Steuerfortentwicklungsgesetz: Ab 2025 soll es spürbar mehr Netto vom Brutto geben
Wenn Arbeitnehmer einem strafrechtlichen Vorwurf ausgesetzt sind, können sie die Kosten für ihre Strafverteidigung nur in Ausnahmefällen steuerlich als Werbungskosten abziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist dies nur möglich, wenn der strafrechtliche Vorwurf eindeutig durch ein berufliches Verhalten veranlasst wurde. Die zu Last gelegte Tat muss bei der Berufsausübung begangen worden sein und die strafbare Handlung muss im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen. Beruht der strafrechtliche Vorwurf hingegen auf einem privaten Verhalten, ist ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
In einem neuen Urteil hat der BFH nun entschieden, dass diese engen Abzugsgrundsätze nicht auf Rechtsverfolgungskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren eines Berufssoldaten übertragen werden können.
Im zugrunde liegenden Fall war ein Berufssoldat aufgrund eines strafrechtlich relevanten Textbeitrags auf seinem privaten Social-Media-Account rechtskräftig verurteilt worden. Zeitgleich war gegen ihn ein Wehrdisziplinarverfahren eröffnet worden, welches neben dem im Strafverfahren behandelten Vorwurf weitere Disziplinarvergehen zum Gegenstand hatte. Die für seine Vertretung in dem Disziplinarverfahren aufgewandten Rechtsanwaltskosten von 1.785 EUR wollte der Soldat als Werbungskosten abziehen. Das Finanzamt lehnte ab und verwies auf die Rechtsprechung des BFH, wonach Prozesskosten eines Strafverfahrens grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar seien.
Der BFH gab jedoch grünes Licht für einen Werbungskostenabzug und erklärte, dass Prozesskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren nicht mit den Kosten für ein Strafverfahren gleichgesetzt werden könnten. Gegenstand von Wehrdisziplinarverfahren sei die Ahndung von Dienstvergehen, indem Disziplinarmaßnahmen verhängt würden (z.B. Kürzung der Dienstbezüge, Beförderungsverbot, Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, Dienstgradherabsetzung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis). Die Aufwendungen für die Verteidigung im Wehrdisziplinarverfahren dienten daher unmittelbar der Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis.
Der Abziehbarkeit der Kosten für das Wehrdisziplinarverfahren stehe nach Gerichtsmeinung auch nicht entgegen, dass die Dienstpflichtverletzungen teilweise Gegenstand eines Strafverfahrens gewesen seien. Nur die für das Strafverfahren aufgewandten Rechtsverteidigungskosten seien nicht als Werbungskosten abziehbar.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland haben die Nationalmannschaften um Preisgelder in Höhe von insgesamt 331 Mio. EUR gespielt. Für die Veranstalter UEFA und DFB ist das Turnier ein großer wirtschaftlicher Erfolg. Sie erwarten einen Gewinn von 1,7 Mrd. EUR. An Steuern sollen davon 65 Mio. EUR, also gerade einmal 3,8 % des Gewinns bzw. 10 % der Ausgaben zurück nach Deutschland fließen.
Als Antrittsprämie gab es für die 24 qualifizierten Nationalteams jeweils 9,25 Mio. EUR von der UEFA. Dazu erhielt jede Mannschaft für jeden Sieg 1 Mio. EUR bzw. 500.000 EUR für jedes Unentschieden bei den Gruppenspielen. Die 16 Teams, die das Achtelfinale erreichten, erhielten jeweils 1,5 Mio. EUR. Das Viertelfinale brachte 2,5 Mio. EUR ein und für den Einzug ins Halbfinale gab es 4 Mio. EUR. Der Vizeeuropameister strich ganze 5 Mio. EUR ein und der Europameister konnte sich über eine Siegesprämie in Höhe von 8 Mio. EUR freuen.
Die nationalen Verbände legen für ihr Land jeweils eigenständig vertraglich fest, wie viel sie ihren Spielern, Trainern usw. von den erfolgsbezogenen Preisgeldern vertraglich zukommen lassen. Es wird also nur ein Teil davon an die Spieler weitergegeben. Bekanntlich werden die Nationalmannschaften aus Spielern von verschiedenen Clubs zusammengestellt. Der jeweilige Fußballclub, für den sie normalerweise vertraglich spielen, ist ihr Arbeitgeber. In dieser Funktion zahlt er seinen angestellten Spielern die Vereinsgehälter aus und ist für deren Besteuerung zuständig.
Analog verhält es sich mit den Prämien, welche die deutschen Spieler vom DFB erhalten. Der Heimatverein muss die Steuern abführen, solange es sich um einen deutschen Profi-Club handelt. Da der DFB eine große Auswahl hat, die besten Spieler aus allen Clubs in die Nationalmannschaft zu berufen, gehören alle Spieler zu den Spitzenverdienern. Daher kommt bei der Versteuerung der Preisgelder der Spitzensteuersatz in Höhe von 45 % plus 5,5 % Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer zum Tragen. Sozialabgaben spielen in dieser Gehaltsklasse keine Rolle mehr, da die Beitragsbemessungsgrenzen mit dem Grundgehalt überschritten sind.
Spieler anderer europäischer Nationalmannschaften müssen die Beträge in dem Land versteuern, in dem sie entstanden sind. Somit hat Deutschland als Austragungsland dem Grunde nach das Besteuerungsrecht, was nicht gleichzeitig bedeutet, dass alle Nationalteams die Prämien in Deutschland versteuern. Hierfür müsste man wissen, welche Steuererleichterungen und Steuererlasse das Bundesfinanzministerium gewährt. Die Einnahmen der UEFA jedenfalls werden größtenteils steuerfrei belassen, wobei über die exakte Höhe bislang von Regierungsseite geschwiegen wird. Ob dies gleichfalls für die Preisgelder der nationalen Fußballverbände gilt, ist ebenso unbekannt.
Hinweis: Allgemein gilt im internationalen Profi-Spielbetrieb für Mannschaftssportarten ein kompletter Steuererlass, wenn dieser im Gegenzug auch in dem jeweiligen ausländischen Staat für die in Deutschland ansässigen Sportler und Clubs gilt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Eigentlich ist es ja klar: Jeder muss seine Einkommensteuererklärung selbst unterschreiben, da er auch selbst für die Angaben verantwortlich ist. Wer aber muss die Steuererklärung unterschreiben, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde? Reicht es, wenn der Insolvenzverwalter die Einkommensteuererklärung einreicht? Das Finanzgericht Münster musste darüber urteilen, ob eine durch den Insolvenzverwalter unterschriebene Einkommensteuererklärung wirksam ist.
Über das Vermögen des Insolvenzschuldners war wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Am 17.07.2020 reichte der Insolvenzverwalter beim Finanzamt die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 ein. Der Insolvenzschuldner erzielte demnach Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und zahlte auch Sozialabgaben. Der Insolvenzverwalter gab an, dass ihm keine Informationen über weitere Einkünfte vorliegen würden und diese gegebenenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen seien. Die Steuererklärung war allein von ihm unterschrieben.
Das Finanzamt erließ daraufhin am 27.07.2020 einen "Ablehnungsbescheid zur Einkommensteuer 2019". Die nur vom Insolvenzverwalter unterschriebene Einkommensteuererklärung sei nicht wirksam und stehe daher einer Nichtabgabe gleich. Es fehle an der Unterschrift des Insolvenzschuldners.
Die Klage hiergegen war erfolgreich. Allein der Insolvenzverwalter war befugt, die Einkommensteuererklärung einzureichen. Eine Veranlagung war unter anderen Voraussetzungen nicht möglich, da nur Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vorlagen. Die Möglichkeit, dass nichterklärte (insolvenzfreie) Arbeitseinkünfte vorlagen, stand der Wirksamkeit des Antrags nicht entgegen. Es reichte die Unterschrift des Insolvenzverwalters, die des Insolvenzschuldners war nicht notwendig. Dieser hätte auch nach Insolvenzeröffnung keine Einkommensteuererklärung einreichen können, soweit die Insolvenzmasse betroffen gewesen wäre. Und die Forderung auf Erstattung von überzahlter Lohnsteuer fällt in vollem Umfang in die Insolvenzmasse.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 02/2024)
Für Berufstätige ist Fortbildung ist ein wichtiges Thema. Abgesehen von der hierbei zu investierenden Zeit sind allerdings auch die Kosten nicht zu unterschätzen. Außer den Lehrgangskosten können auch Fahrt-, Unterkunfts- und weitere Kosten anfallen. Oder man verzichtet auf Gehalt, damit man freie Zeit gewinnt, um sich auf Prüfungen vorzubereiten. In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Niedersachsen (FG) ging es darum, in welcher Höhe unter anderem die Fahrtkosten berücksichtigt werden können.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er absolvierte in dieser Zeit einen Meistervorbereitungskurs, den er erfolgreich mit der Meisterprüfung abschloss. Die damit verbundenen Aufwendungen trug er überwiegend selbst. Da die Kurse teilweise in Vollzeit stattfanden, nahm der Kläger hierfür sowohl regulären, als auch unbezahlten sowie Bildungsurlaub. Ihm war ein Zuschuss nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz zugesagt worden, der erst später ausgezahlt wurde. In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger als Werbungskosten unter anderem Fahrtkosten (gefahrene Kilometer) und Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt erkannte aber nur die Entfernungspauschale an. Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht berücksichtigt. Zudem wurde der Zuschuss von den Werbungskosten abgezogen.
Die Klage vor dem FG war teilweise erfolgreich. Zwar können die Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale geltend gemacht werden, da die Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte des Klägers anzusehen war. Es handelte sich bei den relevanten Modulen um eine vollzeitige Bildungsmaßnahme außerhalb des bestehenden Dienstverhältnisses. Gleichwohl erfolgte die Maßnahme auch im Interesse des Arbeitgebers. Allerdings wurde der Kläger weder von der Arbeit freigestellt noch beteiligte sich der Arbeitgeber an den Kosten. Der gezahlte Zuschuss wurde vom Finanzamt zu Unrecht von den Werbungskosten abgezogen. Bei dem Zuschuss handelt es sich um steuerfreie Einnahmen.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Die Bundesregierung hat sich in ihren Haushaltsgesprächen darauf verständigt, die Bürger weiter zu entlasten. Hierzu hat das Kabinett das Steuerfortentwicklungsgesetz auf den Weg gebracht, das ab 2025 für spürbar mehr Netto vom Brutto sorgen soll. Auch Unternehmen und gemeinnützige Organisationen sollen profitieren. Die geplanten Maßnahmen im Überblick:
Für 2025 und 2026 sollen die Grund- und Kinderfreibeträge deutlich erhöht werden. Der steuerliche Grundfreibetrag - also das Einkommen, bis zu dem keine Einkommensteuer gezahlt werden muss - liegt aktuell bei 11.604 EUR und soll 2025 auf 12.084 EUR und 2026 auf 12.336 EUR steigen. Gleichzeitig soll auch der steuerliche Kinderfreibetrag angehoben werden - von aktuell 9.312 EUR auf 9.600 EUR im Jahr 2025 und 9.756 EUR im Jahr 2026.
2025 und 2026 soll auch die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag steigen und der Einkommensteuertarif - mit Ausnahme des sogenannten "Reichensteuersatzes" - erneut an die Inflation angepasst werden. Das bedeutet: Löhne und Gehälter werden nicht höher besteuert, wenn ihr Anstieg lediglich die höheren Preise ausgleichen soll.
Das Kindergeld soll im kommenden Jahr von 250 EUR auf 255 EUR monatlich steigen, 2026 dann um weitere 4 EUR auf 259 EUR.
Für Unternehmen sollen steuerliche Impulse durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und die Ausweitung der Forschungsförderung gesetzt werden.
Steuerbegünstigte Organisationen sollen sich künftig außerhalb ihres Zwecks gelegentlich zu tagespolitischen Ereignissen äußern dürfen, ohne hierdurch ihre Steuerbegünstigung zu verlieren. Sportvereine dürfen sich beispielsweise anlässlich aktueller Vorkommnisse gegen Rassismus positionieren. Außerdem erhalten gemeinnützige Organisationen mehr Zeit, um die ihnen zugewiesenen Mittel zu verwenden, und mehr Flexibilität, wenn sie Photovoltaikanlagen anschaffen oder betreiben.
Die Steuerklassenkombination III und V soll ab 2030 abgeschafft und in das Faktorverfahren der Lohnsteuerklasse IV überführt werden. Das Splittingverfahren bleibt Ehe- und Lebenspartnern aber auch in Zukunft erhalten; mit dem Faktorverfahren kann die steuermindernde Wirkung des Ehegattensplittings bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug individuell berücksichtigt werden. Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Wenn es in einem Jahr nicht so gut läuft und man einen Verlust aus seinen Einkünften erzielt, ist das keine schöne Situation. Allerdings kann es etwas trösten, dass man unter bestimmten Voraussetzungen den erzielten Verlust mit positiven Einnahmen aus anderen Jahren verrechnen darf. Aber wie wird eigentlich dieser Verlust berechnet? Das Finanzamt war im Streitfall der Ansicht, dass ein möglicher Altersentlastungsbetrag nicht bei der Verlustermittlung zu berücksichtigen ist. Das Finanzgericht Thüringen (FG) musste nun darüber entscheiden.
Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2017 gegenüber dem Kläger auf 0 EUR fest. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2017 wurde am 10.03.2021 auf 194 EUR festgestellt. Dabei wurde ausgeführt, dass verbleibende negative Einkünfte in Höhe von 25.194 EUR vorlägen und hiervon ein Verlustrücktrag nach 2016 in Höhe von 25.000 EUR erfolge. Hiergegen legte der Kläger am 15.03.2021 Einspruch ein mit der Begründung, dass der Verlustrücktrag fehlerhaft ermittelt worden sei. Das Finanzamt habe bei der Berechnung den Altersentlastungsbetrag nicht berücksichtigt.
Dieser Einspruch vor dem FG war erfolgreich. Das Finanzamt hat zu Unrecht den Altersentlastungsbetrag in Höhe von 1.824 EUR nicht berücksichtigt. Der verbleibende Verlustvortrag sei gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag seien die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nichtausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um bestimmte Beträge, vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag. Der Senat folge nicht der Ansicht des Finanzamts, dass der Altersentlastungsbetrag nicht zu berücksichtigen sei. Vielmehr sei erst der Gesamtbetrag der Einkünfte auszugleichen. Dies ergebe sich auch schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Diese Berücksichtigung bei der Verlustberechnung widerspreche auch nicht dem Sinn des Altersentlastungsbetrags.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Falls Sie einmal in die Lage kommen, dass Sie etwa vor dem Finanzgericht einen Rechtstreit führen müssen, werden Sie damit höchstwahrscheinlich einen Rechtsanwalt betrauen. Dann sind die nachfolgenden Hinweise auch für Sie als Mandant nicht uninteressant: Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts müssen ihre Schriftsätze, Anträge und Erklärungen seit dem 01.01.2022 als elektronisches Dokument an die Gerichte übermitteln. Die Papierform ist grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Wer als Rechtsanwalt zugelassen ist, muss für diese Zwecke ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) vorhalten.
Dass Übermittlungen über das beA nicht wenige Sekunden vor dem Ablauf einer prozessualen Frist angestoßen werden sollten, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH). Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Rechtsanwalt für die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde eine Frist bis zum 10.02.2022 zu beachten. An diesem Tag begab er sich scheinbar erst kurz vor Mitternacht an seinen PC, um über beA die Begründung abzuschicken. Nach dem Absenden erhielt er einen automatischen Transfervermerk, wonach sein Dokument erst am 11.02.2022 um 00:00:12 Uhr auf dem Server des Gerichts eingegangen war.
Der BFH entschied nun, dass die Begründung damit verspätet eingegangen war und die Nichtzulassungsbeschwerde somit unzulässig war. Ein über beA übermittelter Schriftsatz ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst dann bei Gericht eingegangen, wenn er auf dem Gerichtsserver im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach gespeichert ist. Maßgeblich ist also der Zeitpunkt, der auf dem automatischen Transfervermerk ausgewiesen wird. Unerheblich ist hingegen, wann mit der Übermittlung des Schriftsatzes begonnen worden ist oder wann ein Schriftsatz innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet wird.
Hinweis: Ab 2023 müssen auch Steuerberater ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) führen, so dass auch sie spätestens ab diesem Zeitpunkt zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten verpflichtet sind. Die Grundsätze zur rechtzeitigen Übermittlung gelten auch für Steuerberater.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 12/2022)
Wenn Sie Ihre Einkommensteuererklärung elektronisch an das Finanzamt übermitteln, wird diese durch ein Risikomanagementsystem geprüft. Hieraus können sich Meldungen zu Sachverhalten ergeben, die vom Sachbearbeiter genauer zu untersuchen sind. Allerdings kann das Risikomanagementsystem auch nicht alle denkbaren Sachverhalte identifizieren, so dass die Sachbearbeiter bei manchen Konstellationen auch dann besonders genau hinsehen werden, wenn es keine Meldung gab, der Steuerpflichtige jedoch weitere Unterlagen beigefügt hat. In einem solchen Sachverhalt musste das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entscheiden, ob ein Fehler des Sachbearbeiters vorlag und ob der bereits erlassene Bescheid geändert werden kann.
Der Kläger ist Pilot und war im Streitjahr eine Zeit lang für einen in Irland ansässigen Arbeitgeber (C) tätig. Den ausländischen Arbeitslohn erklärte er in der Anlage AUS. Den von C bezogenen Arbeitslohn trug er in der Anlage N-AUS ein, so dass das elektronische Formular eine Differenz von 0 EUR ermittelte und diese in die Anlage N übertrug. Der Kläger hatte der Steuererklärung unter anderem ein "Employment Detail Summary 2019" über in Irland erzielte Einkünfte beigefügt. Das Finanzamt legte dar, dass die Eintragung in Anlage N-AUS nicht hätte erfolgen dürfen. In den Steuererklärungsvordrucken wurde ein diesbezüglicher klarstellender Hinweis in Klammern allerdings erst ab dem Jahr 2020 ergänzt.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Eine Änderungsmöglichkeit wegen offenbarer Unrichtigkeit bestand nicht. Die fehlerhafte Eintragung des Klägers bei der Erstellung seiner elektronischen Steuererklärung sei kein Schreibfehler, sondern den Gegebenheiten des Programms geschuldet. Auch habe es in den Akten keinen Prüfhinweis auf den Progressionsvorbehalt (das steuerfreie Gehalt) gegeben. Dass das Finanzamt die irische Lohnbescheinigung offenkundig übersehen habe, sei dem Kläger ebenfalls nicht als Fehler anzulasten. Die Bescheinigung habe der Erklärung unstreitig beigelegen und es sei erkennbar gewesen, dass die Einkünfte im Ausland erzielt worden seien.
Vielmehr liege ein Fehler in der Sachverhaltsermittlung durch das Finanzamt vor. Die Sachbearbeiterin habe die Bescheinigung nicht berücksichtigt, da sie nur die Prüfhinweise abgearbeitet habe, ohne die miteingereichten Anlagen durchzusehen. Aufgrund eines Fehlers in der Sachverhaltsermittlung sei keine Bescheidänderung möglich.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2024)
Für die Zustellung von Gerichtsentscheidungen und besonders wichtiger Verwaltungspost schreibt die Zivilprozessordnung (ZPO) strenge Regelungen vor. Die Postsendung darf demnach nur dann vom Postboten in den Briefkasten eingelegt werden, wenn der Empfänger nicht angetroffen werden konnte und auch eine Übergabe an erwachsene Familienangehörige, Haushaltsbedienstete oder andere Beschäftigte nicht gelungen ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass eine förmliche Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten unwirksam ist, wenn der Postbote zuvor nicht versucht hat, die Postsendung persönlich zu übergeben. Er muss also zunächst an der Wohnung oder den Geschäftsräumen klingeln. Nach Auffassung des Gerichts gilt dies auch während der Corona-Pandemie.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Postzusteller ein Gerichtsurteil an einem Samstag (während der Corona-Pandemie) in den Briefkasten einer Steuerberatungskanzlei eingeworfen. Die Mitarbeiter der Kanzlei hatten den Briefkasten jedoch erst am darauffolgenden Montag geleert und ausgehend von diesem Tag die einmonatige Frist zur Einlegung der Revision berechnet. Nachdem ihre Revision kurz vor Ablauf dieser Frist eingelegt worden war, stufte die Senatsgeschäftsstelle des BFH sie zunächst als verfristet ein, da sie die Fristberechnung ausgehend vom Tag des Briefeinwurfs vorgenommen hatte.
Im Zuge des Verfahrens vernahm der BFH den damals zuständigen Postboten. Dieser erklärte, dass er von seinen Vorgesetzten mündlich angewiesen worden sei, in Zeiten der Corona-Pandemie kontaktlos zuzustellen und insbesondere auf ein Betätigen der Klingel vor dem Einlegen der Sendung in den Briefkasten zu verzichten. So habe er es auch an dem hier fraglichen Tag gehandhabt. Der BFH stufte diese Aussage als glaubhaft ein, erklärte allerdings, dass diese Vorgehensweise nicht den Anforderungen an eine förmliche Zustellung entsprach. Für Zeiten der Corona-Pandemie hatten weder Bundes- noch Landesgesetzgeber pandemiebedingte Erleichterungen für die Zustellung geschaffen, so dass die ZPO-Vorschriften "in Reinform" fortgalten. Eine wirksame Zustellung durch Einlegen in den Briefkasten kann somit nur erfolgen, wenn zuvor erfolglos versucht worden ist, die Briefsendung persönlich zu übergeben.
Hinweis: Die Frist zum Einlegen der Revision war demnach tatsächlich erst ab Montag, dem Tag der Briefkastenleerung durch die Kanzleimitarbeiter, zu berechnen, so dass die Revision am Ende noch rechtzeitig eingelegt worden war.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2023)
Wenn eine Steuererklärung nicht fristgerecht abgegeben wird, gibt es hinsichtlich der Verspätungszuschläge seit dem Veranlagungsjahr 2018 strengere Regelungen. Früher konnte das Finanzamt noch im Rahmen seines Ermessens darüber entscheiden, ob ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird oder nicht. Hat es nun tatsächlich keinen Spielraum mehr? Mit dieser Frage befasste sich das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG).
Die Kläger im Besprechungsfall sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und haben die Steuerklassenkombination III/V. Am 02.06.2022 erinnerte das Finanzamt die Kläger an die Abgabe der Steuererklärung 2019, und zwar bis zum 08.07.2022. Auf einen Verspätungszuschlag wurde hingewiesen. Die Kläger reichten die Steuererklärungen 2018 und 2019 am 07.07.2022 ein. Die Erklärungen wurden antragsgemäß veranlagt. Für beide Jahre wurde jeweils ein Verspätungszuschlag festgesetzt. Die Kläger beantragten dessen Aufhebung. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, die Verspätung sei nicht entschuldbar gewesen.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Die Festsetzung der Verspätungszuschläge war rechtmäßig. Die Kläger waren gesetzlich verpflichtet, Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2018 und 2019 abzugeben, was erst verspätet geschah. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags war im Streitfall keine Ermessensentscheidung. Das Finanzamt war per Gesetz verpflichtet, für die Veranlagungsjahre 2018 und 2019 jeweils einen Verspätungszuschlag festzusetzen. Von der Festsetzung ist nur abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist. Die Kläger konnten sich auch nicht darauf berufen, dass die Abgabepflicht für sie nicht erkennbar gewesen sei. Nicht das Schreiben des Finanzamts hatte die Erklärungspflicht ausgelöst, sondern die gesetzliche Regelung.
Hinweis: Unabhängig davon, um welche Steuerart es geht: Bei Erklärungen, die Sie in unsere Hände legen, sind Sie auf der sicheren Seite, dass keine Frist versäumt wird.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2023)
Wenn man zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, sollte man darauf achten, diese rechtzeitig abzugeben. Denn bei verspäteter Abgabe kann das Finanzamt Verspätungszuschläge festsetzen. Abhängig davon, wie spät man die Erklärung abgibt, hat das Finanzamt noch einen Spielraum, einen Verspätungszuschlag festzusetzen oder nicht. Im Gesetz sind einige Fristen aufgeführt, nach deren Ablauf ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden muss. Allerdings kann es davon unter bestimmten Umständen Ausnahmen geben. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt (FG) musste entscheiden, ob im konkreten Streitfall eine solche Ausnahme vorlag.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zwischen den Gesellschaftern A und B, die bis zum Ausscheiden des A zum 31.01.2019 bestand. Neben der gemeinsamen GbR waren A und B auch einzelunternehmerisch selbständig tätig. Die vormalige GbR wurde nach dem Ausscheiden des A durch B als Einzelunternehmen weitergeführt. Die Umsätze wurden weiterhin erklärt. Die Umsatzsteuererklärung für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.01.2019 wurde erst am 17.12.2020 beim Finanzamt eingereicht. Es ergab sich eine Erstattung von ca. 68 EUR. Das Finanzamt folgte der Umsatzsteuererklärung, setzte jedoch darüber hinaus einen Verspätungszuschlag von 250 EUR fest. Nach einem von der Klägerin gegen den Bescheid eingelegten Einspruch erhöhte das Finanzamt nach einer sogenannten Verböserungsmitteilung den Verspätungszuschlag auf 550 EUR.
Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Ein Verspätungszuschlag kann nach dem Gesetz dann festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige seine Steuererklärung nicht rechtzeitig abgibt. Hiervon kann abgesehen werden, wenn das Versäumnis entschuldbar erscheint. Im Streitfall lag zwar ohne Zweifel eine Verspätung vor, allerdings wurde das eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Denn hierbei ist nicht vorrangig auf die Dauer der Verspätung abzustellen, vielmehr sind auch Kriterien wie Verschulden und Höhe des Steuerausfalls zu berücksichtigen. Grundsätzlich sind alle Kriterien gleichwertig. Im Gegenzug muss auch das Fehlen eines Kriteriums beachtet werden. Daher bedarf es in Erstattungsfällen einer besonderen Prüfung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Verhältnismäßigkeit.
Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 06/2024)
Während Steuerzahler einen Rechtsstreit vor den Finanzgerichten noch selbst führen dürfen, müssen sie sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zwingend durch einen Prozessbevollmächtigen wie beispielsweise einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt vertreten lassen, denn hier gilt der sogenannte Vertretungszwang.
Hinweis: Die Regelung soll sicherstellen, dass Rechtsbehelfe und Rechtsmittel vor dem BFH nur von Fachleuten eingelegt werden, die in der Lage sind, die Prozesssituation richtig einzuschätzen und das Verfahren sachgerecht zu führen. Die Vertretung ist bereits für Prozesshandlungen vorgeschrieben, mit denen ein Verfahren vor dem BFH lediglich eingeleitet wird.
Ein neuer Fall des BFH zeigt, dass Prozessbevollmächtigte aufgrund des Vertretungszwangs nicht nur bloße Mandantenzitate wiedergeben dürfen. Im zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob eine beim BFH eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde zulässig war. Der Prozessbevollmächtigte hatte die Beschwerde mit einem Schriftsatz (unter seinem Briefkopf) begründet, in dem er lediglich ein Wortlautzitat seines Mandanten wiedergab und ergänzt hatte, dass diese Begründung ausschließlich von seinem Mandanten stamme. Die vorherige Prozessbevollmächtigte hatte in einem früheren Schriftsatz zur Beschwerdebegründung lediglich erklärt, dass der Kläger der Ansicht sei, dass die Revision zuzulassen sei.
Der BFH erkannte beide Schriftsätze nicht an und erklärte, dass Prozessbevollmächtigte aufgrund des Vertretungszwangs selbst die volle Verantwortung für die Begründung übernehmen müssten. Die Begründung muss daher von ihnen selbst stammen. Es genügt nicht, wenn sie ihre Mandanten lediglich zitieren.
Hinweis: Die Entscheidung des BFH leuchtet ein, denn ansonsten wäre der Vertretungszwang derart ausgehöhlt, dass Prozessbevollmächtigte nur ihren Briefkopf zur Verfügung stellen könnten und der Mandant unter diesem dann ohne Fachexpertise und de facto selbständig vor dem BFH agieren könnte.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2023)