Säumniszuschläge: Höhe von 12 % pro Jahr ist verfassungskonform

Gute Nachrichten für Kreditnehmer: Wird von ihnen ein Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen und von der Bank rückabgewickelt, unterliegt der von der Bank gezahlte Nutzungsersatz nicht der Einkommensteuer. Dies geht aus einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor. Geklagt hatten Eheleute aus Nordrhein-Westfalen, die im Jahr 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie abgeschlossen hatten. Im Jahr 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag und verwiesen auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Im Zuge eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank den Eheleuten einen Nutzungsersatz für die von ihnen bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 14.500 EUR. Das Finanzamt besteuerte den Nutzungsersatz bei den Eheleuten als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der BFH lehnte eine Besteuerung jedoch ab und erklärte, dass der Nutzungsersatz kein steuerbarer Kapitalertrag sei. Die Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Darlehensvertrags vollziehe sich außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Das Rückgewährschuldverhältnis sei ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln, weshalb die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auch nicht für sich betrachtet - im Sinne einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung - Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein könnten. Es handelt sich auch nicht um sonstige Einkünfte, und zwar ebenfalls deshalb nicht, weil die bei der gebotenen Einheitsbetrachtung aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags vereinnahmten Einzelleistungen nicht in der Erwerbssphäre angefallen sind.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) betrifft die Steuerbefreiung für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen. Hier haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung Gestaltungsspielraum. Erbringt ein Unternehmer derartige Leistungen grenzüberschreitend, kann es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, wenn man ausschließlich die Kriterien des Ansässigkeitsstaats berücksichtigt, so die Generalanwältin. Die in Bulgarien ansässige Klägerin war dort für die Erbringung verschiedener sozialer Dienstleistungen registriert (persönliche Betreuung und Pflege sowie Haushaltshilfe für ältere Menschen). Diese Leistungen erbrachte sie in Deutschland und Österreich. Hierzu bediente sie sich jeweils einen dort ansässigen Vermittlers. Die bulgarischen Steuerbehörden verlangten von der Klägerin Nachweise, um den sozialen Charakter der Dienstleistungen nach deutschem und österreichischem Recht zu belegen. Da sie diese nicht vorlegte, versagten ihr die Behörden die Steuerbefreiung. Der EuGH stellte klar, dass eine Ansässigkeit des Unternehmers im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Tätigwerdens für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht erforderlich ist. Leistungserbringer und Leistungsempfänger müssten nicht im selben Mitgliedstaat ansässig sein. Eine Leistungserbringung in einem anderen Mitgliedstaat wirke sich auch nicht auf die Gemeinwohlorientierung der Umsätze aus. Zudem seien keine Beschränkungen hinsichtlich des Ortes der Dienstleistungen vorgesehen. Ziel dieser Steuerbefreiung sei es, die Kosten dieser Leistungen zu senken und dadurch diese Leistungen ihren Abnehmern zugänglicher zu machen. Des Weiteren prüfte der EuGH, unter welchen Voraussetzungen ein bulgarischer Dienstleister in seinem Ansässigkeitsstaat für Zwecke der Steuerbefreiung als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt werden kann. Nach Ansicht der Generalanwältin steht die Klägerin mit Einrichtungen in Wettbewerb, die ähnliche Dienstleistungen in Deutschland oder Österreich erbringen. Es könne zu Wettbewerbsverzerrungen führen, wenn die Mitgliedstaaten über ihre eigene Anerkennungspraxis im Ursprungsland auf die Kosten der Tätigkeit im Bestimmungsland Einfluss nehmen könnten. Sie schlug vor, für tatsächlich in Deutschland bzw. Österreich erbrachte Leistungen die deutschen bzw. österreichischen Anerkennungsvoraussetzungen zugrunde zu legen. Der EuGH folgte diesem Vorschlag jedoch nicht. Nach seiner Auffassung ist es Sache des Unionsgesetzgebers, eine mögliche Änderung dieser Regelung zu beschließen.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2023)
Wer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, unterliegt der Gewerbesteuer. Allerdings gibt es davon Ausnahmen. So sind zum Beispiel Schulen oder auch Pflegeeinrichtungen von der Gewerbesteuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Aber gilt diese Befreiung dann für alle Erträge oder nur für bestimmte? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) musste hier eine Abgrenzung vornehmen. Die Klägerin ist eine GmbH, die unter anderem Hauspflegedienste und Kurzzeitpflege anbietet. Hierzu betreibt sie eine von der Gewerbesteuer befreite Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen. Die Klägerin gehört neben weiteren GmbHs zur C-Gruppe, die überwiegend, aber nicht ausschließlich im Bereich der stationären oder ambulanten Pflege tätig ist. Zwischen den einzelnen Unternehmen der C-Gruppe wurden verschiedene Darlehen gewährt. Hierbei erzielte die Klägerin einerseits durch Darlehensvergabe Zinserträge und trug andererseits durch Darlehensaufnahme Zinsaufwendungen. Nach einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Zinserträge nicht von der Gewerbesteuerfreiheit erfasst sind. Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Unstreitig betreibt die Klägerin eine begünstigte Einrichtung. Allerdings werden von der Steuerbefreiung nicht alle Erträge erfasst, sondern nur solche, die aus dem Betrieb der begünstigten Einrichtung erzielt werden. Es muss folglich eine Differenzierung zwischen den Erträgen erfolgen. Die von der Klägerin durch die Darlehensvergabe erzielten Zinserträge sind nicht von der Gewerbesteuer zu befreien, da sie aus einer Tätigkeit resultieren, die vom eigentlichen Betrieb der ambulanten Pflegeeinrichtung unterschieden werden kann. Hingegen ist der Zinsaufwand dem begünstigten Bereich zuzuordnen, da die Darlehensaufnahme betrieblich veranlasst war, nämlich um die Lohn- und Fortbildungskosten des Pflegepersonals zu finanzieren.Information für: Unternehmerzum Thema: Gewerbesteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Will ein Steuerzahler nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist noch gegen einen endgültig ergangenen Steuerbescheid vorgehen, muss er einige verfahrensrechtliche Hürden überwinden, um damit Erfolg zu haben. Eine Bescheidänderung lässt sich dann nur noch in eng umrissenen Fällen erreichen, beispielsweise wenn dem Finanzamt beim Erlass des Bescheids selbst eine sogenannte offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist (Schreib-, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeit). Eine Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ist zudem noch möglich, wenn einem Steuerzahler selbst bei der Erstellung seiner Steuererklärung ein Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen ist und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat. Diese Korrekturvorschrift ist jedoch nur anwendbar, wenn der Schreib- oder Rechenfehler durchschaubar, eindeutig oder augenfällig war. Dies ist der Fall, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als Schreib- oder Rechenfehler erkennbar ist und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass eine unrichtige Tatsachenwürdigung, ein Rechtsirrtum oder ein Rechtsanwendungsfehler vorliegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass nach letzterer Vorschrift kein korrigierbarer Schreibfehler vorliegt, wenn der Steuerzahler sich beim Import von steuerlichen Daten in das Elster-Portal verklickt. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehepaar seine Einkommensteuererklärung 2018 authentifiziert über das Elster-Portal eingereicht. Bei der Erstellung der Steuererklärung hatte es aber irrtümlich die Daten des Vorjahres (2017) von seiner Festplatte in das Elster-Portal hochgeladen, so dass es die falschen Erklärungswerte übermittelte. Das Finanzamt erkannte nicht, dass es sich um alte Erklärungswerte handelte und veranlagte für 2018 erklärungsgemäß. Nach Ablauf der Einspruchsfrist wollten die Eheleute eine Bescheidänderung aufgrund eines Schreibfehlers durchsetzen. Der BFH lehnte aber ab und erklärte, dass Schreibfehler insbesondere Rechtschreibfehler und Wortverwechselungen seien, also Fehler, die beim Schreiben entstünden. Der vorliegende Fehler sei allerdings kein Schreibfehler, sondern lediglich ein "Irrtum über die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung". Der Steuerbescheid 2018 konnte somit nicht mehr geändert werden. Hinweis: Die Eheleute kostete ihr Klickfehler insgesamt 1.291,37 EUR, da die zugrunde gelegten Einkünfte aus 2017 höher waren als im Jahr 2018.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 02/2024)
Haben Sie schon einmal von der Bekanntgabefiktion gehört? Sie regelt, wann ein Bescheid als bekanntgegeben gilt. Denn auch dem Finanzamt ist es nicht möglich, die Postlaufzeit eines Briefes genau vorauszusagen. Nach der Bekanntgabefiktion gilt ein Bescheid im Inland am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Dies gilt auch, wenn der Bescheid schon früher bei Ihnen eingeht. Erhalten Sie ihn erst später, müssen Sie das nachweisen. Im Streitfall ging es darum, dass nicht nachgewiesen werden konnte, ob der Steuerpflichtige einen Bescheid überhaupt erhalten hatte. Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden, ob der Bescheid als bekanntgegeben gilt oder nicht. Die Klägerin ist eine Stiftung und Gesamtrechtsnachfolgerin der im Februar 2020 verstorbenen Steuerpflichtigen. Das Finanzamt erließ am 23.10.2017 den Einkommensteuerbescheid 2016 für die Steuerpflichtige und überwies ihr die sich hieraus ergebende Erstattung. Nach dem Tod der Steuerpflichtigen wurden in deren Haushalt die Steuerunterlagen gut sortiert vorgefunden. Darunter befanden sich auch die Einkommensteuerbescheide für 2017 und 2018, aber nicht der für das Jahr 2016, sondern nur eine diesbezügliche Berechnung des Steuerberaters. Das Finanzamt übermittelte der Klägerin daraufhin eine Abschrift des Bescheids. Im Einspruchsverfahren machte diese dann steuermindernde Kosten von 200.000 EUR geltend und trug vor, der Bescheid sei nicht bekanntgegeben worden. Das Finanzamt berief sich jedoch auf die gesetzliche Bekanntgabefiktion. Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Der Einkommensteuerbescheid 2016 gilt nicht als bekanntgegeben. Macht ein Rechtsnachfolger geltend, dass ein Bescheid nicht zugegangen sei, müssen zumindest ansatzweise begründete Zweifel am Zugang feststellbar sein. Das war hier der Fall. Die Zugangsfiktion wurde erfolgreich erschüttert. Dies folgt zum einen daraus, dass die tatsächliche Erstattung niedriger ausfiel als vom Steuerberater berechnet. Zum anderen konnte man aufgrund der gut geordneten und sortierten Auffindesituation im Haushalt davon ausgehen, dass der Bescheid, wäre er angekommen, wie alles andere aufbewahrt worden wäre. Auch die Überweisung der Erstattung überzeugte den Senat nicht, ebenso wenig die Bescheide der Folgejahre.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 09/2024)
Wenn man einen GmbH-Anteil erbt, kann der Ansatz des relevanten Werts schwierig sein. Der Wert einer sich aufgrund der GmbH-Beteiligung ergebenden Ausschüttung ist wiederum einfacher zu ermitteln, da hier ein bestimmter Betrag beschlossen wurde. Was ist jedoch mit den auf die Ausschüttung entfallenden Steuern? Handelt es sich hierbei um Nachlassverbindlichkeiten? Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden. Der Kläger erhielt von seinem verstorbenen Vater als Vermächtnis einen GmbH-Anteil in Höhe von 12,5 % des Stammkapitals der Gesellschaft. Vor dem Tod des Vaters hatte die Gesellschafterversammlung eine Ausschüttung beschlossen, von der 187.500 EUR auf den Vater entfielen. Diese wurden erst nach dessen Tod unter Einbehaltung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an den Kläger ausgezahlt. Das Finanzamt setzte im Erbschaftsteuerbescheid die Forderung mit dem Nennwert von 187.500 EUR an. Der Kläger begehrte jedoch die Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlag als Nachlassverbindlichkeit. Seine Klage wurde vom FG abgewiesen. Der Ausschüttungsanspruch gegenüber der GmbH ist mit dem Nennwert zu berücksichtigen. Die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag mindern nicht den Wert der Forderung. Vielmehr handelt es sich bei der Kapitalertragsteuer um eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Ein Abzug als Nachlassverbindlichkeit ist ebenfalls ausgeschlossen. Es handelt sich nicht um vom Erblasser herrührende Schulden. Zwar wurde schon mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung die wirtschaftliche Ursache für die Belastung der Ausschüttung begründet, die Verwirklichung des einkommensteuerlichen Tatbestands fand aber erst mit dem Zufluss der Ausschüttung beim Kläger statt. Da der Vater kein beherrschender Gesellschafter war, ist noch kein Zufluss zum Zeitpunkt des Beschlusses anzunehmen.Information für: GmbH-Gesellschafter/-GFzum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Um etwa im Falle eines Treppensturzes oder Herzinfarkts schnell Hilfe anfordern zu können, haben viele Senioren in ihrem Haushalt ein Hausnotrufsystem installiert. In der Regel genügt ein Knopfdruck auf einen Funksender und schon wird eine externe Notrufzentrale informiert. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits im Jahr 2015 entschieden, dass die Kosten für ein solches System als haushaltsnahe Dienstleistung abgesetzt werden können, so dass sie mit 20 % direkt von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden dürfen (Höchstbetrag: 4.000 EUR pro Jahr). Im damals zugrunde liegenden Fall hatte ein Senior eine Wohnung in einer Seniorenresidenz bewohnt und mit deren Betreiber einen Betreuungsvertrag abgeschlossen, der unter anderem die Bereitstellung eines Notrufsystems rund um die Uhr vorsah. Notrufe wurden über einen sogenannten Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft weitergeleitet, die sodann auch die erforderliche Notfall-Soforthilfe vor Ort leisten konnte. Der BFH hatte die Kosten steuerlich anerkannt, da die zugrunde liegende Leistung im Haushalt erbracht worden war. Entscheidend war für das Gericht, dass der Hausnotruf eine unmittelbare Direkthilfe in Form eines Soforthelfereinsatzes in der Wohnung beinhaltet hatte. In einem neuen, andersgelagerten Fall hat der BFH die Absetzbarkeit von Kosten für ein Hausnotrufsystem nun abgelehnt. Vorliegend hatte eine Rentnerin einen Vertrag über die Bereitstellung von Notrufhardware und einen 24-Stunden-Bereitschaftsservice abgeschlossen. Im Alarmfall sollte jedoch lediglich Kontakt zu Angehörigen, Nachbarn, Ärzten oder einem Pflege- oder Rettungsdienst hergestellt werden, die dann wiederum Hilfe leisten konnten. Die Bundesrichter sahen diese Leistung nicht als im Haushalt erbracht an, weil die unmittelbare Direkthilfe lediglich als eigenständige Leistung Dritter vermittelt worden war. Die Seniorin hatte im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs gezahlt. Hinweis: Die Kosten für Hausnotrufsysteme können nach der neuen BFH-Rechtsprechung also nur dann als haushaltsnahe Dienstleistungen abgesetzt werden, wenn vertraglich eine Direkthilfe vor Ort eingeschlossen ist. Werden im Alarmfall lediglich Dritte verständigt, wird die Leistung nicht im Haushalt erbracht. Steuerlich abziehbar sind die Kosten daher regelmäßig nur in betreuten Wohnformen, in denen eine direkte Hilfe durch den Dienstleister gebucht wurde.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2023)
Wird eine fällige Steuer verspätet gezahlt, erhebt das Finanzamt einen sogenannten Säumniszuschlag. Für jeden angefangenen Monat der Säumnis berechnet es dann 1 % des rückständigen Steuerbetrags, so dass über ein Jahr gesehen ein Zuschlag von 12 % des Rückstands auflaufen kann. Nachdem der Steuergesetzgeber den Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auf Druck des Bundesverfassungsgerichts ab 2019 von 6 % auf 1,8 % pro Jahr abgesenkt hatte, da die Zinshöhe von 6 % pro Jahr nicht mehr mit dem niedrigen Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt vereinbar war, stellte sich die Frage, ob auch der Zinssatz von Säumniszuschlägen heruntergeschraubt werden muss. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun erneut betont, dass die Höhe der Säumniszuschläge auch für aktuelle Zeiträume (nach dem 31.12.2018) verfassungskonform sei. Das Gericht verwies auf seine frühere Rechtsprechung, nach der sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die frühere Höhe von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen nicht auf Säumniszuschläge übertragen ließen. Während die Zinsen einen Ausgleich für die Kapitalnutzung darstellten, sollten Säumniszuschläge in erster Linie ein Druckmittel sein, um fällige Steuerzahlungen durchzusetzen. Der Steuerzahler solle durch den Zuschlag zur zeitnahen Zahlung angehalten werden. Daneben solle der Zuschlag auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern sein und den Verwaltungsaufwand ausgleichen, den die Finanzbehörden durch die verspäteten Zahlungen hätten. Es sei damit nur ein Nebenzweck des Säumniszuschlags, Liquiditätsvorteile beim Steuerzahler abzuschöpfen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Bei der Versteuerung von Einkünften lässt sich nicht alles über einen Kamm scheren. So unterliegen gewerbliche Einkünfte auch der Gewerbesteuer, während diese bei einer bloßen selbständigen Tätigkeit nicht anfällt. Manchmal ist es gar nicht so einfach festzustellen, wozu eine bestimmte Tätigkeit gehört. Unter Umständen muss das zuständige Gericht entscheiden, ob eine gewerbliche oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. So wie das Finanzgericht Münster (FG) im Fall der Aufbewahrung von kryokonservierten Eizellen in Zusammenhang mit einer Kinderwunschbehandlung. Die Gesellschafter der Klägerin sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. In den Streitjahren 2010 bis 2013 betrieben sie unter anderem ein Kinderwunschzentrum. Der Zweck der klagenden Gesellschaft bestand in der fachgerechten tiefgekühlten Lagerung von Samen und Eizellen. Die mit dieser sogenannten Kryokonservierung zusammenhängenden ärztlichen Leistungen waren hingegen kein Zweck der Gesellschaft. Wenn eine Patientin bzw. ein Paar sich im Rahmen der Kinderwunschbehandlung für eine Konservierung entschied, wurde im Anschluss ein diesbezüglicher Vertrag mit der Klägerin abgeschlossen. Für die Jahre 2010 bis 2012 reichte die Klägerin Gewerbesteuererklärungen ein und erklärte in den Feststellungserklärungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt folgte dieser Einordnung der Einkünfte und erließ die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (die Bescheide konnten also noch geändert werden). Als der Vorbehalt aufgehoben wurde, legte die Klägerin Einspruch ein. Sie begehrte nunmehr eine Qualifikation ihrer Einkünfte als solche aus selbständiger Tätigkeit. Die Klage vor dem FG war unbegründet. Die Lagerung der kryokonservierten Eizellen bzw. Embryonen führt nicht zu Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Zwar sind die Gesellschafter der Klägerin Ärzte, die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen. Die Lagerung gehört nach Ansicht des Gerichts aber nicht zur ärztlichen Tätigkeit und ist - selbst bei einer weiten Auslegung des Arztbegriffs - von diesem nicht umfasst. Zwar ist die Konservierung nach dem Gesetz nur einem Arzt vorbehalten, jedoch ist nicht vorgeschrieben, dass auch die Lagerung nur von einem Arzt vorgenommen werden darf (also kein sogenannter Arztvorbehalt). Im vorliegenden Fall übernahm das Kinderwunschzentrum die Konservierung, Vorbereitung und den Einfriervorgang. Nur die Lagerung, die einen rein technischen Vorgang darstellt, erfolgte durch die Klägerin. Auch zeigen die gesonderten Verträge zwischen den Patienten und der Klägerin über die Lagerung, dass es sich nicht um Binnenumsätze zwischen der Klägerin und dem Kinderwunschzentrum handelt.Information für: allezum Thema: Gewerbesteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Betreiber von Verkaufsplattformen im Internet sind seit diesem Jahr verpflichtet, die Geschäftsaktivitäten ihrer Nutzer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden, welches die Daten dann an die Finanzämter weiterleitet. Diese Meldepflicht geht aus dem neuen Plattformen-Steuertransparenzgesetz hervor, mit dem Deutschland eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzt. Die erste Übermittlung für den Meldezeitraum 2023 ist im Januar 2024 durchzuführen. Plattformen wie Ebay, Momox, Airbnb oder Etsy müssen demnach die Dienstleistungs- und Veräußerungsgeschäfte sowohl von professionellen Verkäufern als auch von Privatpersonen melden. Es gilt hierbei jedoch eine Bagatellgrenze von 30 Verkäufen pro Plattform und Jahr mit Einnahmen von insgesamt unter 2.000 EUR. Wer in diesem geringfügigen Rahmen auf Online-Plattformen tätig ist, wird also nicht gemeldet. Hinweis: Ob Verkaufsaktivitäten auf Online-Plattformen letztlich in die Steuerpflicht führen, hängt sehr vom Einzelfall ab und sollte mit dem steuerlichen Berater besprochen werden. Wer seinen Keller oder Dachboden entrümpelt und den vorgefundenen Hausrat im Internet verkauft, muss in der Regel keine steuerlichen Konsequenzen befürchten, denn als Privatverkäufer ohne Gewinnerzielungsabsicht entfaltet seine Tätigkeit keine steuerliche Relevanz. Werden die Internetverkäufe aber immer weiter ausgebaut, kann die Schwelle von einem (regelmäßig steuerfreien) Privatverkauf zu einem (steuerpflichtigen) gewerblichen Handel überschritten werden. Wer als Onlinehändler die Merkmale der Gewerblichkeit erfüllt, sollte frühzeitig mit offenen Karten spielen und seine Umsätze und Gewinne gegenüber dem Fiskus angeben. Da die Finanzbehörden nun über die Geschäftsaktivitäten informiert werden, lassen sich Verkäufe im großen Stil praktisch nicht mehr verheimlichen. Werden gewerbliche Händler im Nachhinein enttarnt, drohen ihnen erhebliche Steuernachzahlungen und Zinsforderungen sowie ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung. Hinweis: Wer bislang als gewerblicher Onlinehändler im Verborgenen agiert hat, sollte mit seinem steuerlichen Berater zeitnah das Einlegen einer strafbefreienden Selbstanzeige mit Nacherklärung der Einkünfte besprechen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2023)
Mündliche Verhandlungen der Finanzgerichte können nach der Finanzgerichtsordnung auch per Videokonferenz durchgeführt werden. Die Gerichte können es den Prozessbeteiligten und ihren Bevollmächtigten hierzu gestatten, sich zur Verhandlung von einem anderen Ort als dem Sitzungssaal zuzuschalten. Bereits im Jahr 2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein finanzgerichtliches Urteil auf einem Verfahrensmangel beruht, wenn für die zugeschalteten Beteiligten während der per Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter sichtbar sind. Im zugrunde liegenden Fall hatte sich die Videoübertragung des Gerichts auf den Vorsitzenden Richter fokussiert, so dass der Anspruch der Klägerseite auf die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts verletzt war. Der BFH erklärte, dass die Videoübertragungstechnik "ohne Verlust rechtsstaatlicher Qualität" genutzt werden solle. In einem neuen Beschluss hat der BFH nun aber auch die zugeschalteten Prozessbeteiligten in die Pflicht genommen und entschieden, dass sie selbst die hinreichenden technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Videoschaltung schaffen müssen. Vorliegend hatte eine Klägerin einen Verfahrensmangel geltend gemacht und vorgetragen, dass sie aufgrund der technischen Ausgestaltung der Videoverhandlung nicht die Gesichter der beteiligten Richter habe erkennen können. Sie behauptete, dass die Kamera im Gerichtssaal zu weit von der Richterbank entfernt angebracht gewesen sei. Der BFH sah jedoch keinen Verfahrensmangel und erklärte, dass die Ursache für die behauptete schlechte Sichtbarkeit auch in einer langsamen Internetverbindung (Verpixelung) oder eines zu kleinen Bildschirms der Klägerin gelegen haben könne. Das Bild hätte durch Aktivierung der Vollbildansicht oder die Zoomfunktion des Browsers vergrößert werden können. Hinweis: Nach Auffassung der Bundesrichter tragen die Gerichte nicht die Verantwortung für die technische Ausstattung der Prozessbeteiligten. Wer eine Videoverhandlung beantragt, muss also selbst dafür sorgen, dass er technisch in der Lage ist, der Verhandlung in Bild und Ton zu folgen und Verfahrenshandlungen vornehmen zu können. Hierzu muss er auf seinem Endgerät eine hinreichende Ausgabequalität haben, der Internetanschluss muss zudem über die notwendige Bandbreite verfügen. Auch die eingesetzten Kameras und Mikrofone müssen dem Stand der Technik entsprechen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2024)
Studiert ein Kind im außereuropäischen Ausland, dann können Eltern ihren Kindergeldanspruch verlieren, sofern das Kind seinen inländischen Wohnsitz (z.B. im Elternhaus) aufgibt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung behält ein Kind seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung aber bei, wenn ihm dort weiterhin zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und das Kind die Wohnung mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsucht. Der Bundesfinanzhof weist in einem neuen Urteil darauf hin, dass bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten ein besonderes Augenmerk auf die Aufenthaltszeiten in der inländischen Wohnung gelegt werden müsse. Während bei einjährigen Auslandsaufenthalten auch ohne zwischenzeitliche Inlandsbesuche weiterhin davon ausgegangen werden könne, dass das Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehalten habe und somit ein Kindergeldanspruch besteht, könne hiervon bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur dann ausgegangen werden, wenn die ausbildungsfreie Zeit überwiegend (über 50 %) am Inlandswohnsitz verbracht werde. Kurze Besuchsaufenthalte von zwei bis drei Wochen pro Jahr genügten nicht. Wird, wie in dem aktuell entschiedenen Fall, ein zunächst auf ein Jahr angelegter Auslandsaufenthalt durch nachträglichen Entschluss des Kindes verlängert, gelten erst ab diesem Zeitpunkt die verschärften Kriterien für mehrjährige Auslandsaufenthalte. Erst ab dem Entschluss muss das Kind also seine freie Zeit überwiegend in Deutschland verbringen, um kindergeldrechtlich weiterhin anerkannt zu werden. Mangelnde Heimfahrten im ersten Studienjahr bleiben für den Kindergeldanspruch also folgenlos. Hinweis: Die vorgenannten Urteilsgrundsätze zum Inlandswohnsitz gelten nur für Kinder, die außerhalb der EU bzw. des EWR studieren. Wird das Auslandsstudium innerhalb der EU bzw. des EWR absolviert, besteht prinzipiell ein Kindergeldanspruch fort.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2023)

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