Schülern zum Beispiel im Rahmen des fachlichen Unterrichts. Die hierbei erbrachten Dienstleistungen sind essentieller Bestandteil ihrer Ausbildung an sich, wobei der pädagogische Aspekt im Mittelpunkt steht. Hier liegt grundsätzlich eine steuerbare Tätigkeit vor, die je nach Einzelfall auch als nichtsteuerbarer Innenumsatz oder hoheitliches Hilfsgeschäft eingestuft werden kann. Die Kleinunternehmerregelung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Gesamtumsatz des Trägers die entsprechenden Umsatzgrenzen nicht überschreitet. Schülerfirmen und Fördervereine sind als eigenständige Unternehmer zu beurteilen. Hier kann die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden, wenn die Umsatzgrenzen nicht überschritten werden.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Bei Rechtsstreitigkeiten vor den Finanzgerichten (FG) gelten wei bei allen Gerichten die Grundsätze rechtlichen Gehörs. Demnach müssen die Prozessbeteiligten die Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten zuvor hatten äußern können. Stützt das Gericht seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt, auf den es die Beteiligten zuvor nicht hingewiesen hat und der dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gibt, kann ein Verfahrensmangel in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegen. Man spricht in diesem Fall von einer Überraschungsentscheidung. Hinweis: Die Prozessbeteiligten müssen zwar von sich aus - bei umstrittenen und problematischen Rechtslagen - alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte in Betracht ziehen und ihren Sachvortrag darauf einstellen. Sie müssen aber nicht damit rechnen, dass ihre Klage aus einem Grund abgewiesen wird, den weder die Beteiligten noch das Gericht zuvor in das Verfahren eingeführt haben. Wie ein solcher Verfahrensmangel aussehen kann, wird anhand eines neuen Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) deutlich: Im vorliegenden Fall war vor dem FG München strittig gewesen, ob ein steuerpflichtiger Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen entstanden war, obwohl über das Vermögen der Gesellschaft zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Fraglich war zudem, ob die Wertlosigkeit der Anteile bei Veräußerung nachgewiesen war. Bei dieser Sachlage hatte das FG München die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und sich auf eine völlig neue Begründung gestützt: Die Anteilsveräußerung sei ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen, der steuerlich nicht anzuerkennen sei, da die Anteilserwerberin nicht (wie zwischen fremden Dritten üblich) im Aktienregister eingetragen war. Der BFH hob das klageabweisende FG-Urteil nun auf und verwies dies Sache zurück an das FG zur anderweitigen Verhandlung. Die Bundesrichter sahen in dem Urteil eine Überraschungsentscheidung und verwiesen darauf, dass die Kläger mit der Wendung im Prozess nicht hätten rechnen müssen, zumal die Begründung des Gerichts auch noch rechtlich fehlerhaft war. Bei einer zivilrechtlichen Übertragung von Anteilen ist es nämlich gar nicht erforderlich, dass die Erwerberin im Aktienregister eingetragen ist. Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass überraschende Entscheidungen des FG mit Erfolg angefochten werden können, wenn die Begründung auf bislang unerörterten, vollkommen neuen Gesichtspunkten fußt.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2023)
Rund 22 Millionen Personen haben im Jahr 2022 hierzulande Leistungen aus gesetzlicher, privater oder betrieblicher Rente erhalten - in der Summe rund 363 Mrd. EUR. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stieg die Zahl der Rentenempfänger damit im Vergleich zum Vorjahr um 106.000 Personen. Die Höhe der gezahlten Renten stieg im Jahresvergleich um 13,6 Mrd. EUR. Der Statistik zufolge zählten 2022 rund zwei Drittel der Rentenleistungen (66,4 %) zu den steuerpflichtigen Einkünften. Seit 2015 ist der durchschnittliche Besteuerungsanteil damit um elf Prozentpunkte gestiegen. Hinweis: Ursache für diesen Anstieg ist das Alterseinkünftegesetz aus dem Jahr 2005, in dem der Übergang von einer vorgelagerten zu einer nachgelagerten Besteuerung der gesetzlichen Renten bis zum Jahr 2040 vorgesehen ist. Demnach werden die Aufwendungen zur Alterssicherung in der Ansparphase schrittweise steuerfrei gestellt und erst die Leistungen in der Auszahlungsphase steuerlich belastet. Welcher Anteil der Renteneinkünfte steuerpflichtig ist, richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns: Je später der Rentenbeginn, desto höher ist der besteuerte Anteil der Renteneinkünfte. Außerdem steigt der Besteuerungsanteil auch durch Rentenerhöhungen, da diese komplett steuerpflichtig sind. Bei vielen Rentnern liegt der steuerpflichtige Teil ihrer Renten nach relevanten Abzügen unterhalb des Grundfreibetrags, so dass Renten häufig steuerfrei bleiben, wenn keine weiteren Einkünfte hinzutreten. Wie viele Rentner im Jahr 2022 tatsächlich Einkommensteuer zahlen, ist aufgrund der langen Fristen zur Steuerveranlagung noch nicht bekannt. Aktuellste Informationen zur Rentenbesteuerung liegen lediglich für 2019 vor. Demnach mussten 37 % der insgesamt 21,6 Millionen Rentenempfänger Einkommensteuer auf ihre gesetzlichen, privaten oder betrieblichen Renteneinkünfte zahlen. Im Vergleich zu 2018 stieg der Anteil damit um 3,1 Prozentpunkte bzw. 709.000 Personen. Bei knapp 84 % der steuerbelasteten Rentenempfänger liegen neben den Renten noch andere Einkünfte, wie beispielsweise Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen oder Mieteinnahmen, vor. Im Fall von zusammenveranlagten Ehepaaren können dies auch Einkünfte des Partners sein, die für die Besteuerung zusammengerechnet werden.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2023)
Wer eine Familie gründet, muss im Erwerbsleben häufig kürzertreten. Um hierfür einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, fördert der Staat junge Familien bereits seit 2007 mit dem Elterngeld. Zum 01.04.2024 wurden die Regelungen nun in zwei Punkten überarbeitet: Neue Einkommensgrenze: Für Geburten bis einschließlich 31.03.2024 können Elternpaare das Elterngeld noch bei einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von bis zu 300.000 EUR pro Jahr erhalten. Für Alleinerziehende liegt die Einkommensgrenze bei 250.000 EUR. Zum 01.04.2024 sinkt die Grenze sowohl für Paare als auch für Alleinerziehende auf 200.000 EUR pro Jahr. Ab dem 01.04.2025 soll diese einheitliche Einkommensgrenze noch ein weiteres Mal sinken, und zwar auf 175.000 EUR. Gleichzeitiger Bezug: Für Geburten bis einschließlich 31.03.2024 kann das Basiselterngeld grundsätzlich noch für maximal zwei Monate von beiden Elternteilen gleichzeitig bezogen werden. Für Geburten ab dem 01.04.2024 lässt sich dann nur noch für einen Monat gleichzeitig Elterngeld von beiden Elternteilen beziehen. Zudem ist dies nur noch innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich. Hinweis: Das Basiselterngeld beträgt nach wie vor 65 % des bisherigen Nettogehalts, mindestens 300 EUR und maximal 1.800 EUR pro Monat. Wer vor der Geburt des Kindes kein Einkommen hatte, bekommt 300 EUR. Als Bemessungszeitraum für die Höhe des Elterngeldes gelten die letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes. Der Antrag auf Elterngeld kann erst nach der Geburt des Kindes gestellt werden, da erst dann die für den Elterngeldantrag notwendige Geburtsbescheinigung vorliegt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Wenn das Finanzgericht (FG) einen lebenslang inhaftierten Straftäter zur mündlichen Verhandlung lädt, legt es ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheitsmaßnahmen im Gerichtssaal. Dass dabei jedoch nicht pauschal eine Fesselung an Händen und Füßen angeordnet werden darf, zeigt nun ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH). Vorliegend hatte ein seit Jahrzehnten inhaftierter Straftäter ein Klageverfahren seiner verstorbenen Mutter als Rechtsnachfolger fortgeführt. Die zuständige Einzelrichterin hatte den Mann zur mündlichen Verhandlung geladen und die Justizvollzugsanstalt gebeten, den Kläger im Sitzungssaal zu bewachen und an Händen und Füßen zu fesseln. Der Kläger weigerte sich, unter diesen Voraussetzungen an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, so dass das FG in seiner Abwesenheit verhandelte und seine Klage abwies. Der BFH hob die finanzgerichtliche Entscheidung nun jedoch auf und verwies die Sache zurück an das FG, da ein Verfahrensmangel vorlag. Nach Ansicht der Bundesrichter war der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt worden. Zwar standen der Einzelrichterin sitzungspolizeiliche Befugnisse zu, um den ungestörten Verlauf der Sitzung zu sichern, die Fesselungsanordnung ging jedoch über diese Befugnisse hinaus und war rechtswidrig. Die Fesselung eines Prozessbeteiligten ist der stärkste Eingriff in die Bewegungsfreiheit des Betroffenen und ein Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht. Sie kommt daher nur in Betracht, wenn kein milderes Mittel möglich ist und konkrete Tatsachen vorliegen, die eine Fesselung rechtfertigen. Hierzu können zum Beispiel frühere Auffälligkeiten im Justizvollzug wie Gewalttätigkeiten oder Fluchtversuche zählen oder erkennbare Suizidabsichten. Da solche konkreten Anhaltspunkte nicht vorgetragen worden waren, durfte das FG pauschal keine Fesselung anordnen. Hinweis: Im zweiten Rechtszug muss das FG nun also voraussichtlich ohne Fesselung verhandeln, sofern keine konkreten Anhaltspunkte dagegensprechen. Um die Sicherheit im Gerichtssaal zu gewährleisten, wird dem Kläger dann aber wohl ein Platz neben einem oder zwischen zwei Justizwachtmeistern zugewiesen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2023)

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