Behördlicher Schriftverkehr: Wann ist ein Bescheid wirksam bekanntgegeben?
Werden Tabakwaren von einer Privatperson in anderen EU-Mitgliedstaaten im freien Verkehr erworben und nach Deutschland eingeführt, bleibt dieser Vorgang hierzulande tabaksteuerfrei, wenn er für den Eigenbedarf erfolgt. Die Hauptzollämter gewähren eine Freimenge von beispielsweise 800 Zigaretten. Wird diese Grenze überschritten, gehen die Ämter aber von einer Lieferung für gewerbliche Zwecke aus.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass als für den Eigenverbrauch bestimmt auch Tabakwaren gelten, die eine Privatperson später an Familienmitglieder verschenken will. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehepaar im Jahr 2018 mehrere Stangen Zigaretten mit polnischen Steuerbanderolen nach Deutschland eingeführt. Sie bewegten sich zwar innerhalb der Freimengen, hatten jedoch angegeben, dass die Zigaretten für ihre Tochter und deren Freund bestimmt seien. Das Hauptzollamt setzte daraufhin Tabaksteuer fest. Der BFH widersprach und verwies auf seine Rechtsprechung, nach der Waren auch dann für den Bedarf des privaten Käufers erworben würden, wenn sie - aufgrund eigener persönlicher Beziehungen - einer anderen Privatperson geschenkt werden sollen.
Hinweis: Ab 2021 ist in der Durchführungsverordnung zum Tabaksteuergesetz geregelt, dass eine unentgeltliche Weitergabe von Tabakwaren unabhängig von der Menge nicht als Eigenbedarf gilt. Diese Regelung war im vorliegenden Entscheidungsfall noch nicht anzuwenden.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 11/2023)
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) ist anzunehmen, wenn bei einer Körperschaft (z.B. GmbH) eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung eintritt, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
Hinweis: Verdeckte Gewinnausschüttungen sind nicht nur bei Leistungen zugunsten eines Gesellschafters möglich, sondern auch, wenn ein Vermögensvorteil einer ihm nahestehenden Person zugutekommt.
Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus - ein solcher kann aber aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen. Nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ist in diesem Zusammenhang maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem entsprechenden Irrtum unterlegen ist. Unerheblich ist nach Auffassung des Gerichts, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre.
Geklagt hatte eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin unter anderem durch die Einbringung einer 100-%-Beteiligung an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die im Ergebnis die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Die GmbH machte demgegenüber mit ihrer Klage geltend, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich aufgrund eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in erster Instanz ab und erklärte, dass einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter der von der GmbH dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre. Der BFH war jedoch anderer Ansicht und stellte klar, dass es für die Frage, ob der erforderliche Zuwendungswille für die Annahme einer vGA vorliege, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt. Der Fall wurde zur weiteren Sachaufklärung zurück an das FG verwiesen.Information für: GmbH-Gesellschafter/-GFzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
In einem finanzgerichtlichen Prozess haben Prozessbeteiligte das Recht, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten (z.B. die Akten des Finanzamts) einzusehen. Werden die Prozessakten bei Gericht elektronisch geführt, wird die Akteneinsicht nach den Vorgaben der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Bereitstellung des Akteninhalts zum elektronischen Abruf gewährt. Sofern die Akten noch in Papierform geführt werden, muss die Akteneinsicht in den Diensträumen (z.B. einer Behörde) erfolgen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass ein Finanzgericht (FG) nicht verpflichtet ist, in Papierform vorliegende Akten zu digitalisieren und auf einer Daten-CD bereitzustellen.
Im vorliegenden Fall hatte ein Kläger beim FG Münster beantragt, ihm die vorliegenden Papierakten des beklagten Finanzamts als Daten-CD zur Verfügung zu stellen. Das FG lehnte ab und bot nur einen Termin auf (Papier-)Akteneinsicht in den Diensträumen an. Der BFH bestätigte diese Vorgehensweise und verwies darauf, dass der Anspruch auf Akteneinsicht keinen zusätzlichen Anspruch auf Digitalisierung und Bereitstellung einer Daten-CD auslöse.
Nach der FGO kann ein Gericht zwar auf besonders zu begründenden Antrag hin auch einen Datenträger mit dem Akteninhalt übermitteln, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Diese Regelung ist aber eine Ermessensentscheidung des Gerichts und betrifft nur elektronisch geführte Prozessakten. Für Papierakten wie im vorliegenden Fall sieht die FGO die Übermittlung einer Daten-CD aber nicht vor.
Hinweis: Der BFH ließ offen, ob im Einzelfall nicht doch eine Daten-CD bereitgestellt werden könnte, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse daran nachweisen würde. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger lediglich erklärt, dass er sich ohne Daten-CD nicht gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung wehren könne. Der BFH sah darin kein berechtigtes Interesse, denn es war nicht ersichtlich, warum ihm nur elektronische Daten hierbei helfen konnten, nicht aber Papierakten.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 02/2024)
Wer hobbymäßig Sportwetten abschließt, muss sich über die Versteuerung seiner Gewinne keine Sorgen machen, denn diese bleiben unabhängig von ihrer Höhe steuerfrei. Unerheblich ist dabei, auf welche Sportart gewettet wird und ebenso die Frage, ob die Wetten online oder vor Ort in einem Wettbüro platziert werden. Der Grund für die Steuerfreiheit: Verfolgt der Spieler mit dem Wetten private Spielbedürfnisse, dann gilt er als Freizeit- oder Hobbyspieler. Steuerlich wird eine solche Tätigkeit nicht erfasst. Stehen für das Wetten aber rein gewerbliche Aspekte im Vordergrund, sieht die Sache anders aus, denn dann gilt man als Berufsspieler - und muss unter Umständen Steuern auf die erzielten Gewinne zahlen.
Die Unterscheidung zwischen steuerfreiem Hobbyspiel und steuerpflichtigem gewerblichen Spiel gilt beispielsweise auch beim Pokern und Online-Pokern. Die Steuerfreiheit für Hobbyspieler gilt übrigens nicht nur für Sportwetten, auch Lottogewinne müssen nicht versteuert werden. Denn der entscheidende Faktor bei Gewinnen aus Sportwetten und Lotterien ist das Glück und nicht etwa Können.
Wer eine Leistung für den Gewinn erbringt, muss diesen jedoch versteuern. Das gilt zum Beispiel bei Gewinnen aus Castingshows oder Spielshows, sofern der Gewinn mit der Beantwortung von Quizfragen oder aus einem gewonnenen Wettbewerb erzielt worden ist.
Hinweis: Im Jahr 2012 wurde in Deutschland eine sogenannte (Sport-)Wettsteuer von 5,3 % auf Wetteinsätze eingeführt, die vom Wettanbieter abgeführt werden muss. Diese Steuer wird in den meisten Fällen an die Kunden weitergegeben bzw. auf sie umgelegt. Wer Sportwetten abschließt, zahlt die Wettsteuer somit also indirekt. Bei der Wettsteuer handelt es sich um eine Steuer, die den Bundesländern satte Einnahmen beschert: Nach Angaben des Mitteldeutschen Rundfunks überwiesen die Sportwettenanbieter allein im Jahr 2022 Wettsteuern von insgesamt 432 Mio. EUR an den Fiskus.
Bei den Anbietern selbst bleibt dennoch einiges hängen: Laut dem Deutschen Sportwettenverband verzeichneten die legalen Sportwettenanbieter allein im Jahr 2023 Spieleinsätze von fast 8 Mrd. EUR.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Wer eine Straftat begeht, muss dafür unter Umständen eine Haftstrafe verbüßen. Zudem ist es möglich, dass bei einer Verurteilung auch Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Das bedeutet, dass der Täter erst wieder in Freiheit gelangt, wenn keine Gefahr mehr besteht, dass er weitere Straftaten verübt. Die Sicherungsverwahrung kann auch über die Verbüßung der Strafe hinausgehen. Sicherungsverwahrte müssen im Gegensatz zu Strafgefangenen nicht arbeiten. Tun sie dies aber und verdienen sie Geld, so stellt sich die Frage, ob der Verdienst der Steuer zu unterwerfen ist. Das Finanzgericht Münster (FG) müsste kürzlich in einem derartigen Fall entscheiden.
Der Kläger wurde für das Jahr 2019 zur Einkommensteuer veranlagt. Nach Verbüßung einer langen Haftstrafe befindet er sich seit 2013 in Sicherungsverwahrung. In der Justizvollzugsanstalt arbeitet er regelmäßig in der anstaltseigenen Schreinerei und erhält hierfür eine Vergütung. Diese belief sich im Jahr 2019 auf rund 14.000 EUR, welche der Kläger als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erklärte. Das Finanzamt ging jedoch von sonstigen Einkünften aus und berücksichtigte daher keinen Werbungskosten-Pauschbetrag. Im Rahmen seiner Klage machte der Kläger auch geltend, dass seine Vergütung aus der Schreinerei nicht steuerbar sei, da die Resozialisierung und nicht die Einnahmenerzielung im Vordergrund stehe.
Die Klage vor dem FG hatte teilweise Erfolg. Hinsichtlich der Steuerbarkeit der Einkünfte ist die Klage allerdings unbegründet. Der Steuerbarkeit steht nicht entgegen, dass die Beschäftigung insbesondere dazu dienen soll, die notwendigen Fähigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu fördern und zu erhalten. Die Tätigkeit ist auch auf die Einkommensmehrung durch Leistungsaustausch gerichtet.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Somit ist ihm auch der Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 EUR zu gewähren. Im Gegensatz zu Strafgefangenen ist er nicht zur Arbeit verpflichtet. Dies spricht für ein Dienstverhältnis, da er sich freiwillig für die Tätigkeit entschieden hat. Dabei ist er weisungsgebunden. Zwar hat er keinen Anspruch auf Urlaub, jedoch auf eine bezahlte Freistellung von der Arbeit. Seine Vergütung richtet sich nach seinen geleisteten Arbeitsstunden.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Bereits seit dem 01.01.2022 müssen Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ihre Schriftsätze, Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument an die Gerichte übermitteln; die Papierform ist seitdem grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Rechtsanwälte müssen für diese Zwecke ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (sog. "beA") vorhalten.
Seit dem 01.01.2023 müssen auch Steuerberater ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (sog. "beSt") führen, so dass auch sie spätestens ab diesem Zeitpunkt zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten verpflichtet sind. Ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) hat jetzt gezeigt, dass bei Nichtbeachtung des elektronischen Kommunikationswegs wichtige prozessuale Fristen verpasst werden können. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Steuerberater beim BFH eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt und die Beschwerdebegründung am 20.01.2023 per Telefax eingereicht. Dies war der letzte Tag der Begründungsfrist. Der BFH wies ihn daraufhin auf die neue elektronische Übermittlungspflicht hin, woraufhin er den Schriftsatz nach Fristablauf durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt nochmals elektronisch nachsandte.
Der BFH verwarf die Beschwerde des Beraters nun als unzulässig und wies auf die versäumte Beschwerdebegründungsfrist hin. Die (fristgerechte) Übermittlung per Telefax konnte nicht mehr akzeptiert werden, da sie nicht die seit 2023 gebotene elektronische Form aufwies. Dieser Formverstoß führte zur Unwirksamkeit der Begründung.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der das Fristversäumnis hätte ungeschehen machen können, wurde vom BFH nicht gewährt, da nicht hinreichend dargelegt war, dass der Berater ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert war. Dieser hatte zwar vorgetragen, dass er den Registrierungsbrief für sein Postfach erst am 18.01.2023 von der Bundessteuerberaterkammer erhalten habe und eine Implementierung in seine Kanzleisoftware nicht innerhalb weniger Tage hätte realisieren können. Der BFH verwies jedoch darauf, dass Steuerberater die Möglichkeit hätten, sich für eine priorisierte Freischaltung anzumelden (sog. Fast lane), sofern sie - wie im vorliegenden Fall - aktiv in eine finanzgerichtliche Kommunikation eingebunden seien. Dieser beschleunigte Prozess war dem Berater im vorliegenden Fall bekannt gewesen. Aus welchen Gründen er hiervon nicht Gebrauch gemacht hatte, war nicht dargelegt worden.
Der falsch gewählte Kommunikationsweg führte im vorliegenden Fall dazu, dass die Klägerseite ein klageabweisendes Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg endgültig gegen sich gelten lassen musste - der Gang vor den BFH blieb verwehrt.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2023)
Ein Bescheid muss wirksam bekanntgegeben werden, damit er auch seine Gültigkeit entfalten kann. Aber was bedeutet das? Der Bescheid muss der Person, für die er bestimmt ist, zugehen. Wenn Sie uns als Steuerberater bevollmächtigt haben, kann die Bekanntgabe auch gegenüber uns erfolgen. Aber wie ist es, wenn ein Bescheid einem Steuerberater zugeht, der nicht mehr bevollmächtigt ist? Ist er dann auch bekanntgegeben worden? Das Finanzgericht Sachsen (FG) musste darüber entscheiden.
Der Kläger hatte anfangs einen Steuerberater, von welchem dem Finanzamt eine Vollmacht vorlag. Am 21.12.2021 erließ das Finanzamt Bescheide, die per Post an diesen Steuerberater gingen. Die Bescheide gingen bei ihm am 22.12.2021 ein. Es bestand allerdings zu diesem Zeitpunkt kein Mandatsverhältnis mehr. Am 22.12.2021 trug der Steuerberater daher den Widerruf der Vollmacht in die Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterkammer ein, die ihn am 23.12.2021 an das Finanzamt weiterleitete. Der Steuerberater wiederum leitete die Papierbescheide an den Kläger weiter. Diese hat der Kläger nach eigener Aussage aber nie erhalten. Daher ging er davon aus, dass keine wirksame Bekanntgabe erfolgt sei. Das sah das Finanzamt jedoch anders.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Nach dem Gesetz wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Diese Bekanntgabe kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten erfolgen. Allerdings kann keine wirksame Bekanntgabe gegenüber einem Bevollmächtigten erfolgen, wenn die Vollmacht widerrufen wurde. Die Bekanntgabefiktion von drei Tagen findet auch Anwendung auf das Wirksamwerden von Verwaltungsakten. Daher gilt der Verwaltungsakt nach Ablauf der Dreitagesfrist als wirksam bekanntgegeben.
Im Streitfall war das Bekanntgabedatum damit der 24.12.2021. Aber der Widerruf der Vollmacht war dem Finanzamt bereits am 23.12.2021 mitgeteilt worden. Somit gab es keine wirksame Bekanntgabe gegenüber dem Steuerberater. Dieser Bekanntgabemangel konnte im Streitfall auch nicht durch die Übersendung der Papierbescheide an den Kläger geheilt werden, da der Kläger diese nicht erhalten hat.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Im Gegensatz zu natürlichen Personen kann eine Stiftung nicht im landläufigen Sinne "sterben". Damit aber Stiftungen dadurch nicht von der Erbschaftsteuer befreit sind, wird alle 30 Jahre (Ersatz-)Erbschaftsteuer erhoben. In einem konkreten Fall stellte sich die Frage, ob auch eine ausländische Familienstiftung der deutschen Ersatzerbschaftsteuer unterliegen kann. Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste darüber entscheiden.
Die Klägerin ist eine Familienstiftung nach Schweizer Recht mit Sitz in der Schweiz. Der Stiftungsrat ist aber in Deutschland ansässig. Der Zweck der Stiftung ist die Bestreitung von Kosten der Erziehung, Ausstattung, Unterstützung oder ähnlicher Bedürfnisse von Abkömmlingen der Stifterin. Zwischen den Abkömmlingen der Stifterin kam es zum Streit. Aufgrund eines Gerichtsurteils wurde die Stiftung rückwirkend für nichtig erklärt. Das Urteil wurde allerdings nicht rechtskräftig. Die Klägerin unterliegt nach eigener Meinung in Deutschland nicht der Ersatzerbschaftsteuer. Das Finanzamt sah dies anders.
Die Klage der Stiftung vor dem FG war unbegründet. Nach Ansicht des Gerichts unterliegt eine Stiftung der Ersatzerbschaftsteuer, wenn sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat. Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung nach Schweizer Recht. Sie wurde in der Schweiz rechtmäßig gegründet. Eine notarielle Gründungsurkunde liegt vor. Das Vermögen der Stifterin wurde der Stiftung als zivilrechtlichem Rechtsträger übertragen. Eine wirksame Aufhebung der Stiftung erfolgte bislang noch nicht. Zwar erging ein Urteil, allerdings ist es nicht in Rechtskraft erwachsen. Daher besteht auch keine Bindungswirkung. Somit handelt es sich um eine bestehende Familienstiftung mit Geschäftsleitung im Inland. Und diese kann der Ersatzerbschaftsteuer unterliegen.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Kindergeld wird in der Regel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes gewährt. Es gibt aber auch Gründe, aufgrund derer auch darüber hinaus Kindergeld gezahlt wird. Ein solcher Grund kann die laufende Ausbildung des Kindes sein, ein anderer etwa eine Behinderung des Kindes. Im Streitfall musste das Finanzgericht Hamburg (FG) entscheiden, wie der Nachweis der Behinderung zu erbringen ist.
Das Kind der Klägerin litt seit 2009 an seelischen Beeinträchtigungen. Hierüber lagen amtsärztliche Gesundheitszeugnisse sowie eine sozialmedizinische Begutachtung des sozialmedizinischen Dienstes vor. Weitere ärztliche Bescheinigungen gab es nicht. Ein Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung erfolgte erst während des gerichtlichen Verfahrens im Jahr 2023. Mit Feststellungsbescheid vom 09.08.2023 wurde ein Grad der Behinderung von 30 ab Juni 2021 festgestellt. Die Familienkasse zahlte zunächst Kindergeld aufgrund einer Behinderung des Kindes, verlangte dann aber einen entsprechenden amtlichen oder ärztlichen Nachweis. Einen solchen konnte das Kind nicht vorlegen. Allerdings war im Juni 2021 eine Begutachtung von Amts wegen erfolgt, woraufhin ihm die volle Erwerbsminderungsrente weiterhin bis März 2023 bewilligt worden war. Mangels ärztlicher Bescheinigung hob die Kasse das Kindergeld jedoch ab Januar 2022 auf.
Die Klage hiergegen vor dem FG war erfolgreich. Ob eine Behinderung vorliege, sei auf der Grundlage vorliegender ärztlicher Beurteilungen zu entscheiden. Für die Form des Nachweises gebe es keine gesetzliche Regelung und insbesondere keine abschließende Vorgabe, wie der Nachweis zu erbringen sei. In den ärztlichen Bescheinigungen oder Gutachten müsse auch nicht explizit das Wort "Behinderung" verwendet werden. Auch ohne diesen Begriff sei zu prüfen, ob aufgrund der vorliegenden Bescheinigungen bzw. Gutachten die Legaldefinition einer Behinderung erfüllt sei.
Nach Ansicht des Gerichts sind im Streitfall die Voraussetzungen einer Behinderung des Kindes (vor Vollendung des 25. Lebensjahres) erfüllt. Laut der erstellten Gesundheitszeugnisse und der gutachterlichen Einschätzungen lag eine eingeschränkte Erwerbstätigkeit vor, so dass das Kind seit 2016 aufgrund seiner seelischen Erkrankung eine volle Erwerbsunfähigkeitsrente bezog.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 04/2024)
Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen unterliegen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, sofern ein sogenannter Inländer daran beteiligt ist - sei es als Erblasser (zum Zeitpunkt seines Todes), als Schenker (zur Zeit der Ausführung der Schenkung) oder als Erwerber (zur Zeit der Steuerentstehung). Diese unbeschränkte Steuerpflicht tritt für den gesamten Vermögensanfall ein. Als Inländer gilt eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Nach den Regelungen zur sogenannten erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht werden als Inländer aber auch deutsche Staatsangehörige erfasst, die sich nur für maximal fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben (und in dieser Zeit ohne Inlandswohnsitz waren).
Hinweis: Der Gesetzgeber zielt mit dieser Regelung vor allem auf deutsche Wegzügler ab, die sich erst relativ kurze Zeit im Ausland aufgehalten haben, bevor Vermögen "verschoben" wird.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Regelungen zur erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht nun als verfassungsgemäß eingestuft. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine deutsche Staatsangehörige ihrem Sohn einen Monat, nachdem sie in die Schweiz gezogen war, ein Grundstück in der Eidgenossenschaft geschenkt. Der Sohn klagte gegen den Schenkungsteuerbescheid des deutschen Finanzamts und machte unter anderem geltend, dass die Regelung zur erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht deutsche und nichtdeutsche Staatsangehörige in verfassungswidriger Weise ungleich behandele.
Der BFH sah jedoch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und verwies auf die weite Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber bei der Abfassung der Regelung zustand. Dieser durfte die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht speziell auf deutsche Staatsangehörige zuschneiden, weil er hierdurch den engen Inlandsbezug herstellen konnte, auf den die Besteuerung abzielte.Information für: allezum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 04/2023)
Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen Auskünfte verweigern. Werden sie vom Finanzamt einer Außenprüfung unterzogen, dürfen sie daher die in den geprüften Unterlagen enthaltenen mandantenbezogenen Angaben schwärzen bzw. anonymisieren.
In einem neuen Beschluss hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun darauf verwiesen, dass die Anordnung einer Außenprüfung gegenüber Berufsgeheimnisträgern auch im Hinblick auf den anfallenden Schwärzungs- und Anonymisierungsaufwand nicht per se unverhältnismäßig und willkürlich sei. Der BFH bezog sich insoweit auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Ob Unterlagen mit mandantenbezogenen Angaben im Rahmen einer Außenprüfung tatsächlich vorzulegen und zu schwärzen sind, kann durch Anfechtung des konkreten Vorlageverlangens des Finanzamts geprüft werden.
Der BFH erklärte, dass die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung von der Frage der Rechtmäßigkeit einzelner Vorlageverlangen des Finanzamts unterschieden werden müsse. Das Recht zur Auskunftsverweigerung kann demnach nur die Mitwirkungspflicht des Berufsgeheimnisträgers im Rahmen der Außenprüfung beschränken, nicht aber die Zulässigkeit der Prüfung selbst. Dies folgt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere aus dem Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung. Diese würde beeinträchtigt, wenn Berufsgeheimnisträger sich unter Berufung auf ihre Verschwiegenheitspflicht generell der Überprüfung ihrer Besteuerungsgrundlagen entziehen könnten.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2023)
Als Angehöriger einer pflegebedürftigen Person haben Sie möglicherweise Anspruch auf einen Pflegepauschbetrag. Dieser hängt vom Pflegegrad der zu pflegenden Person ab. Grundsätzlich können Sie erst ab Pflegegrad 2 einen Pflegepauschbetrag in der Einkommensteuererklärung geltend machen. Sie dürfen allerdings für die Pflege weder eine Pflegevergütung noch einen Ersatz für eigene Aufwendungen erhalten. Im Streitfall musste das Finanzgericht Sachsen (FG) entscheiden, ob der Kläger den Pflegepauschbetrag zu Recht geltend gemacht hatte.
Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung 2022 einen Pflegepauschbetrag für seine Mutter geltend. Diese war seit dem 01.06.2021 in einer Wohnung des betreuten Wohnens untergebracht, in Pflegestufe 3 eingestuft und hatte einen Betreuungsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung abgeschlossen. Der Kläger besuchte seine Mutter im Jahr 2022 fünf Mal über mehrere Tage. Er unterstützte sie dort, indem er ihr bei der Körperpflege, dem An- und Auskleiden, den Mahlzeiten sowie beim Verlassen der Wohnung half. In der übrigen Zeit erledigte er für sie organisatorische Dinge. Den Pflegepauschbetrag gewährte ihm das Finanzamt jedoch nicht.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Für die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung und die Inanspruchnahme eines Pflegepauschbetrags muss der zeitliche Aufwand für die Pflege des Angehörigen mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwands betragen. Ansonsten handelt es sich nicht um eine außergewöhnliche Belastung für den Steuerpflichtigen. Andernfalls könnten in vielen Fällen Familienbesuche, die mit Hilfeleistungen im Haushalt verbunden sind, als außergewöhnliche Belastung angenommen werden, die den Pflegepauschbetrag rechtfertigen würden. Dies widerspricht jedoch der Intention des Gesetzgebers.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2024)