Anspruch auf gesetzlichen Richter: Sozialrichterin darf in Erprobung an Finanzgerichtsentscheidung mitwirken

Ist die Kurtaxe umsatzsteuerbar, kann die Gemeinde aus allen Aufwendungen für Kureinrichtungen den Vorsteuerabzug geltend machen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte 2017 entschieden, dass die Kureinrichtungen nur anteilig dem Unternehmensbereich der Gemeinde zugeordnet werden dürfen, wenn sie auch der Allgemeinheit zugänglich sind. Der Vorsteuerabzug ist dann ebenfalls nur anteilig zulässig. Das Bundesfinanzministerium hatte diese Rechtsprechung übernommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem aktuellen Urteil den Vorsteuerabzug nun vollständig versagt. Auf der Grundlage einer kommunalen Satzung erhob eine Gemeinde eine pauschale Kurtaxe von ortsfremden Personen, nicht jedoch von Tagesgästen und eigenen Einwohnern. Die Kureinrichtungen waren für jedermann frei zugänglich; eine Kurkarte wurde zum Eintritt nicht benötigt. Die Gemeinde sah im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen die Kurtaxe als Entgelt für den Kurbetrieb (umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit) an und machte den vollen Vorsteuerabzug aus allen mit dem Fremdenverkehr zusammenhängenden Eingangsleistungen geltend. Der BFH legte dem EuGH die Frage vor, ob eine Gemeinde durch den Betrieb von Kureinrichtungen gegen eine Kurtaxe eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und ihr deshalb der Vorsteuerabzug für damit in Zusammenhang stehende Eingangsleistungen zusteht. Nach Ansicht des EuGH liegt kein steuerbarer Leistungsaustausch vor, da es an dem notwendigen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Dienstleistung der Gemeinde und der streitigen Kurtaxe fehlt. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Kurtaxe sei nicht an die Nutzung der Kureinrichtungen geknüpft, denn diese stünden jedermann frei und unentgeltlich zur Verfügung. Zudem werde die Kurtaxe auf der Grundlage einer kommunalen Satzung erhoben, die lediglich an den Aufenthalt im Gemeindegebiet anknüpfe. Hinweis: Das Urteil betrifft nur Kureinrichtungen, die auch der Allgemeinheit offenstehen. Einrichtungen, die Kurtaxepflichtigen vorbehalten sind, dürften nach wie vor eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde begründen. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug für betreffende Eingangsleistungen zulässig.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 11/2023)
Einnahmen, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus bezogen werden, dürfen nach dem Einkommensteuergesetz gestreckt versteuert werden. Das heißt, der Zahlungsempfänger kann das Entgelt entweder sofort im Jahr des Zuflusses voll versteuern oder aber gleichmäßig über den Vorauszahlungszeitraum verteilen, so dass die Steuerlast erst schrittweise und zeitversetzt entsteht. Diese Regelung gilt beispielsweise für Entgelte, die ein Grundstückseigentümer für Erbbaurechte, Miet- und Pachtverhältnisse, Nießbrauch oder die Überlassung landwirtschaftlicher Flächen zwecks naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen erhält. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass eine gestreckte Versteuerung zwar nicht voraussetzt, dass im Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung vereinbart ist. Nach Gerichtsmeinung ist aber zumindest erforderlich, dass die Dauer der Nutzungsüberlassung bestimmbar ist - beispielsweise im Wege einer Schätzung. Geklagt hatte ein Landeigentümer, der einer GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Verfügung gestellt hatte, damit diese sogenannte Ökopunkte generieren konnte. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Vor dem BFH begehrte der Eigentümer, die im Voraus bezogenen Vermietungsentgelte verteilt über einen Zeitraum von 20 Jahren versteuern zu dürfen. Das Finanzamt hingegen wollte die bezogenen Gelder direkt bei Erhalt (Zuflussprinzip) besteuern. Der BFH lehnte die Verteilung der Zahlungen über eine Laufzeit von 20 Jahren mangels eines bestimmbaren Vorauszahlungszeitraums ab. Sollen Einnahmen gleichmäßig über einen Vorauszahlungszeitraum verteilt werden, ist es nach Gerichtsmeinung "denknotwendig", dass ein solcher Zeitraum - zumindest per Schätzung - bestimmt werden kann. Dies konnte vorliegend nicht erfolgen, denn es fehlten objektive Anhaltspunkte, anhand derer sich ein Ende der Nutzungsüberlassung feststellen ließ. Aus dem vertraglich geregelten Mindestnutzungszeitraum von 30 Jahren ließ sich das voraussichtliche Ende nicht ableiten. Dass eine Kündigung nach Ablauf von 30 Jahren möglich ist, bedeutet nicht, dass eine Kündigung auch erfolgen wird.     Hinweis: Wollen Vermieter die zeitlich gestreckte Versteuerung ihrer vorausgezahlten Mietentgelte erreichen, sollten sie bei entsprechenden Vertragsgestaltungen darauf achten, dass sich die Dauer der Nutzungsüberlassung aus den Vereinbarungen ableiten lässt. Der Urteilsfall zeigt, dass allein die Festlegung einer Mindestnutzungszeit hierfür nicht genügt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 06/2024)
Seit dem Jahr 2021 müssen neugegründete Unternehmen im Jahr der Gründung und im darauffolgenden Jahr ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht mehr monatlich abgeben. Diese Regelung soll nun evaluiert werden. Dazu hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Auftrag des Bundesfinanzministeriums eine Befragung zur Wirkung der Aussetzung der Verpflichtung zur Abgabe im Monatsturnus gestartet. Hierfür sind Steuerberater aufgerufen, sich an der Umfrage zu beteiligen. Die Pflicht zur Abgabe der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für neugegründete Unternehmen im Jahr der Gründung und im darauffolgenden Jahr wurde durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz mit Wirkung vom 01.01.2021 für sechs Jahre ausgesetzt. Voraussetzung ist, dass die zu entrichtende Umsatzsteuer voraussichtlich 7.500 EUR nicht überschreitet. Diese Regelung gilt für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026. Ziel der befristeten Aussetzung ist es, den Bürokratieaufwand zu reduzieren und dadurch Existenzgründer zu unterstützen. Mit Hilfe der aktuellen Umfrage sollen unter anderem mögliche Auswirkungen der Aussetzung der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldung auf die eingetretenen Entlastungen für Existenzgründer betrachtet werden. Auch die Praxiserfahrungen der Steuerberaterschaft - und letztlich ihrer Mandanten - sollen hier Berücksichtigung finden.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 07/2024)
Nach den verheerenden Schäden durch Starkregen und Hochwasser in der Zeit von Ende Mai bis Anfang Juni 2024 stehen zahlreiche Familien und Unternehmen in Baden-Württemberg vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. In Reaktion darauf hatte das Finanzministerium (FinMin) Baden-Württemberg umfangreiche steuerliche Erleichterungen für die Betroffenen auf den Weg gebracht. Der Katastrophenerlass wurde nun um umsatzsteuerliche Maßnahmen ergänzt. Danach gilt, dass ein Unternehmen, das beispielsweise Baufahrzeuge unentgeltlich zur Schadensbeseitigung bereitstellt, hierfür keine Umsatzsteuer abführen muss. Zudem wurden Billigkeitsregelungen in Bezug auf die kostenfreie Überlassung von Wohnraum, Personal und Sachspenden getroffen. Bei Unternehmen, die von den Unwetterereignissen betroffen sind, kann auf entsprechenden Antrag die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2024 gegebenenfalls bis auf null herabgesetzt werden. Diese Maßnahme hat keinen Einfluss auf die gewährte Dauerfristverlängerung. Der Erlass umfasst zudem verschiedene Maßnahmen wie vereinfachte Spendennachweise und die steuerliche Absetzbarkeit von Ersatzbeschaffungen. Dadurch werden die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung sowie die Schadensbeseitigung am Wohneigentum als außergewöhnliche Belastungen steuerlich anerkannt. Spenden können über spezielle Sonderkonten unkompliziert per Einzahlungsbeleg nachgewiesen werden. Stundungszinsen und steuerliche Vorauszahlungen für Betroffene können reduziert werden. Der hochwasserbedingte Verlust von Buchführungsunterlagen hat steuerlich keine nachteiligen Auswirkungen. Und die vom Hochwasser betroffene Landwirtschaft wird durch Sonderregelungen unterstützt. Hinweis: Der aktualisierte Katastrophenerlass ist auf der Homepage des FinMin Baden-Württemberg verfügbar.Information für: allezum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 09/2024)
Wird ein Prozessbeteiligter vom Gericht zu einer mündlichen Verhandlung geladen und ist er am Verhandlungstag erkrankt, sollte er möglichst frühzeitig einen Terminverlegungsantrag stellen, um seine Rechte umfassend zu wahren. Übergeht das Gericht den (begründeten) Antrag und führt die Verhandlung ohne den Erkrankten durch, verletzt es den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, so dass die gerichtliche Entscheidung später wegen eines Verfahrensmangels angefochten werden kann. Eine Terminverlegung lässt sich bei Erkrankung eines Prozessbeteiligten allerdings schwerlich erwirken, wenn dieser ohnehin einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat, denn so wäre ja auch im Krankheitsfall für fachkundige Vertretung gesorgt. Dass eine Terminverlegung in diesem Fall dennoch erreicht werden kann, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem ein Kläger an einer länger dauernden psychischen Erkrankung litt. Sein Prozessbevollmächtigter hatte vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) mehrmals die Verlegung der mündlichen Verhandlung beantragt und ein ärztliches Attest eingereicht. Das FG verschob den Termin jedoch nicht und wies die Klage nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ab. Der BFH sah in diesem Vorgehen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Die Bundesrichter erklärten, dass das FG den Terminverlegungsantrag nicht ohne weitere Sachverhaltsermittlungen zum Gesundheitszustand und zur Prozessfähigkeit des Klägers hätte ablehnen dürfen. Durch das ärztliche Attest sei glaubhaft gemacht worden, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, mit seinem Prozessbevollmächtigten zu kommunizieren. Letzterem sei somit kein fundierter Vortrag möglich gewesen. Das FG hätte sich beispielsweise durch Anhörung des behandelnden Arztes ein genaueres Bild von der Erkrankung machen müssen. Hinweis: Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung zurück an das FG.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 02/2024)
Viele Arbeitnehmer schätzen es, wenn sie in ihrer Mittagspause in der betriebseigenen Kantine eine kostenlose oder verbilligte Mahlzeit erhalten. Derartige Sachbezüge sind allerdings nicht steuerfrei, sondern müssen als geldwerter Vorteil erfasst werden, so dass sie dem lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt hinzugerechnet werden. Für das Jahr 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen nun die neuen Sachbezugswerte für kostenlose und verbilligte Mahlzeiten bekanntgegeben. Diese amtlichen Werte haben eine vereinfachte Lohnabrechnung zum Zweck; der Arbeitgeber muss also nicht werktäglich die tatsächlichen Kosten der Verpflegung ermitteln, sondern kann Pauschalen zugrunde legen. Diese gelten auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, sofern der Preis der Mahlzeiten 60 EUR nicht übersteigt. Der Wert eines Frühstücks wurde nun auf 2,17 EUR festgelegt (2023: 2 EUR), der Wert eines Mittag- und Abendessens jeweils auf 4,13 EUR je Kalendertag (2023: 3,80 EUR). Pro Tag gilt bei Vollverpflegung nun also eine Pauschale von insgesamt 10,43 EUR (2023: 9,60 EUR). Ist die Verpflegung für den Angestellten kostenlos, wird der entsprechende Sachbezugswert als geldwerter Vorteil im Lohnkonto erfasst. Erhält der Mitarbeiter in der Betriebskantine ein verbilligtes Mittagessen z.B. für 3 EUR, ist die Differenz zwischen dem Sachbezugswert und dem Essenspreis (2024 also 1,13 EUR) als geldwerter Vorteil des Arbeitnehmers anzusetzen. Muss der Mitarbeiter 4,13 EUR oder mehr für sein Essen bezahlen, fällt kein geldwerter Vorteil mehr an. Hinweis: Da die Sachbezugswerte in der Regel niedriger ausfallen als die tatsächlichen Kosten der Mahlzeit, können Arbeitgeber Lohnnebenkosten sparen, wenn sie ihren Mitarbeitern eine regelmäßige Verpflegung zur Verfügung stellen. Würden sie die Ausgaben für das Essen als Lohn auszahlen, wären die Kosten höher. Diese Zusatzleistung zum Lohn ist daher für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen interessant.Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmerzum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 03/2024)
Prozessbeteiligte haben in einem finanzgerichtlichen Prozess das Recht, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einzusehen. Werden die Prozessakten bei Gericht elektronisch geführt, wird die Akteneinsicht durch die Bereitstellung des Akteninhalts zum Abruf gewährt. Sofern die Akten noch in Papierform geführt werden, erfolgt die Akteneinsicht in den Diensträumen. Dass die Verweigerung der Akteneinsicht einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begründen kann, verdeutlicht ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem ein Prozessbevollmächtigter vor dem Sächsischen Finanzgericht (FG) zunächst die Verlegung der mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Nachdem das FG diesen Antrag abgelehnt hatte, teilte der Bevollmächtigte einen Tag vor der mündlichen Verhandlung mit, dass er das Mandat niedergelegt habe. Der neu mandatierte Bevollmächtigte beantragte am selben Tag erneut die Aufhebung des Verhandlungstermins und beantragte Akteneinsicht. Das FG versagte die Akteneinsicht und führte die mündliche Verhandlung am Folgetag in Abwesenheit der Klägerseite durch. Das Gericht ging davon aus, dass der Wechsel des Prozessbevollmächtigten nur deshalb erfolgt sei, weil der erste Antrag auf Terminverlegung abgelehnt worden sei. Man habe das Gericht quasi zu einer Terminverlegung zwingen wollen. Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun jedoch aufgrund eines Verfahrensmangels auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das FG. Nach Auffassung der Bundesrichter hatte das FG den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die mündliche Verhandlung trotzdem durchgeführt und die Akteneinsicht abgelehnt hatte. Das FG sei verpflichtet gewesen, dem neuen Bevollmächtigten die beantragte Akteneinsicht zu gewähren und deshalb den Termin der mündlichen Verhandlung zu verlegen, denn ohne die Akteneinsicht sei eine sachgerechte Vorbereitung auf die Verhandlung nicht möglich. Der Antrag auf Akteneinsicht sei nicht rechtsmissbräuchlich gestellt worden, er habe nicht der Prozessverschleppung, sondern dem legitimen Informationsinteresse des neuen Bevollmächtigten gedient.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 08/2023)
Um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz zu wahren, müssen Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt werden. Wirken andere Richter an gerichtlichen Entscheidungen mit, kann das (grundgesetzlich verbriefte) Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt sein, so dass ein Verfahrensmangel vorliegt und eine Anfechtung möglich ist. Ein Kläger aus Hessen war kürzlich nicht mit der Besetzung "seiner" Richterbank beim Hessischen Finanzgericht (FG) einverstanden. Er rügte vor dem Bundesfinanzhof (BFH), dass an dem finanzgerichtlichen Urteil eine Sozialrichterin mitgewirkt hatte. Die Frau war zum Zeitpunkt der Entscheidung an das FG abgeordnet gewesen; nach Ablauf ihrer 18-monatigen Abordnung war sie zur Richterin am Finanzgericht ernannt worden. Der BFH wies die Beschwerde des Klägers zurück und erklärte, dass das FG vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Zwar müssten Gerichte grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt werden, bei zwingenden Gründen dürfe von diesem Grundsatz aber abgewichen werden. Ein solcher zwingender Grund liege nach der Rechtsprechung des BVerfG vor, wenn Richter - wie im vorliegenden Fall - zur Eignungserprobung an ein (anderes) Gericht abgeordnet würden. Hinweis: Wirken abgeordnete Richter aus "fachfremden" Gerichtszweigen während ihrer Erprobung am FG an finanzgerichtlichen Entscheidungen mit, lässt sich somit kein Verfahrensmangel rügen.Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 10/2024)
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartner können mit bis zu 13.805 EUR pro Jahr als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn der unterhaltene Ex-Partner diesem Abzug zustimmt. Die Zustimmung hat zur Folge, dass die Unterhaltsleistungen vom empfangenden Partner spiegelbildlich als sonstige Einkünfte versteuert werden müssen. Hinweis: Ist ein Sonderausgabenabzug nicht möglich, beispielsweise weil die Zustimmung des Unterhaltsempfängers fehlt, lassen sich die Leistungen zumindest als außergewöhnliche Belastungen abziehen. Diese Abzugsvariante ist aber häufig ungünstiger als ein Abzug als Sonderausgaben, da der Höchstbetrag hier bei lediglich 9.984 EUR liegt, eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person gegengerechnet werden und zudem eigenes Vermögen berücksichtigt wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass der günstigere Sonderausgabenabzug nur zulässig ist, wenn zwischen Unterhaltszahler und -empfänger eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft besteht oder bestanden hat. Ausgeschlossen sind daher Unterhaltszahlungen, die an ehemalige Lebensgefährten oder Elternteile gemeinsamer Kinder fließen, sofern nie ein Trauschein vorgelegen hat. Der BFH betont, dass in diesen Fällen auch nach der Reform des Unterhaltsrechts ab 2008 und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu eingetragenen Lebenspartnerschaften aus dem Jahr 2013 verfassungsrechtlich kein Sonderausgabenabzug geboten ist. Hinweis: Ohne Trauschein (oder ehemals eingetragene Partnerschaft) lassen sich Unterhaltszahlungen an den Ex-Partner also nur als außergewöhnliche Belastung abziehen. Das gilt auch, wenn gemeinsame Kinder aus der Beziehung hervorgegangen sind, da stets eine rechtlich verbindliche Partnerbeziehung vorgelegen haben muss.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 12/2022)
Bereits seit 1991 müssen Steuerzahler in Deutschland den Solidaritätszuschlag zahlen. Die ursprünglich befristete Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer fällt damit - bis auf kurze Unterbrechungen von 1992 bis 1994 - bereits seit 33 Jahren an. Eingeführt wurde die Abgabe unter anderem, um die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren. Das Allerneueste hierzu ging durch alle Publikumsmedien, gleichwohl wollen wir es auch an dieser Stelle quasi offiziell bestätigen: In einem vielbeachteten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 gleichwohl noch verfassungsgemäß war. Geklagt hatten Eheleute, die sich unter anderem auf das Auslaufen der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 berufen hatten. Sie waren der Ansicht, dass der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden durfte und sein Ausnahmecharakter eine dauerhafte Erhebung verbietet. Darüber hinaus sahen sie sich in ihren Grundrechten verletzt, da der Solidaritätszuschlag seit dem Jahr 2021 als verkappte "Reichensteuer" wirke. Hinweis: Seit 2021 betrifft der Solidaritätszuschlag nur noch Besserverdienende und ist für 90 % der Lohn- und Einkommensteuerzahler entfallen. Denn mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wurde geregelt, dass der Zuschlag erst erhoben wird, wenn die Einkommensteuer pro Jahr bei mehr als 16.956 EUR (Ledige) bzw. 33.912 EUR (Paare bei Zusammenveranlagung) liegt. Für das Steuerjahr 2022 bedeutet dies, dass der Solidaritätszuschlag erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.603 EUR (Ledige) bzw. 125.206 EUR (Zusammenveranlagte) anfällt. Der BFH teilte die Bedenken der klagenden Eheleute nicht und sah davon ab, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Dem Urteil nach muss eine Ergänzungsabgabe wie der Solidaritätszuschlag nicht von vornherein befristet werden. Die Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe bestand nach Gerichtsmeinung auch zum Jahresende 2019 fort. Auch in den Jahren 2020 und 2021 war ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes gegeben, unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts. Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wurde deutlich, dass der Gesetzgeber den Zuschlag nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit. Der BFH sah auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, da der ab 2021 erfolgte Zuschnitt des Solidaritätszuschlags auf Besserverdiener gerechtfertigt sei. Die Steuer- und Abgabenlast darf (und soll) an die Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers anknüpfen und soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Eine Beschränkung auf hohe Einkünfte ist damit gerechtfertigt.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 04/2023)
Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben. Dies gilt nicht nur im gewöhnlichen Alltag, sondern auch bei Gerichtsprozessen. Zwar kann das Gericht bei Versäumnis einer gesetzlichen Frist (z.B. Beschwerdebegründungsfrist) auf Antrag eine sogenannte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren, so dass die Uhren zurückgedreht werden und die Verfahrenshandlung als noch rechtzeitig eingelegt gilt. Diese Möglichkeit besteht aber nur, wenn der Verfahrensbeteiligte ohne Verschulden daran gehindert war, die Frist einzuhalten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt bereits eine einfache Fahrlässigkeit eine Wiedereinsetzung aus. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein Finanzamt (FA) keine Wiedereinsetzung erhält, wenn es eine Beschwerdebegründung verspätet an den BFH übermittelt und dabei nicht die elektronische Eingangsbestätigung des Dokuments abgewartet hat. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Finanzbeamter am letzten Tag der Frist um 19:30 Uhr eine Beschwerdebegründung über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) an den BFH übermittelt. Da das System keinen Übermittlungsfehler meldete, verließ er sich auf die rechtzeitige Übermittlung und ging - mutmaßlich - nach Hause. Der Schriftsatz ging jedoch erst am anderen Morgen um 4:48 Uhr beim BFH ein, was später auch aus der Sendungsquittung ersichtlich war. Der BFH verwarf die Beschwerde des FA aufgrund des Fristversäumnisses nun als unzulässig und lehnte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Die Bundesrichter erklärten, dass es die Sorgfaltspflichten gebieten, die Eingangsbestätigung des elektronischen Dokuments abzuwarten. Das FA kann sich nicht darauf berufen, dass Sendungen über das EGVP erfahrungsgemäß innerhalb der ersten halben Stunde nach dem Sendeauftrag übermittelt werden und das System keinen Übermittlungsfehler ausgegeben hat.       Information für: allezum Thema: übrige Steuerarten(aus: Ausgabe 04/2024)
Wenn Sie haushaltsnahe Dienstleister und Handwerker in Ihrem Privathaushalt beschäftigen, können Sie die entstehenden Lohnkosten zu 20 % von Ihrer tariflichen Einkommensteuer abziehen. Das Finanzamt erkennt Handwerkerkosten von maximal 6.000 EUR pro Jahr an (Steuerbonus maximal 1.200 EUR). Haushaltsnahe Dienstleistungen sind bis zu 20.000 EUR jährlich absetzbar (Steuerbonus maximal 4.000 EUR). Lohnkosten für haushaltsnahe Minijobber lassen sich mit maximal 2.550 EUR pro Jahr ansetzen (Steuerbonus maximal 510 EUR). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem neuen Urteil bekräftig, dass der Steuerbonus nicht nur für Haus- und Wohnungseigentümer gilt, sondern auch für Mieter. Das Finanzamt darf nach Ansicht der Bundesrichter nicht beanstanden, dass die Verträge mit den Leistungserbringern nicht durch den Mieter selbst abgeschlossen worden sind. Für den Steuerabzug ist lediglich entscheidend, dass die Leistungen den Mietern zugutekommen. Hinweis: Die Entscheidung ist für die Praxis relevant, weil bei einer Vielzahl von Handwerkerleistungen und haushaltsnahen Dienstleistungen der Vermieter als Vertragspartner auftritt und die Kosten dann später auf den Mieter umgelegt werden. Der BFH erklärte, dass es für steuerliche Zwecke in der Regel ausreiche, wenn Mieter die absetzbaren Kosten durch die Wohnnebenkostenabrechnung, eine Hausgeldabrechnung, sonstige Abrechnungsunterlagen oder eine hinreichend aufgeschlüsselte Bescheinigung des Vermieters nachwiesen. Hinweis: Die Urteilsgrundsätze lassen sich auch auf Wohnungseigentümer übertragen, bei denen haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. deren Verwalter beauftragt worden sind.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 10/2023)

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